Ein Beitrag von Andreas Leupold, LL.M. und promovierter Jurist.

Ist der 3D-Druck nur ein Hype? Mitnichten. Langfristig hat die additive Fertigung, wie der 3D-Druck in der Industrie genannt wird, großes Potenzial: Er könnte die Art revolutionieren, wie Waren hergestellt und vertrieben werden.

Bis dahin müssen noch technische Hürden überwunden werden, so muss zum Beispiel die Druckgeschwindigkeit erhöht werden. Auch gilt es, die Herstellungskosten zu senken. Aber die Vorteile des 3D-Drucks sind zu groß, um ernstlich zu bezweifeln, dass sich die Methode für zahlreiche Anwendungsbereiche durchsetzen wird. Aktuelle Schätzungen gehen von einem Weltmarktvolumen für 3D-Drucker, Materialien und Dienstleistungen von rund vier Milliarden US-Dollar und einem Marktwachstum von fünfhundert Prozent in den nächsten fünf Jahren aus. Für Startups bietet dieser junge Markt einige Chancen.

Vorteile des 3D-Drucks

Ein bedeutender Vorteil der additiven Fertigung ist die Dezentralisierung des Herstellungsprozesses und dadurch verkürzte Lieferketten, von der auch die Endkunden profitieren. Die Verkürzung der Supply Chains spart nicht nur erhebliche Kosten, sondern bringt auch eine günstigere CO2-Bilanz: Der Ausstoß von Emissionen, die beim Transport von Rohstoffen und Zulieferteilen anfallen, wird erheblich verringert.

Die additive Fertigung ermöglicht es außerdem, personalisierte Produkte für Kunden zu wirtschaftlichen Preisen herzustellen. Denn: Die Einzelfertigung bestimmter Produkte verursacht nicht mehr Kosten als die Herstellung größerer Stückzahlen in einer Charge. Werden Konsumgüter nicht mehr „auf Halde“ produziert, verringert sich auch das Absatzrisiko beträchtlich. Es werden nur noch Produkte hergestellt, für die eine verbindliche Bestellung vorliegt.

Mögliche Anwendungsbereiche des 3D-Drucks reichen weit: vom Druck von Schokolade über Flugzeugteile und ganzen Autokarosserien bis hin zur Herstellung menschlichen Gewebes und Organen.

Neue Marktchancen

Für Startups gibt es Bereiche, in denen sich ein Einstieg besonders lohnen kann: Ersatzteile, maßgeschneiderte Produkte und Verbrauchsmaterialien für den 3D-Drucker.

Die Vorhaltung großer Ersatzteillager auch für ältere (Auto-)Modelle und (Haushalts-)Geräte rentiert sich für die Hersteller immer weniger, sodass sich die Auslagerung auf spezialisierte Betriebe, die additive Fertigungsverfahren beherrschen und über die nötigen Anlagen verfügen, als günstige Alternative anbietet.

Die Herstellung maßgeschneiderter Produkte gewinnt dagegen insbesondere in der Medizin immer mehr an Bedeutung – schon jetzt wird etwa Zahnersatz überwiegend additiv gefertigt und im Bereich der medizinischen Implantate zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab.

Im Automobil- und Flugzeugbau lassen sich erhebliche Gewichtseinsparungen erreichen, da Bauteile nicht mehr massiv gefertigt werden müssen und so manches Produktdesign, das bislang als technisch nicht machbar verworfen werden musste, sich nun mittels 3D-Druck realisieren lässt.

Außerdem kann mit dem 3D-Druck dem Wunsch der Verbraucher nach individuellen Produkten vom personalisierten Sneaker bis zur Handyhülle in einem selbst entworfenen Design entsprochen werden.

Wer auf 3D-Druck setzt, muss sich auch Rechtsfragen stellen

3D-Druck wird nicht nur mit weitreichenden Folgen für produzierende Betriebe, Logistikunternehmen und Zulieferindustrien verbunden sein – sondern auch Rechtsfragen aufwerfen.

Für Unternehmen, die den Markt der Verbrauchsmaterialien für 3D-Drucker erschließen wollen, stellt sich die Frage, wie sie sich vor einer Inanspruchnahme durch ihre Industriekunden und Endverbraucher schützen können. Ein Kunststoff- oder Metallpulver könnte sich als fehlerhaft erweisen und ein daraus hergestelltes Produkt zu Personen- oder Sachschäden führen. Im Produkthaftungsgesetz gilt nicht nur als Hersteller, wer ein Produkt selbst gefertigt hat, sondern auch jeder, der einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Verschuldensunabhängigen Schadensersatzansprüchen kann sich daher auch ein Unternehmen ausgesetzt sehen, wenn Verbraucher durch ein Produkt verletzt werden, das mit seinen Rohstoffen auf einem 3D-Drucker hergestellt wurde.

Für Unternehmen, die den 3D-Druck für Endverbraucher übernehmen und sich einer Druckvorlage bedienen, die sie nicht selbst erstellt haben, gilt: Sie sollten darauf achten, dass sie sich die Möglichkeit eines Regresses gegen den Lieferanten der Druckvorlage für den Fall eines Konstruktionsfehlers sichern. Vertraglichen Regelungsbedarf haben daneben Unternehmen, die Teile im Auftrag additiv herstellen lassen und dann in ihre eigenen Produkte einbauen, die sie an Endverbraucher oder gewerbliche Abnehmer verkaufen.

Gedanken über ihre eigene Haftung müssen sich schließlich auch die Betreiber von Online-Marktplätzen für 3D-Modelle machen. Sie könnten sich bald vermehrt den Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen der Inhaber gewerblicher Schutzrechte ausgesetzt sehen: wenn Produktpiraten auf den Marktplätzen 3D-Modelle für allerlei Markenartikel bereitstellen, die sich jedermann herunterladen oder sich gleich vom Marktplatzbetreiber ausdrucken lassen kann.

Schutz vor Nachahmern

Startups, die auf eigenen Produktdesigns beruhende Waren herstellen, müssen einen Weg finden, ihre 3D-Modelle zu vertretbaren Kosten vor unliebsamen Nachahmern zu schützen. Zulieferer, die im Auftrag der Originalhersteller Ersatzteile und Zubehör nicht nur additiv fertigen, sondern dabei auch Produktmerkmale verbessern, sollten rechtzeitig klären, ob und wie sie die dabei gemachten Erfindungen oder urheberrechtlich geschützte Werke auch selbst verwerten oder anderen Kunden daran Rechte einräumen können.

Startups, die im Wachstumsmarkt der additiven Fertigung von Medizinprodukten erfolgreich sein wollen, müssen besondere regulatorische Anforderungen erfüllen. Sie sollten ihr Geschäftsmodell einschließlich der Fertigungsprozesse einer sorgfältigen fachlichen und rechtlichen Prüfung unterziehen lassen, bevor sie ihren ersten Kunden werben und die Produktion anlaufen lassen. Das gilt allerdings auch für Gründer, die ihren Kunden die Vorteile der additiven Fertigung in anderen Branchen, wie dem Automobil- und Maschinen/Werkzeugbau, in der Luftfahrt oder auch in der Lebensmittelherstellung erschließen wollen. Die Devise lautet also: Better safe than sorry.

Titelbild: Gettyimages/William Andrew