werbeblocker

Für Mar­ke­ter und Publis­her sind sie ein Ärger­nis, für die Nut­zer gehö­ren sie zum Inter­net dazu und die Truppe der Eyeo Gmbh hat auch noch ein Geschäfts­mo­dell dar­aus gemacht: Adblo­cker. Etwa 144 Mil­lio­nen Men­schen nut­zen die Browser-Erweiterung. Einer aktu­el­len Erhe­bung des Online-Vermarkterkreises (OVK) zufolge wird im Durch­schnitt bei 21,49 Pro­zent der Page Impres­si­ons Wer­bung geblockt. Und jetzt will Apple mit dem nächs­ten iOS-Update auch noch im mobi­len Brow­ser das Blo­cken von Wer­bung erlau­ben.

Ein Ende des Adblo­ckers ist also trotz der Suche von Publis­hern nach einem Aus­weg nicht in Sicht. Und wer hat es ver­bro­chen? Der Däne! Hen­rik Aas­ted Sören­sen aus Kopen­ha­gen ent­wi­ckelte die erste viel genutzte Adblock-Erweiterung für Brow­ser – aus Lan­ge­weile. Wie es mit dem Code wei­ter ging, ist ziem­lich verrückt.

„Viele den­ken, ich hätte Adblo­cker aus anti­ka­pi­ta­lis­ti­scher Wut, oder um das Inter­net wie­der zu sei­nen weni­ger kom­mer­zi­el­len Wur­zeln zurück zu füh­ren, ent­wi­ckelt“, sagt Sören­sen. Statt­des­sen hätte er 2002 eigent­lich für ein Examen ler­nen sol­len, hat aber aus Lan­ge­weile lie­ber mit der neuen Mög­lich­keit von Browser-Extensions für den Firefox-Vorgänger Pho­enix gespielt.

„Die Idee war, ein neues Ent­wick­ler­um­feld aus­zu­pro­bie­ren und aus mei­ner Komfort-Zone aus­zu­bre­chen“, sagt er. Schon damals gibt es erste Adblo­cker als Browser-Erweiterung, aller­dings blo­cken diese Wer­be­ban­ner nach Bild­größe, was teil­weise zu unge­wollt bil­der­lo­sen Web­sei­ten führt. Sören­sen ent­wi­ckelt eine effek­ti­vere Tech­no­lo­gie: Er fil­tert die Ban­ner nach der Web­adresse des Bil­des, weil Wer­bung meist zen­tra­li­siert mit einer bestimm­ten Adresse über einen Adser­ver gespei­chert wird.

Schnel­ler Erfolg für Adblo­cker, aber nicht für Sörensen

Anders als Adblock Plus heute, ver­hin­dert die erste Ver­sion nicht den Down­load der Wer­bung, son­dern nur die Dar­stel­lung. Die Nut­zer müs­sen eigene Filter-Listen anle­gen und stän­dig up-to-date hal­ten. Mitt­ler­weile bie­tet Adblock Plus nach dem Down­load eine große Aus­wahl an vor­ge­fer­tig­ten Lis­ten. Hier sind tau­sende Wer­be­adres­sen ver­zeich­net, die blo­ckiert wer­den sol­len. Genau damit macht die deut­sche Eyeo GmbH, zu der Adblock Plus gehört, ihre Millionen-Umsätze. Fir­men wie Google, Micro­soft und 1&1 zah­len teil­weise 30 Pro­zent der zusätz­li­chen Wer­be­umsätze, also der Erlöse, die ohne Blo­ckie­ren zusam­men gekom­men wären, damit ihre Wer­bung von der Blo­ckier­liste genom­men wird.

Die­ses „Whi­te­lis­ting“ kos­tet einige Unter­neh­men eine ganze Stange Geld, sichert aber ihre Umsätze. Google allein ver­lor im letz­ten Jahr durch Adblo­cker etwa 6,6 Mil­li­ar­den US-Dollar, dürfte aber dank eines Deals viel weni­ger als 30 Pro­zent die­ses Werts zah­len. Ben Wil­liams, PR Mana­ger der Eyeo GmbH sagte gegen­über Online Mar­ke­ting Rock­stars, dass 90 Pro­zent der Part­ner nichts an seine Firma zah­len. Vor allem große Unter­neh­men müs­sen dem­nach in die Tasche grei­fen, da der Auf­wand für das Eyeo-Team bei die­sen am größ­ten sei.

Von all den Millionen-Umsätzen sieht Erfin­der Sören­sen kei­nen Cent. Er stellt den Adblo­cker 2002 lie­ber kos­ten­los zur Ver­fü­gung. „Es war ein unglaub­li­cher Erfolg vom ers­ten Tag an“, sagt Sören­sen. Als er sein Stu­dium been­det und einen fes­ten Job bekommt, zieht sich Sören­sen nach und nach aus der Adblock-Szene zurück. Die wei­tere Ent­wick­lung über­nimmt die Com­mu­nity des Open-Source-Projekts. So tin­gelt der Code von Ent­wick­ler zu Ent­wick­ler, bis im Jahr 2006 der ent­schei­dende nächste Schritt folgt: Wla­di­mir Palant, Mit­grün­der von Adblock Plus, schreibt den Code um, sodass Anzei­gen nicht mehr nur blo­ckiert, son­dern nicht mehr her­un­ter­ge­la­den wer­den. Von Sören­sens Code ist nicht mehr viel übrig.

Der Erfin­der ist mit sei­ner Erfin­dung zufrie­den und schimpft auf Mar­ke­ter und Publisher

Wenn Hen­rik Aas­ted Sören­sen heute auf Adblock Plus schaut, sieht er durch­aus kri­ti­sche Aspekte: „Es braucht nur einen klei­nen Fehl­tritt und eine Ver­hand­lung zwi­schen Adblock Plus und einem Unter­neh­men wird zur Erpres­sung. Wenn ich noch invol­viert wäre, hätte ich einen ande­ren Weg gewählt.“ Erpres­sung ist wohl auch das Gefühl eini­ger Unter­neh­men im Umgang mit Adblock Plus. Das zei­gen ver­schie­dene Kla­gen etwa von ProSiebenSat1, RTL und der Zeit gegen die Eyeo GmbH (bis­her alle erfolg­los). Publis­her wie diese haben oft nur die Mög­lich­keit, auf hohe Umsätze zu ver­zich­ten oder sich gegen Zah­lung auf eine Whi­te­list set­zen zu las­sen – in der Hoff­nung auf höhere Umsätze.

Der Blick auf die Nut­zer von Adblock Plus macht das noch deut­li­cher. Die Erwei­te­rung wurde allein für den Firefox-Browser über 345 Mil­lio­nen Mal her­un­ter­ge­la­den und ver­zeich­net pro Tag durch­schnitt­lich 20 Mil­lio­nen aktive Nut­zer. Die kann sich kein Publis­her ent­ge­hen las­sen. Geld ver­die­nen mit Adblo­ckern sei für Sören­sen als Fan der Open-Source-Bewegung jedoch nie eine Option gewe­sen. Da er aber aus der Ent­wick­lung aus­ge­stie­gen sei und das Feld ande­ren über­las­sen habe, könne er sich jetzt nicht über deren Ent­schei­dun­gen aufregen.

Trotz­dem hofft Sören­sen auf ein Umden­ken – aber vor allem bei Publis­hern und Mar­ke­tern. Die sol­len sich end­lich um die Ent­wick­lung weni­ger stö­ren­der Wer­be­for­men küm­mern, auch wenn das kurz­fris­tige Umsatz­ein­bu­ßen für sie bedeu­ten sollte. „Jour­na­lis­mus mit Wer­bung zu finan­zie­ren, scheint mir keine nach­hal­tige Stra­te­gie zu sein“, sagt Sören­sen. Der Wett­kampf von Jour­na­lis­ten, stän­dig mehr Inhalte und Sei­ten­auf­rufe zu fabri­zie­ren, sei ein Ren­nen in den Kel­ler jour­na­lis­ti­scher Qua­li­tät.

Dass er mit der Erfin­dung des Adblo­ckers auch sei­nen Teil dazu beige­tra­gen hat, scheint ihn nicht zu stö­ren. Sören­sen hoffe auf neue Wege der Finan­zie­rung von Jour­na­lis­mus, schließ­lich könn­ten Qua­li­täts­in­halte nicht mit Listi­cals wie „24 Dinge, die du noch nicht wuss­test“ mit­hal­ten. Ein direk­ter Sei­ten­hieb gegen Buz­zfeed, Heftig.co und Viral­Nova, die ja neue Wer­be­for­men wie Native Adver­ti­sing tes­ten. Sören­sen selbst ist heute Soft­ware­ent­wick­ler in Kopen­ha­gen und beschäf­tigt sich vor allem mit der Finanz­in­dus­trie und der Sicher­heits­bran­che. Adblock sei immer noch die erste Erwei­te­rung, die er nach der Neu­in­stal­la­tion zum Brow­ser hin­zu­fügt. Das Inter­net ist ihm ohne Blo­cker ein­fach zu auf­ge­regt und zerklüftet.

Dieser Artikel erschien zuerst bei OMR.com.

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