Ein Beitrag von Stefan Kärner, Head of Affiliate-Marketing der Leipziger Online-Marketing-Agentur Projecter.

Affiliate-Marketing bedeutet grundsätzlich die Zusammenarbeit mit vielen Partnern aus verschiedensten Marketingdisziplinen auf einer Performance-Basis. Dieser Marketing-Kanal kann den Marketing-Mix von Unternehmen vielfältig und mit überschaubarem Risiko durch mehr Reichweite, Technologie oder zusätzlichen Ressourcen ergänzen.

Die Grundlage für die Kooperationen bildet ein Partnerprogramm. Das Wort „Partnerprogramm“ ist in Bezug auf Affiliate-Marketing ein unscharfer Bezeichner für eine Menge an Services, welche ein Advertiser (auch Merchant oder Programmbetreiber) seinen Affiliates (auch Publisher, Partner oder Werbepartner) anbietet. Darunter fallen Kommunikationsschnittstellen, Auszahlungsmanagement, Statistiken, Regeln und Konditionen für die Zusammenarbeit zwischen Advertiser und Affiliates, Bereitstellung von Werbemittel und natürlich auch die technische Voraussetzung zum Tracken der Sales.

Im Grunde dient also ein Partnerprogramm dem Advertiser dazu, möglichst effizient die Zusammenarbeit mit vielen Partnern zu koordinieren. So ist ein Partnerprogramm immer eine Beziehung zwischen einem Merchant und vielen Affiliates.

In den meisten Fällen wird ein solches Partnerprogramm in einem oder mehreren Affiliate-Netzwerken betrieben. Diese stellen sämtliche technische Services wie Tracking, Auszahlungsmanagement, Ordermanagement und vieles mehr bereit. Einige große Advertiser betreiben aber auch Partnerprogramme in Eigenregie.

Es gibt professionelle Technikdienstleister, deren Technologie man auf den eigenen Servern installieren und damit das Partnerprogramm betreiben kann. Sollte geplant sein, ein Partnerprogramm völlig unabhängig von externen Dienstleistern ins Leben zu rufen, müssen entsprechende Ressourcen eingeplant werden, da man alle Services wie Tracking und Auszahlungsmanagement selbst implementieren muss.

Unabhängig davon, ob man ein Partnerprogramm bei einem öffentlichen Affiliate-Netzwerk betreibt oder selbst die Technologie stellt, ob man die Betreuung der Partner übernimmt oder dies an eine Agentur auslagert, ob das Programm einen großen oder kleinen Anteil am Marketing-Mix besitzt oder ob im Programm 200 oder 20.000 Partner aktiv sind – die folgenden Tipps sollte jeder Betreiber eines Partnerprogrammes beherzigen, wenn er damit nachhaltigen Erfolg haben will.

1. Stecke dir Ziele

Wie so oft im Leben nützt der beste Einsatz nichts, wenn unklar bleibt, ob die ergriffenen Maßnahmen gefruchtet haben. Aus diesem Grund lohnt es sich in jedem Fall, Ziele abzustecken. Hilfreich ist das Definieren eines übergeordneten Zieles, welches in den meisten Fällen ein bestimmter Umsatz oder eine Anzahl von Leads darstellt. Dieses Ziel sollte realistisch, aber auch motivierend gewählt sein. Das übergeordnete Ziel kann in mehrere Unterziele gesplittet werden. Hier bieten sich die folgenden an:

  • Mindestens einen aktiven Partner pro Monat akquirieren, welcher nachhaltig Umsatz liefert
  • Mindestens mit zwei bestehenden Publishern pro Monat in Kontakt treten, mit denen bislang noch keine Kommunikation bestand
  • Mindestens zwei Publisher-Aktionen pro Jahr durchführen
  • Auf Publisher-Emails innerhalb von 24 Stunden antworten

Einmal definiert, ist an der Erreichung der Ziele festzuhalten. Werden diese peu à peu nach unten korrigiert, gleicht dies einem Selbstbetrug und das Programm wird nicht vorangebracht.

2. Bette Affiliate-Marketing in deine Online-Strategie ein

Zu viele Merchants begehen leider den Fehler, ein Partnerprogramm losgelöst von anderen Marketing-Kanälen zu betrachten. Dabei ist es wichtig, die Partner in die eigene Strategie einzubetten und die sich bietenden Synergien zu nutzen. Was erstmal abstrakt klingt, lässt sich in der Praxis mithilfe folgender Maßnahmen realisieren:

  • Newsletter mit aktuellen Infos und Kampagnen der eigenen Seite versenden
  • Banner mit aktuellen Aktionen und Angeboten überschreiben, so dass auch Publisher die Aktionen für Ihre Werbemöglichkeiten nutzen können
  • Aktionen exklusiv im Affiliate-Kanal fahren, damit Werbepartner von der Exklusivität profitieren können
  • Einen Relaunch oder Re-Design der eigenen Webpräsenz an die Publisher kommunizieren und die Werbebanner anpassen

Fehlen die internen Ressourcen, um einen bestimmten Marketing-Kanal zu bedienen, kann nach einem Partner Ausschau gehalten werden, der diese Lücke füllt. Publisher-Modelle reichen von Display und SEA über Newsletter-Marketing oder Exit-Intent-Technologien und können viele Stationen der Customer-Journey abdecken.

3. Versorge deine Partner mit Informationen

Klar könnte man die Publisher einfach „machen lassen“. Viel besser ist es jedoch, sie aktiv in die Marketingmaßnahmen einzubinden und dementsprechend auch Informationen weiter zu reichen. Viele Publisher sind dankbar für Hinweise, anhand derer sie ihre Strategie ausrichten können. Beispiele hierfür sind:

  • Aktuelle Aktionen oder Reduzierungen
  • Top-Seller
  • Tageszeiten, zu denen Nutzer am besten konvertieren
  • Saisonalitäten, in denen das Sortiment wirksam präsentiert werden kann (Ski-Saison, Sommermode, Black Friday)

Natürlich sind nicht alle internen Informationen mit der Gießkanne zu verteilen. Mit exklusiven Neuigkeiten bietet man speziellen Partnern, mit denen ein engerer Kontakt gepflegt wird, einen Mehrwert und bindet sie dadurch langfristig an das Programm.

4. Gehe auf Konferenzen und Networking-Events

Keine Absprache oder Kontaktaufnahme per Mail oder Telefon ersetzt ein persönliches Treffen mit bestehenden oder zukünftigen Partnern auf Veranstaltungen. Selbst wenn sich an einem Abend nur mit einem Partner ausgetauscht wird, dies aber intensiv, entstehen in 99 Prozent der Fälle Ideen, die die Zusammenarbeit noch erfolgreicher machen können. Nicht zuletzt besteht auf solchen Veranstaltungen immer die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und von den Erfahrungen anderer Partnerprogramm-Betreiber zu lernen.

5. Entwickle das Partnerprogramm aktiv weiter

Einmal im Monat die aufgelaufenen Partnerbewerbungen freizugeben, reicht leider nicht aus. Ein Partnerprogramm bedarf einer intensiven Pflege und Weiterentwicklung. Auf aktuelle Entwicklungen im Partnerprogramm ist zeitnah zu reagieren.

Auch die Konkurrenz sollte (zumindest mit einem Auge) im Blick behalten werden. Gibt es bei der Konkurrenz zum Beispiel gravierende Änderungen in der Provisionsstruktur, sollte gegebenenfalls darauf reagiert und den Partnern Anreize geboten werden, um sie im eigenen Programm zu halten. Dies müssen nicht zwangsweise höhere Provisionen sein, auch durch regelmäßige Aktionen, bessere Werbemittel und guten Service, lassen sich Partner ans Programm binden. In jedem Falle sollte stets eine Weiterentwicklung des Programms forciert und nicht darauf gewartet werden, bis auch der letzte Publisher zur Konkurrenz gewechselt ist.

6. Sei offen für Neues

Affiliate-Marketing umfasst viele Facetten und es treten immer neue Publisher-Modelle in den Markt ein. Dieses Vielfältigkeit des Affiliate-Marketings ist als Chance zu begreifen, da sonst leicht Potenziale verschenkt werden. Auch wenn Publisher-Modelle manchmal nicht auf den ersten Blick überzeugen, decken Telefonate mit den Betreibern oft Möglichkeiten auf, die im Falle einer direkten Ablehnung ungenutzt geblieben wären.

Die meisten Publisher lassen sich zudem auf Testphasen ein, sodass sich nicht final festlegt werden muss. Bei einem ein- oder zweimonatigen Test lässt sich der Mehrwert einer Kooperation sehr gut evaluieren, um anschließend eine finale Entscheidung zu treffen. Natürlich muss nicht unbedingt mit dem zwanzigsten Webseitenbetreiber telefoniert werden, der eine Cashback-Seite als absolutes Novum präsentieren möchte. Eine gesunde Neugier hilft hier aber weiter.

7. Kommuniziere mit den Partnern auf Augenhöhe

„Affiliates sind auch Menschen.“ Dieser Satz wirkt auf den ersten Blick lustig, doch leider wird die Grundaussage oft übersehen. Manche Affiliates verdienen sich als Publisher ihren Lebensunterhalt und sind nicht nur im Partnerprogramm, um den Umsatz des Merchant zu steigern. Daher sollte stets versucht werden, eine Win-win-Situation zu kreieren.

Wie in allen guten Geschäftsbeziehungen sind die größten Erfolge zu erwarten, wenn auf Augenhöhe kommuniziert und Vertrauen in die jeweils andere Partei gesetzt wird. Deshalb ist es zu jeder Zeit zu empfehlen, die Anliegen der Partner ernst zu nehmen. Ehrlichkeit und ein professionelles Auftreten werden sich langfristig im Umsatz niederschlagen.

8. Habe deine Zahlen im Blick

Bei allem Vertrauen und Gutmütigkeit sollten auch die Zahlen im Partnerprogramm im Auge behalten werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig:

  • Frühzeitig erkennen, wenn die Performance eines Publishers einbricht
  • Schwarze Schafe enttarnen
  • Frühzeitig Potenziale eines Partners erkennen, um diese ausbauen
  • Trackingausfälle erkennen

Online-Marketing ist und bleibt datengetrieben. Da ist das Affiliate-Marketing keine Ausnahme. Aus diesem Grund gilt auch hier: data beats emotion. Dennoch sollte nicht gleich jede Partnerschaft beendet werden, bloß weil die Zahlen etwas schwächeln. Die Kommunikation mit dem Partner kann so manche Ungereimtheiten aus dem Weg räumen.

9. Denke langfristig

Kurzschlussreaktionen sind zu vermeiden. Ein Partnerprogramm wächst langsam und im besten Falle stetig. Der Affiliate-Kanal ist nicht skalierbar wie beispielsweise SEA. Durch die zahlreichen Partnerschaften ergibt sich eine etwas zähe Masse, welche sich nicht ohne Weiteres steuern lässt. Vielmehr sollte sich bemüht werden, diese Masse langsam und Stück für Stück in Bewegung zu setzen, sodass sich langfristig davon profitieren lässt.

Auch Änderungen wie zum Beispiel die Anhebung der Provision wird sich (wahrscheinlich) nicht in einem sprunghaften Anstieg der Anzahl aktiver Partner niederschlagen. Vielmehr wird sie langfristig Partner akquirieren und binden. Fordert ein Partner eine höhere Provision, die auch mal die Marge übersteigt, so kann im Einzelfall auch dieser Zusammenarbeit eine Chance gegeben werden. Wahrscheinlich wird in der Gesamt-Kalkulation der Ziel-CPA nicht überschritten, dafür wurde aber eventuell ein wertvollen Partner gewonnen, welcher zukünftig auch für eine geringere Provision den Merchant bewirbt.

Geduld ist also das Gebot der Stunde. Affiliate-Marketing braucht Zeit und ein Partnerprogramm kann nicht innerhalb von wenigen Monaten mit allen anderen Online-Kanälen mithalten.

10. Mache dein Partnerprogramm einzigartig

Warum sollte ein Partner ein bestimmtes Partnerprogramm bewerben? Bestimmt nicht, weil man als zehnter Anbieter eines vergleichbaren Produktes der Jubilar ist. Entscheidend ist, Alleinstellungsmerkmale aufzuzeigen, um sich von anderen Merchants abzuheben. An der Produktpalette lässt sich zumeist nicht viel machen.

Daher sind andere Wege zu suchen, um die Publisher vom Programm zu überzeugen. Dies können zum Beispiel eine höhere Provision, regelmäßige Aktionen oder auch Sachgewinne sein. Auch besonders attraktive Werbemittel und guter Support können überzeugen.

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass das Betreiben eines Partnerprogrammes einer entsprechenden Aufmerksamkeit bedarf und nicht als notwendiges Übel betrachtet werden sollte. Ohne Herzblut, Geduld und Durchhaltevermögen wird sich langfristig kein erfolgreiches Partnerprogramm etablieren lassen.

Bild: Gettyimages /  Fresh photos from all over the worls