Lektionen in Krisen-PR von Airbnb

Ari Teman hatte ein ziemlich beschissenes Wochenende. Für Airbnb hätte es ein desaströses werden können.

Teman, ein 31-jähriger Standup-Comedian aus New York, hatte am vergangenen Wochenende seine Wohnung über Airbnb vermietet, an einen Mann namens David Carter, der dort seinen Bruder und seine Schwägerin unterbringen wollte. Doch anstelle von friedlichen Verwandten lud Carter haufenweise Gäste für eine Swingerparty ein, die im Internet als „XXX Freak Fest“ angekündigt wurde. Als Teman, der Vermieter, am späten Freitagabend noch einmal zurückkehrte, waren seine Möbel in Unordnung, Tüten voller Kondome und harten Alkohol lagen herum. „Alle möglichen Leute liefen aus meiner Wohnung heraus, andere kamen aus dem Hinterhof herein“, berichtete Teman der New York Post. „Es war eine Riesenunordnung.“ Eine Gruppe halbnackter, übergewichtiger Menschen hätten sein Appartment verwüstet. Teman rief die Polizei.

Wer seine Privatwohnung über Portale wie Airbnb an wildfremde Menschen vermietet, geht immer ein bestimmtes Risiko ein. Denn trotz Nutzerbewertungen und allgemeinen Geschäftsbedingungen kann ein Gastgeber natürlich immer an einen Spinner geraten. Oder einen Orgien-Veranstalter mit Vorliebe für füllige Nackedeis.

Airbnb sichert Gastgeber für solche Fälle mit einer Erstattungsgarantie von bis zu 700.000 Euro ab. Das soll den materiellen Schaden decken. Die Frage aber ist: Wie geht man mit der schadhaften PR um, die aus solchen Geschichten entsteht? Wenn wie in diesem Fall nicht nur lokale Boulevardblätter, sondern Medien in aller Welt berichten?

2011 vom Shitstorm überrollt

Das Übernachtungsportal hat in einem ähnlichen Fall schon einmal gezeigt, wie man das Problem nicht lösen sollte. 2011 randalierte ein Airbnb-Gast in einer Wohnung in San Francisco. Der Eigentümer verfasste einen Blogpost – der viral ging. Auf Twitter machte der Vorfall unter dem Hashtag #RansackGate die Runde. Das größte Problem aber war: Airbnb hatte keine eindeutige Antwort auf den Skandal.

Airbnb-CEO Brian Chesky wiegelte erst mit einem vagen Blogpost ab. Investor Paul Graham nannte die Berichterstattung über den Vorfall „Bullshit“. Und die Öffentlichkeit wusste lange nicht, ob Airbnb dem Vermieter tatsächlich helfen würde. Erst als die Affäre nicht mehr aus der Welt zu schaffen war, brachte Chesky eine Entschuldigung zustande und kündigte die Einführung einer Haftungsgarantie und einer 24-Stunden-Hotline an. Sieht so erfolgreiche Krisen-PR aus? Eher nicht.

Doch diesmal war Airbnb vorbereitet. Das liegt vor allem an Chip Conley, seit September Head of Global Hospitality bei dem Startup aus San Francisco. Bei Fast Company erzählt Conley, dass er sofort nach Amtsantritt dafür gesorgt habe, dass PR-Schlachtpläne für alle erdenklichen Szenarien entwickelt würden: für Sex-Partys, Prostitution oder sogar Selbstmorde. „Eine meiner ersten Fragen, nachdem ich bei Airbnb angefangen hatte, war: Haben wir uns um jede potenzielle Situation gekümmert? Haben wir über X, Y und Z nachgedacht?“

Ein Schlachtplan aus der Militärstrategie

Im Fall der Swingerparty in New York handelte Airbnb „schnell, fast absurd schnell“, kommentiert Gawker. Innerhalb von 24 Stunden hatte ein Schlüsseldienst die Schlösser von Ari Temans Wohnung ausgetauscht, das Unternehmen hatte ihm ein Hotelzimmer für eine Woche besorgt und fast 24.000 US-Dollar als Entschädigung überwiesen. In einem Statement erklärte der Unterkunftsvermittler, den Verursacher der Schäden von der Airbnb-Seite entfernt zu haben und sowohl mit dem Geschädigten als auch mit der Polizei zusammenzuarbeiten.

Diesmal war die Antwort schnell und einheitlich – das Ergebnis ausführlicher Planungen, die Chip Conley mithilfe von Szenariotechnik angestellt hatte, einer Methode der strategischen Planung, die auch Konzerne oder Militärführungen anwenden.

Für ein „XXX Freak Fest“ scheint die Strategie schon einmal aufgegangen zu sein. Mal sehen, wie das Unternehmen mit der nächsten Zweckentfremdung fertig wird. Denn die wird sicher kommen. „Weil wir ein High-Profile-Unternehmen sind, wird es immer Sachen geben, die schief laufen“, sagt Conley.

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