Amorelie erregt die Gemüter. Das ist nichts Neues. Schon seit dem Start 2012 polarisiert das von Lea-Sophie Cramer und Sebastian Pollok gegründete Berliner Startup für Erotik-Lifestyle-Artikel. Kein Wunder: Nicht jeder Mensch fühlt sich wohl, wenn offen über Sex, Orgasmen oder Dildos gesprochen wird. Seit einigen Tagen hängen in Berlin nun riesige Plakate, die selbsternannte Sittenwächter aufschreien lassen. Überdimensional prangert dort ein Paar-Vibrator. Per App steuerbar. Die Plakat-Aufschrift: Multiple Orgasmen, 79,90 Euro.

Am gestrigen Donnerstag löste BZ-Kolumnist Gunnar Schupelius eine Debatte über das Plakat aus. In seiner Kolumne beschreibt er seinen ersten Eindruck: „Erst konnte ich das Produkt gar nicht zuordnen: Ich dachte an einen Kopfhörer oder Salatbesteck.“ Die Aufschrift half ihm schließlich auf die Sprünge. Und verärgerte ihn. Schupelius schreibt, dass ihn die Werbung störe. Was genau? „Dass mir Sex aufgedrängt wird, sehr heftig, sehr massiv.“

Der Kolumnist erinnert sich zurück an seine Mutter und Großmutter, die früher den guten Geschmack und die Anständigkeit aufrecht erhalten haben. Und fragt: „Sind wir sittlich so verwirrt, dass wir nicht mehr wissen, was in die Öffentlichkeit gehört und was nicht?“

Die Twitter-Gemeinde reagierte prompt – viele Nutzer verteidigten die Werbestrategie von Amorelie:

Schupelius scheint mit seiner Angst vor Sittenverfall relativ allein dazustehen. Der Tagesspiegel schreibt heute, dass bisher nur eine Beschwerde zu den Plakaten beim Werberat eingegangen sei.

Von Amorelie heißt es dazu gegenüber Gründerszene: „Wir vertreiben Produkte, die modern, prickelnd und aufregend sind, und darum verstehen wir, dass diese explosive Mischung auffällt und polarisiert.“ Aber: Weder das Motiv noch der Inhalt seien anstößig. „Sexualität gehört zum Leben und zu jeder gesunden Liebesbeziehung dazu. Unser Ziel ist es, dass Paare offen darüber sprechen und das Thema in der Gesellschaft nicht mehr tabuisiert wird.“ Das Unternehmen verzichte dabei bewusst auf eine unangebrachte oder obszöne Bildsprache.

Und: Das Startup hofft, Herrn Schupelius vielleicht irgendwann mit seinen Produkten überzeugen zu können – wenn er die Plakate schon nicht mag.

Bild: Alex Hofmann / Gründerszene