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Zalando, Rocket und das Börsenparkett

Alle im Plus. Wer sich derzeit die Kurse der letzten Internet-IPOs ansieht, kommt um ein positives Fazit erst einmal nicht umhin: Rocket Internet, Zalando, Alibaba, Grubhub hießen die Börsendebütanten. Zwei Milliarden Euro flossen an den ersten beiden Oktobertagen in die beiden deutschen Börsenneulinge, der Alibaba-IPO war mit 25 Milliarden US-Dollar der größte aller Zeiten. Und das in einem nicht gerade positiven konjunkturellen Umfeld. Mal ganz ehrlich: Alle sind irgendwie froh, dass es wieder Börsengänge junger Tech-Unternehmen in Deutschland gibt.

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Dabei: Was wurde gestritten. Alibaba? Eine riesige Blase. Alles nur heiße Luft, hieß es zum IPO von Rocket Internet Anfang Oktober. Und das gleichzeit debütierte Zalando? Auch vollkommen überbewertet. Wer es weiterhin nicht wahrhaben will, gibt die „Schuld“ für die positive Kursentwicklung einer „Jahresendrally“ – jenem Phänomen, das den Börsenhändlern im Spätherbst des öfteren schon steigende Erträge beschert hat. Freilich hat sich keines der Geschäftsmodelle endgültig bewiesen. Aber es ist Zeit, auch einmal anzuerkennen, dass hier an Großem gewerkelt wird.

Abseits davon, was man von den Geschäften der Samwer-Brüder, dem chinesischen Alibaba-Chef Jack Ma oder Matt Maloney, dem Grubhub-CEO, letztendlich halten mag, sind die IPOs ein wichtiges Zeichen. Zum einen für potenzielle Investoren. Nicht die bekannten VCs, die haben die Szene sowieso im Blick. Es geht darum, neue Geldquellen zu erschließen. Zumindest im Moment scheint das gut zu funktionieren, die Tech-Companies von Alibaba bis Zalando genießen derzeit die Gunst der Börsenanleger.

Dann war es zum anderen aber auch ein wichtiges Zeichen für die Börse selbst. Denn wenn die ein neues Börsensegment für Startups schaffen soll, muss sie davon überzeugt sein, dass auch genug Interessierte ihr Geld auf diesem Weg anlegen. Fehlt die Liquidität, kann ein solcher Neuer Markt 2.0 von Beginn an nicht funktionieren. Folge: Keine IPOs, keine Anleger und ein schlechtes Image für die Börse und die Szene.

Die Angst vor fehlendem Interesse – auf beiden Seiten – ist dem Vernehmen nach genau das, was den Frankfurter Handelsplatzbetreiber bisher zögern lässt, ein eigenes Startup-Segment auf den Weg zu bringen. Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatte vielfach getreu seinem Vorgänger nach Frankfurt gepredigt: „Wenn wir nicht für ein funktionierendes Börsensegment in Deutschland sorgen, in dem wachstumsstarke Unternehmen einen Börsengang wagen, dann berauben wir uns eines Großteils unserer Innovationskraft und der Chance, in Deutschland wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Allerdings hatte die Börse einem Neuen Markt 2.0 zuletzt eine klare Absage erteilt.

Vorbörsliche Plattform für Startups geplant

Stattdessen soll es eine Pre-IPO-Plattform für Startups geben. Diese soll erst einmal junge Tech-Unternehmen und Investoren zusammen bringen – womöglich auch, um bei einem Handel mit Secondary Shares, also bestehenden Geschäftsanteilen, zu erkunden, welches Potenzial tatsächlich in einem Startup-Segment stecken könnte. Das Vorhaben könne im Frühjahr starten, ist aus dem Umfeld des Handelsplatzbetreibers zu hören.

Gabriel will allerdings mehr. Vergangene Woche hatte er die Beteiligten nach Berlin geladen. Zu dem Treffen mit dem Wirtschaftsminister waren Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen, BMW-Großaktionärin Susanne Klatten, der Vizechef der Deutschen Börse, Andreas Preuß, sowie der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Startups, Florian Nöll, und Intershop- und Demandware-Gründer Stephan Schambach geladen. Konkrete Ergebnisse gab es nicht, das war auch nicht zu erwarten. „Es ging eher darum, alle abzuholen“, heißt es aus dem Umfeld der Gespräche.

Diskutiert wurden unter anderem ein eigener Börsenindex für Wachstumsunternehmen und Erleichterungen bei den Offenlegungs- und Berichterstattungspflichten beim erstmaligen Börsengang. Im Sommer 2015 will Bundesminister Gabriel zu einem weiteren Round Table mit gleichem Teilnehmerkreis einladen. Bis dahin sollen verschiedene Arbeitsgruppen aus dem Teilnehmerkreis unter Koordinierung des Bundeswirtschaftsministeriums konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium.

Bis dahin bleibt jungen Technologieunternehmen nur der Schritt auf das „große“ Parkett. Der dürfte in den meisten Fällen aber illusorisch sein, zu hoch sind die Kosten und der Aufwand. Aber wer weiß, vielleicht bringt 2015 ja einige Überraschungen mit sich. Und wenn sich die Kurse des Börsenjahrgangs 2014 gut weiterentwickeln, darf man sich vielleicht schon viel früher als erwartet auf die nächsten IPO-Ankündigungen freuen.

Weitere Startup-Trends des Jahres 2014 finden sich in der folgenden Übersicht.

Bild: © panthermedia.net / Leung Cho Pan