Hauptsache die Wände sind bunt: Anna von Mangoldt wirbt selbst für ihre Farben

Es gibt diese Startups, die sind plötzlich da. Mit einer Menge Geld von verschiedenen Investoren, einer ausgefeilten Marketingstrategie und dem durchdachten Businessplan. Alles perfekt vorbereitet für den Start. Ganz anders verlief die Geschichte von Anna von Mangoldt und ihrem Unternehmen für Wand- und Möbelfarben. Die 30-Jährige baute das nach ihr benannte Startup in kleinen Schritten über Jahre hinweg auf – und erwirtschaftet heute mehrere hunderttausend Euro Umsatz im Jahr.

Auf die Idee für ihr Farben-Startup, das mittlerweile 168 verschiedene Töne im Sortiment hat, kam Anna von Mangoldt während ihres Studiums in Kunst und Geschichte an der Universität im englischen Warwick. Inspiriert von den vielen bunten Farben, in denen Engländer gerne ihre Wände oder Eingangstüren streichen, machte sie in ihren Semesterferien mehrere Praktika bei der britischen Farbikone Annie Sloan.

Nach ihrem Studienabschluss wollte sie zunächst die Produkte von Sloan in Deutschland vertreiben, entschied sich dann aber schnell für eine eigene Kollektion. In ihrem Kinderzimmer auf dem elterlichen Gutshaus in Nieheim mischte sie die ersten Töne zusammen, testete die Struktur und verschiedenen Komponenten. Ihr Ziel: Viele Farbpigmente, dafür wenige Konservierungsstoffe. Die fertige Farbe sollte kaum Geruch entwickeln und auch für Kinderspielzeug verwendbar sein. Für ein halbes Jahr arbeitete die Gründerin dafür auf einer Baustelle, probierte verschiedene Farben aus, fragte Maler und Handwerker nach Tipps.

Nach rund einem Jahr Rumprobieren hatte Anna von Mangoldt die richtige Zusammensetzung gefunden und gleich zu Beginn 156 Farben in ihrer Palette. 2010, mit 24 Jahren, startete sie schließlich ihren eigenen Onlineshop. Die 30.000 Euro für den Start bekam sie von ihrer Familie und Freunden, ein Teil war das Erbe ihrer Großmutter. Noch immer hat sie ihr Büro und neuerdings auch einen Showroom auf dem Gutshof ihrer Familie. Den Eindruck, sie sei eine vermögende Tochter aus gutem Haus, die es leicht hat, wehrt Anna von Mangoldt schnell ab. „Natürlich unterstützt mich meine Familie, wo sie nur kann“, sagt von Mangoldt. „Aber so eine Firma aufzubauen, ist harte Arbeit. Ich habe in den ersten Jahren immer bis tief in die Nacht gearbeitet. Ich habe kein Vermögen, das mich rettet, wenn es nicht klappt.“

Auf Profit-Kurs

Drei Jahre nach dem Start entschied Anna von Mangoldt, ihre Farben nicht mehr selbst zu mischen. „Das war einfach zu teuer und aufwendig, die Marge war extrem niedrig“, erzählt die Unternehmerin rückblickend. Sie suchte sich einen Hersteller aus der Nähe von Frankfurt, der auch Luxusfarben mischt. Der produziert bis heute ihre Farben nach Anna-von-Mangoldt-Rezept. 2014 schloss die Gründerin profitabel ab. Im vergangenen Jahr nahm sie dann erneut einen fünfstelligen Kredit von der Bank auf, um eine neue Webseite bauen zu lassen und eine Handelsagentur zu beschäftigen. „Ich kann mich mittlerweile auf das konzentrieren, was ich wirklich kann: Marketing, neue Töne kreieren und die Farbberatung“, sagt die Gründerin.

Auf Investoren hat von Mangoldt stets verzichtet. Den Ratschlag hat ihr Max Wittrock von MyMüsli gegeben, dessen Unternehmen ebenfalls jahrelang ohne Investoren auskam. „Mir ist meine Flexibilität sehr wichtig, ich möchte niemanden als Investor, der mich unter Druck setzt“, sagt die 30-Jährige. „Außerdem muss eine Marke mit sehr viel Feingefühl entwickelt werden. Das geht nur schief, wenn sich da zu viele einmischen.“

Mehr als 70 Händler aus Deutschland verkaufen mittlerweile ihre Farben. Die größten Wettbewerber sind Anbieter von Designerfarben wie Farrow & Ball und natürlich große Baumärkte mit günstigeren Farben. Die Anzahl der Kunden sei in den vergangenen Monaten noch mal rasant gestiegen, sagt die Gründerin. Genau Zahlen verrät sie nicht. Einige Kunden würden nur einen Pott kaufen, andere ließen sich ihr gesamtes Haus für mehrere tausend Euro mit ihren Farben streichen. Für die Beratung vorab kommen von Mangoldt oder ihre Mitarbeiterinnen dann auch persönlich vorbei. Alle anderen Kunden bekommen ein großes Papier mit der Farbe zugeschickt, um den Ton in verschiedenen Lichtverhältnissen auszuprobieren. Im Schnitt würden die Kunden für 100 Euro Farbe einkaufen – nur wenige schickten die Farbe zurück.

Mittlerweile helfen sechs feste Mitarbeiter Anna von Mangoldt bei ihrem Startup, allen voran ihre Mutter Christina. Neun weitere sind frei beschäftigt. Seit einigen Monaten hat die Gründerin auch Stoffe für Vorhänge und Kissen im Sortiment, die sie passend zu den Farben verkauft. In ihrem Showroom bietet sie außerdem Möbel und Porzellan, das ihr besonders gut gefällt.

Jeden Tag schmiede sie neue Pläne, die sie umsetzen möchte, sagt die Gründerin. Nie sei ihre To-do-Liste leer. Sie gibt zu, dass das häufig viele Nerven kostet und manchmal sogar ihrer Gesundheit schade. Doch trotz Stress, Geldsorgen und vielen schlaflosen Nächten möchte sie ihr Leben lang Gründerin bleiben: „Ich kann mir nichts anderes mehr vorstellen. Ein normaler Büroalltag wäre für mich viel zu langweilig.“

Bild: Anna von Mangoldt