Hat gegen Insurtechs ausgeholt: DVAG-Vorstand Helge Lach

„Furcht führt zu Wut“, erklärt Meister Yoda in Episode I der Star-Wars-Saga. Ob sich Helge Lach davon hat inspirieren lassen? Der Versicherungsfachmann ist Vorstandsmitglied bei der Deutschen Vermögensberatung, kurz: DVAG. Sie ist nach eigener Aussage Deutschlands größter eigenständiger Finanzvertrieb – und sieht sich zunehmend von kleinen Fintechs bedroht. Vor allem scheint Helge Lach die sogenannten Insurtechs zu fürchten, also Startups, die sich an der Disruption des Versicherungsbereichs versuchen. Anders ist nicht zu erklären, was Lach zu einem Blogbeitrag unter der Überschrift „Versicherungs-Apps und FinTechs“ getrieben hat.

Was folgt, lässt sich am besten als Anti-Startup-Rant beschreiben. „Sie wollen ’smarte Versicherungsmanager‘ oder ‚Versicherungshelden‘ sein und versprechen Beratung mit nur einem Klick“, lästert Lach über die kleinen Konkurrenten. Stattdessen sorgten die Insurtechs dafür, dass ihre Kunden „im digitalen Blindflug“ unterwegs seien, denen „erheblicher wirtschaftlicher Schaden“ drohe. Die Geschäftspraktiken reichten von der Verletzung von Aufklärungspflichten bis hin zu Beratungsfehlern oder gar arglistiger Täuschung.

Vor allem stört sich Lach an der sogenannten Maklervollmacht. Diese erteile der Nutzer den meisten Insurtechs über das Kleingedruckte, ohne zu ahnen, dass der Betreiber damit zur „Umdeckung der Verträge“ berechtigt sei, also der Kündigung der Altverträge und der Übertragung zu einem neuen Versicherungsanbieter. Über die weitreichenden Folgen der Maklervollmacht informiere kaum ein Anbieter.

Außerdem kritisiert der DVAG-Vorstand die mangelhafte Eigenkapital-Ausstattung von Fintech-Anbietern: „Die sind meist ‚Startups‘ mit dünner Kapitaldecke, finanziert durch Venture Capital.“ Ebenso seien Mitarbeiter fachlich mangelhaft qualifiziert und Schadensfälle nur unzureichend geregelt. Generell erfüllten Insurtechs die hohen Anforderungen des Gesetzgebers an Versicherungsvermittler und -makler nicht. Und: Ihren bisherigen Beratern entzögen Fintech-Kunden „das Vertrauen und die Geschäftsgrundlage“.

In der Branche hat Helge Lach mit seinem Beitrag für viel Aufsehen gesorgt. Die Startup-Herausforderer reagieren überwiegend mit Unverständnis, manche empören sich, andere machen sich lustig.

„Antiquierte Organisationen, die vor Fintech-Konkurrenten warnen, sollten selbst den längst überfälligen digitalen Wandel beginnen“, kommentiert Christopher Oster, Gründer des FinLeap-Startups Clark, gegenüber Gründerszene. Clark wird in dem Beitrag als Beispiel für intransparente Geschäftsbedingungen genannt. Das weist das Startup zurück: Man handle „nur mit ausdrücklichem Einverständnis des Kunden“. Im Übrigen könne der Blogpost „nicht als ernsthafte Kritik gelten“, die Aussagen seien „reine Vermutungen“.

Clark geht daher in die Vorwärtsverteidigung: Die DVAG habe „in den letzten Jahren keine nennenswerten digitalen Innovationen hervorgebracht“, nun versuche sich das Unternehmen „dagegen zu wehren, dass Innovationen von neuen Marktteilnehmern kommen“.

Auch Moneymeets-Gründer Johannes Cremer geht die DVAG gegenüber Gründerszene scharf an: „Für die DVAG und andere Strukturvertriebe ist Intransparenz ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells. Das hat uns erst auf die Idee gebracht, Moneymeets zu gründen. Übrigens: Wir freuen uns auf den Tag, an dem die DVAG und andere ihre Pflicht erfüllen, ihre Kunden über alle erhaltenen Provisionen transparent zu informieren.“

Dennis Just, Gründer des Schweizer Startups Knip, hat sogar einen offenen Brief an die DVAG verfasst. Dort schreibt er: „Die Vorwürfe, die ihr gegen uns erhebt, sind haltlos und machen einmal mehr deutlich, dass rein vertriebsorientierte und technologieferne Anbieter wie ihr mit dem Rücken zur Wand stehen.“

Und: „Der Versicherungsvermittler ist die mit Abstand unbeliebteste Berufsgruppe in ganz Deutschland. Strukturvertriebe im Pyramidensystem sind einer der Hauptgründe dafür. Anbieter wie wir stellen euer ganzes System infrage, das rein auf Verkauf und niedrigen Qualifikationsstandards basiert.“

Eine Ausnahme in der Fintech-Opposition ist Dominik Groenen, Gründer des B2B-Insurtech-Anbieters Massup und häufiger nicht einer Meinung mit seinen Startup-Kollegen. Er sehe er die Sache „zu 100 Prozent wie Herr Lach“, so Groenen gegenüber Gründerszene. „Es ist nunmal Tatsache, dass nicht offen das Thema einer Maklervollmacht kommuniziert wird und Kunden über eine hohe Unzufriedenheit klagen.“ Die DVAG hingegen habe bewiesen, „wie wichtig Ausbildung, Weiterbildung und Qualifikation in der Beratung“ sei. „Ich finde, dass sie da einen tollen Job machen.“

Bild: DVAG