Die Texterkennungs-Software von Lukas Kinigadner konnte sich gegen die Konkurrenz aus dem Valley durchsetzen

Lukas Kinigadner ist Gründer und ziemlich stolz auf sein Produkt. Als wir ihn in einem Cafe in Berlin Kreuzberg treffen, kramt er in seiner Tasche, holt einen Kronenkorken heraus und hält seine Handykamera über die Innenseite, in die kleine Buchstaben und Zahlen eingraviert sind. Sofort erscheinen die Zeichen auf dem Bildschirm seines Smartphone – die Texterkennungs-Software von Kinigadner hat alles richtig erkannt.

Während der Fußball-EM seien so mehr als 1,3 Millionen Kronenkorken ausgelesen worden, sagt Kinigadner. Für eine Gewinnspielaktion der Brauerei Karlsberg hat Anyline, das Startup von Kinigadner, der Brauerei-App seine Texterkennungs-Software geliefert.

Doch das sei nur eines von vielen Anwendungsbeispielen, sagt er. Girokonto-Auszüge, Stromzähler oder den Blutzuckerwert vom Messgerät ablesen – gegen eine Lizenzgebühr können App-Anbieter die Texterkennung von Anyline in ihre Anwendung einbinden. Vom Startup bis zum Energiekonzern habe das österreichische Unternehmen mittlerweile 30 B2B-Kunden, darunter auch in den USA oder Japan.

„Wie wir das begonnen haben, dachte ich, da stellen sich die Leute für an“, sagt Kinigadner. Aber ganz so einfach sei es anfangs dann doch nicht gewesen. Mit der Entwicklung der Anyline-Software begannen Kinigadner und drei Mitstreiter im Jahr 2012. Ein Jahr später folgte die offizielle Gründung. Zunächst gab es eine fünfstellige Förderungssumme von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft.

Drei Jahre brauchte es allerdings, bis es die Software marktreif war, erinnert sich Kinigadner. Und wäre Red Bull nicht gewesen, wäre dem jungen Unternehmen schon vorher der Atem ausgegangen. „Sie haben 2013 ein Unternehmen gesucht, das mit der Smartphone-Kamera eine achtstellige Zahlenfolge auf der Dosenlasche auslesen kann. Und es gab Niemanden, nicht mal im Silicon Valley, der das konnte. Das war unsere Chance“, erzählt er.

Anyline ist auch in der Red Bull-App integriert, um den Code auf der Lasche auszulesen

Das Projekt überzeugte Business Angel Hansi Hansmann. Der Österreicher ist Investor von Runtastic und finanzierte Anyline im Dezember 2014 mit 200.000 Euro.

Mittlerweile hat das Startup insgesamt 1,5 Millionen Euro eingesammelt. Bei der letzten Runde im Februar dieses Jahres sind die Gernot Langes-Swarovski Stiftung sowie der US-VC iSeed Ventures aus San Francisco eingestiegen. „Die Beteiligung aus dem Valley war für uns als österreichisches Startup eine tolle Bestätigung“, sagt Kinigadner. Denn als Österreicher müsse man immer zuerst woanders erfolgreich sein, damit man im eigenen Land wahrgenommen werde. Ende des Jahres stehe das nächste Fundraising an, so der Gründer, danach wolle man vollständig durchfinanziert sein.

Anyline: Googles Texterkennung ist nicht genau genug

Mit seiner Texterkennungs-Technologie steht Anyline keineswegs alleine im Markt da. Begonnen hat alles mit Barcode- und QR-Code-Scannern. Es folgen Apps wie Prizmo, mit denen sich Dokumente erfassen und nachträglich bearbeiten lassen. Den größten technologischen Sprung hatte dann Google mit WordLens.

Google sei ein ernstzunehmender Wettbewerber, betont Kinigadner. „Google WordLens ist spitze, wenn du wissen willst, was in einem Gericht drin ist, wenn du in ein ausländisches Menü schaust.“ Absolut genaue Übersetzungen liefere es aber nicht. „Bei uns ist es allerdings sehr wichtig, dass der Text zu 100 Prozent richtig ist“, sagt er. Bei Blutzuckerwerten oder Kontoauszügen sei eine hohe Genauigkeit essenziell. Und da biete Anyline momentan die fortschrittlichste Technologie weltweit, ist sich der Gründer sicher.

Im Video-Interview führt Lukas Kinigadner die Technologie vor und verrät seine wichtigsten drei Learnings als Gründer.

Bild: Anyline