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Der Musikstreamingdienst Spotify wirft Apple Wettbewerbsverzerrung vor. Die beiden Konzerne streiten sich derzeit heftig über die Aktualisierung der Spotify-App für Apples iOS-Geräte. Apple hatte die jüngste Version der App nicht im hauseigenen App-Store zugelassen. Spotify sieht sich daher benachteiligt: Apple nutze seine Marktmacht aus, um Wettbewerbern im Streaming-Markt zu schaden.

Die beiden US-Firmen hatten ihren Disput zunächst nur intern ausgetragen, am Donnerstag veröffentlichte Spotify dann aber erstmals einen Brief an Apple. In dem Schreiben wirft der Musikanbieter dem Elektronikkonzern vor, der Firma und ihren Abonnenten Schaden zuzufügen.

Hintergrund für den Streit sind Apples Regeln zur Umsatzbeteiligung im App-Store. Der Konzern verlangt einerseits eine Beteiligung von bis zu 30 Prozent an allen Umsätzen, die App-Anbieter dort machen. Andererseits schließen die Vorgaben aus, dass die Nutzer einer App zu einer externen Verkaufsseite umgeleitet werden, bei der Apple keine Anteile erheben kann. Konkurrent Google kassiert zwar ebenfalls Umsatzbeteiligungen, erlaubt seinen App-Entwicklern jedoch, alternative Bezahlsysteme in die Apps zu integrieren.

Apples Regeln sind für Spotify und andere Content-Anbieter im App-Store wie etwa Amazon ein Problem, da sie Apple auch am Umsatz für jedes abgeschlossene Streaming-Abonnement, jedes ausgeliehene Video oder jedes verkaufte E-Book beteiligen müssen. Apple argumentiert, dass damit die Kosten für den Betrieb des App-Stores und die Abrechnung der Einkäufe abgegolten werden. Auf der Entwicklerkonferenz WWDC Anfang Juni verwies der Konzern zudem darauf, dass insgesamt schon mehr als 50 Milliarden Dollar an Umsätzen aus dem App-Store an die App-Anbieter weitergereicht wurden.

Spotify sieht beim Musikstreaming nun aber eine Sondersituation. Immerhin stehe Apple dort mit seinem neuen Angebot Apple Music im direkten Wettbewerb zu den App-Anbietern. Die Umsatzbeteiligung benachteilige daher die konkurrierenden Streamingdienste. Spotify müsse daher anders kalkulieren, weil der an Apple abgegebene Umsatzanteil in der Kasse fehlt: Entweder könne man nicht so viele Musik-Lizenzen für den eigenen Dienst einkaufen wie Apple, oder man müsse mehr Geld pro Abonnement verlangen.

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Wer sein Spotify-Abonnement innerhalb der iOS-App abschließt, bezahlt aktuell drei Dollar mehr, als wenn er es direkt über die Spotify-Webseite abschließt. In der jüngsten Version der beliebten App hatte Spotify seine Nutzer deswegen offen dazu aufgefordert, nicht über den App-Store, sondern über die Internetseite von Spotify zu zahlen. Gleichzeitig wurde die App-interne Bezahlfunktion deaktiviert. Nun verweigert Apple der aktualisierten App mit Verweis auf Punkt 3.1.1 der Richtlinien den Zutritt zum App-Store. Danach nämlich dürfen Apps nicht per Anleitung, Button oder Link auf alternative Einkaufsmöglichkeiten außerhalb des App-Stores hinweisen.

In einem aktuellen Antwort-Brief auf die Spotify-Anschuldigungen rechtfertigt sich Apple für sein rigoroses Vorgehen. Konzernanwalt Bruce Sewell schreibt, dass die Richtlinien im App-Store für alle Anwender gleich seien – und dass bereits die aktuelle Spotify-App gegen diese Richtlinien verstoßen würde. Gleichzeitig wies er Vorwürfe zurück, dass Apple andere Streaming-Dienstleister diskriminieren würde, um das eigene Angebot Apple Music zu bevorteilen.

Streit über die Regeln zur Umsatzbeteiligung gibt es aber nicht nur mit den Musikdiensten. Auch Amazon verweigert Apple Umsatzanteile in den Lese-Apps für den E-Reader Kindle. Zwar können Amazon-Kunden E-Books auf ihren iPads und iPhones lesen, neue elektronische Bücher können sie darüber jedoch nicht mehr kaufen. Noch dazu hat Amazon Apples Videostreaming-Settopbox Apple-TV aus dem eigenen Online-Angebot verbannt.

Der Streit zeigt, warum die vertikale Integration von Mobil-Betriebssystem, App-Stores und eigenen Medienangeboten, wie sie von Apple wie auch Google betrieben wird, von Politikern und Wettbewerbsrechtlern sowohl in den USA als auch in der EU kritisch beobachtet wird: Da die Betriebssystemanbieter auch die Regeln für den Zutritt zu den hauseigenen Digitalläden bestimmen, könnten sie konkurrierende Anbieter direkt oder indirekt benachteiligen oder behindern, um den eigenen Medien- und Streamingangeboten einen Marktvorteil zu verschaffen.

Die einflussreiche demokratische US-Senatorin Elizabeth Warren hat Apple wie auch Google und Amazon daher zuletzt scharf kritisiert, die eigene Marktmacht auszunutzen. „Apple gibt seinen Konkurrenten Bedingungen vor, die es ihnen erschweren, wettbewerbsfähige Streamingangebote zu machen“, sagte Warren in ihrer Rede auf einer Konferenz in Washington zum Thema Wettbewerb im Netz.

Bereits in der Vergangenheit war Apple in Konflikt mit US-Wettbewerbshütern geraten, nachdem der Konzern die Preise für E-Books auf iOS-Geräten mit Verlegern abgesprochen hatte. Konkurrent Google muss sich zudem einer Untersuchung der Wettbewerbshüter der Europäischen Union (EU) stellen. Der Verdacht: Der Konzern könnte seine Macht im Markt für Mobilbetriebssysteme missbraucht haben, um auf Android-Smartphones die eigenen Apps vorzuinstallieren.

Dieser Text erschien zuerst in die Welt.

Bild: Getty Images / JONATHAN NACKSTRAND