Apple Strategie Analysten

Apple vermeldet geringere Gewinne

Apples Gewinne sind im laufenden Quartal gesunken. Bei den Umsätzen sieht es ebenso aus. Und insbesondere im Vergleich mit dem Vorjahr hat sich das US-Unternehmen verschlechtert: Bei nahezu gleichem Umsatz wurde deutlich weniger Gewinn gemacht. In den beiden letzten Quartalen musste der iPhone-Hersteller die ersten Rückgänge seit einem Jahrzehnt bekannt geben.

Kein Update für das iPhone, keines für die iPads, Sommerloch. Das macht sich bemerkbar, wie zuletzt in jedem dritten Geschäftsquartal. Zudem scheint fast jeder neue Schritt längst vorab bekannt, Gerüchte zum Apple-Fernseher und zur iWatch kursieren seit Monaten. Die Konsequenz: Konnte man bislang auf relativ feste Innovationszyklen bauen, wird derzeit in der öffentlichen Wahrnehmung eher reagiert statt agiert. Und Ankündigungen auf Entwicklerkonferenzen sind schön und gut, aber sie lassen sich nicht in bares Geld ummünzen. War die Aktie vor einem Jahr noch knapp vor den 700 US-Dollar, so liegt sie jetzt bei rund 420 US-Dollar. Seit fast einem Jahr ging die Fahrt nur bergab. Einmal mehr waren die Anleger bei einem Tech-Unternehmen (viel) zu euphorisch. Genau wie die Analysten.

Die Sache mit den Analysten

Letztere hatten mit Apple seit jeher ihre Freude, und umgekehrt: Entweder waren ihre Erwartungswerte nicht nachvollziehbar hoch, oder sie waren derart kritisch, dass sie das Unternehmen schon kurz vor dem Untergang sahen. So oder so, zur Bekanntgabe von Quartals- oder Jahreszahlen sank die Aktie fast zuverlässig um einige Prozent. Das lässt sich dann mit Anleger-Frust oder „Gewinnmitnahmen“ erklären – was man hat, das hat man. Bis vor einem Jahr erholte sich das Papier seit der Jobs-Rückkehr ebenso zuverlässig wieder.

Analystenzahlen sind für die öffentliche Wahrnehmung wichtig. Wie sonst sollte man die Ergebnisse eines Unternehmens kurz und knapp bewerten? Und wie eine knackige Überschrift formulieren? Erwartungen verfehlt, heißt es dann kurz und knapp. Wer soll da noch nachfragen, woher die Annahmen der selbsternannten Experten denn kommen? Eine der guten Nachrichten der Apple-Quartalskonferenz: 31,2 Millionen iPhones verkaufte Apple, die Weissager hatten lediglich 26 Millionen erwartet.

Von Äpfeln und Birnen

Überaus interessant sind derzeit auch die Vergleiche mit Wettbewerbern. Samsung etwa, so wird einigerorts betont, habe bei deutlich höherem Umsatz (50 vs. 35 Milliarden US-Dollar) etwas mehr Gewinn (8,33 vs. 6,9 Milliarden US-Dollar) gemacht. Faktisch ist das richtig, greift aber viel zu kurz. Denn zum einen sind die Produktportfolien deutlich unterschiedlich: Samsung baut auch Waschmaschinen, Fotokameras, DVD-Player – Apple nicht. Zum anderen sind die Margen bei dem iPhone-Erfinder immer noch deutlich höher als beim koreanischen Konkurrenten. Das spiegelt sich übrigens auch in den Zahlen wider: Apple macht pro Dollar Umsatz deutlich mehr Gewinn als Samsung.

Spätestens an dieser Stelle sollte allerdings deutlich werden, dass die reine Betrachtung der Zahlen viel zu kurz greift. Investitionen in die Entwicklung der bereits angedeuteten neuen Produkte, der damit verbundene Marketingaufwand im Vorfeld oder Kosten für den Einkauf und die Produktion neuer Teile – all dies bleibt bei der Betrachtung oft außen vor. Stolze 6,2 Milliarden US-Dollar investierte Apple dieses Quartal in Übernahmen, Fabriken und Maschinen, im vergangenen Jahr waren es im entsprechenden Zeitraum 4,8 Milliarden US-Dollar.

Da Apple typischerweise schnell und weitreichend in neue Technologien einsteigt und bekanntlich fast alle Facetten neuer Produkte – trotz mitunter zunächst fragwürdigen Entscheidungen – bis ins Detail nahezu versessen ausarbeitet, können diese recht hoch sein. Es ist das gleiche Phänomen, wie es auch bei der Einführung vorheriger Produkte zu erkennen war. Und die machten Apple zum Vorzeige-Unternehmen der Tech-Welt. Übrigens: Samsung verdient als einer der größten Zulieferer einen beträchtlichen Teil seines Umsatzes an Apple.

Großer Nachholbedarf bei Apple

All das soll nicht heißen, dass Apple derzeit keinen Nachholbedarf hätte. Ganz im Gegenteil: Das Unternehmen hat sich zu lange auf dem Erfolg des iPhone und des iPad ausgeruht. Deren neues Betriebssystem iOS 7 ist zwar ein viel versprechender Schritt in die richtige Richtung, kommt aber für ein Unternehmen mit Innovationsanspruch viel zu spät. Auch der neu designte iMac ließ lange auf sich warten. Den verlorenen Vorsprung wieder aufzubauen, kostet jetzt viel Geld – und dies eben gerade im Bereich Forschung und Entwicklung. Im traditionellen Geschäft mit Desktop-Rechnern gab es schon seit Jahren nichts Neues mehr, möglicherweise kommt der unlängst angekündigte (und in den USA produzierte) Neustart zu spät. Allerdings ist der Markt selbst auch deutlich eingebrochen, für Apple sind die stationären Rechner nur noch ein Pflichtprodukt.

Bei mobilen Rechnern hat sich Apple zwar bislang überaus gut positionieren können. Aber auch hier stellen sich einige Fragen. War es bislang Apples Stärke, mit wenigen Produktvariationen eine starke Marken- und Produktpositionierung zu erreichen, wurde diese Strategie in den vergangenen Monaten stark aufgeweicht. Stattliche elf Laptop-Varianten führt der Apple Store derzeit (plus Built-to-order Optionen). Drei unterschiedliche iPhone-Jahrgänge werden derzeit verkauft, mit dem zu erwarteten Billig-iPhone, mit dem insbesondere wohl der chinesische Markt erschlossen werden soll, steht eine weitere Variante an.

Eine starke Angebots-Ausweitung, insbesondere in Richtung Niedrigpreissegment, wird aber zwangsläufig am Apple-Image kratzen und so die Preisgestaltung negativ beeinflussen – mit ebensolchen Auswirkungen auf die bislang respektablen Margen.

Sind iWatch, Apple TV und Billig-iPhone genug?

Bislang hat sich Apple immer rechtzeitig in die nächste „disruptive“ Erfindung retten können. Allerdings scheint man sich mit dem „Next Big Thing“ diesmal etwas schwer zu tun. Schon die ersten Gehversuche mit dem AppleTV als Set-top-Box, die man schnell als „Hobby“ abtat, um den Fokus darauf abzuwenden, waren eher zaghaft und zunächst nicht von Erfolg gekrönt. Länger als erhofft hat es gedauert, bis sich Apple im Wohnzimmer der Nutzer einnisten konnte. Sollten die zuletzt erhobenen Zahlen allerdings stimmen, hat man sich mittlerweile aber schon einen respektablen Marktanteil sichern können – und damit eine gute Grundlage für den Apple-Fernseher geschaffen.

Mit der heiß erwarteten, wenngleich noch unbestätigten iWatch wagt sich Apple in einen weiteren, potenziell großen Markt. Allerdings zeichnet sich hier schon eine ganze Reihe engagierter Wettbewerber ab, die ähnliche Produkte vorbereiten. Der Druck für Neuerungen ist groß, längst zeichnet sich bei Smartphones in einigen Kernmärkten eine Sättigung ab, der boomende Markt bei Tablets wird von durchaus leistungsfähigen Billigangeboten überschwemmt. Die Tech-Industrie hat es in den vergangenen Monaten bestens verstanden, Apple auf Basis von Googles Android das Wasser abzugraben.

Verliert Apple das „gewisse Etwas“?

Die vergangenen Apple-Produkte, soviel lässt sich kaum bestreiten, trafen mit cleverem Design und Marketing den Nerv der Nutzer. Mit das wertvollste, was der kalifornische Anbieter neben der Technologiegrundlage damit aufgebaut hat, ist ein Ökosystem an Apps, Entwicklern und vor allem Inhalte jedweder Coleur. All dies hat man in den vergangenen Monaten für sich arbeiten lassen und gutes Geld verdient: 146 Milliarden US-Dollar in Cash hat das Unternehmen in den angehäuft, damit könnte man Facebook, Twitter und Linkedin kaufen und hätte immer noch 50 Milliarden US-Dollar übrig. Derzeit sieht es nun so aus, als müsste sich Apple mit den kommenden Produkten von Billig-iPhone über Smart-TV bis hin zur iWatch insbesondere auf die Ökosystem-Grundlage verlassen.

Ob man merkt, dass Steve Jobs bei Apple fehlt? Nicht unbedingt, zumindest noch nicht. Von der ursprünglichen Idee bis zum fertigen Produkt hat es auch unter dem Tech-Visionär mitunter viele Jahre gedauert, frühe Prototypen etwa des iPad belegen das. Viele der kommenden Konzepte dürfte Jobs also noch mit angestoßen haben. Tatsächlich scheinen die notwendigen Umstellungen innerhalb des Unternehmens Apple aber etwas aus dem Rhythmus gebracht zu haben.

Die für den Herbst und 2014 in Aussichten gestellten Produkte mögen zwar auch innovativ sein, ein „Boom“-Faktor zeichnet sich derzeit allerdings nicht ab. iPod und iPhone waren ihrer Zeit sogar voraus. Für Apple wird es also besonders auf geschicktes Marketing ankommen – es sei denn, man hätte nach alter Jobs-Manier noch ein Ass im Ärmel. Die letzten echten – und wirklich überraschenden – Innovationen aus 1 Infinite Loop, dem kalifornischen (Noch-)Firmensitz, liegen jedenfalls schon eine ganze Weile zurück. Diese wird Apple auch zukünftig aber brauchen, um sein Alleinstellungsmerkmal zu behalten.

Als kleines Schmankerl gibt’s nun noch ein Sneak Peek auf das mögliche „Billig iPhone“:

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von Michael C Strack