Ihre Dominanz ist bisher ungebrochen. Apple, Google, Amazon und Facebook haben in den vergangenen Jahren die Tech-Branche bestimmt. Doch während die Aktien von Google, Amazon und Facebook auch 2015 kräftig zulegten, mussten Apple-Anleger zuletzt sogar Verluste hinnehmen.

Die Talfahrt setzt sich auch in den ersten Tagen des neuen Jahres fort: Nachdem die japanische Wirtschaftszeitung „Nikkei“ berichtete, dass der Konzern die Produktion seiner beiden iPhone-Modelle 6s und 6s Plus von Januar bis März um 30 Prozent reduziere, rutschte die Aktie erneut mehr als zwei Prozent nach unten.

Starke Abhängigkeit vom iPhone

Von April bis Juni soll die Produktion zwar wieder auf das normale Maß hochgefahren werden. Doch das Misstrauen der Anleger ist dennoch groß – und grundsätzlicher Natur.

Denn es gibt einen großen Unterschied zwischen Apple und den anderen großen Tech-Riesen. Zwar stehen alle vier glänzend da in der Gegenwart. Doch beim Blick in die Zukunft ist das anders: Amazon, Facebook und Google trauen die Anleger auch künftig große Dinge zu. Bei Apple ist das anders.

Denn die Zweifel sind groß, wie der kalifornische Technikriese auch in Zukunft große Gewinne machen kann. Denn seit Jahren ist Apple vor allem abhängig von einem einzigen Produkt – dem iPhone. Das Minus beim iPad-Absatz im vergangenen Jahr haben diese Abhängigkeit noch verstärkt. Mehr als 60 Prozent des Umsatzes und ein noch höherer Anteil des Gewinns von Apple gehen auf das Smartphone zurück.

Die Beispiele Nokia und Blackberry haben gezeigt, wie stark die Tech-Welt wechselnden Trends unterliegt – und wie unvermittelt ein Star der Branche stürzen kann. Geräte, die gestern noch als angesagt galten, gehörten nach Apples Markteintritt mit dem iPhone schnell zum alten Eisen.

Auch Branchenriesen wie Nokia scheiterten

Google ist zwar nicht weniger abhängig von einer einzigen Einnahmequelle – der Online-Werbung. Doch während sich die iPhone-Hardware nicht wesentlich von der Konkurrenz abheben kann, hat Google einen klaren technologischen Vorsprung bei seinem Kerngeschäft, der Internet-Suche.

Keine andere Suchmaschine liefert bessere Suchergebnisse, kein anderer Konzern verfügt über mehr Daten, um die Suche weiter zu verbessern. So kann das Quasi-Monopol nur schwer angegriffen werden.

Zudem arbeiten bei Google einige der besten Programmierer der Welt in zwei wichtigen Zukunftsbereichen: Nämlich der Analyse riesiger Datenmengen und der Entwicklung selbstständig lernender neuronaler Netze, sogenannter künstlicher Intelligenz. Die Einsatzmöglichkeiten dieser Technologien sind vielseitig – sie reichen vom autonomen Fahren über digitale Assistenten bis hin zu Datenanalysen in jedem größeren Unternehmen. Das stachelt die Fantasie der Anleger an.

Google kann sich besser absetzen als Apple

Und selbst für das klassische Geschäftsmodell von Google, der Online-Werbung, gibt es eine einfach zu verstehende Wachstumsgeschichte: Mit jedem weiteren mit dem Internet verbundenen Gerät wächst Googles Möglichkeit, mit Online-Werbung Geld zu verdienen.

In zahlreichen Schwellen- und Dritte-Welt-Ländern hat die massenhafte Verbreitung vor allem des mobilen Netzes gerade erst begonnen. Sowohl die Anzahl der Menschen mit Internetzugang wächst als auch die Zeit, die diese täglich mit der digitalen Kommunikation verbringen.

Facebook ist Vorreiter im Social Web

Auch Facebook regt die Fantasie der Anleger an. Der Konzern profitiert ebenfalls vom ständig wachsenden Netz. Das soziale Netzwerk dominiert zwei explosionsartig wachsende Bereiche, die Google zu lange vernachlässigt hat: das mobile Web auf Smartphones und das Social Web – also die sozialen Netzwerke. Inzwischen werden auch Videos, lange unbestrittene Domäne von Googles YouTube, immer häufiger auf Facebook geschaut.

Amazon wiederum ist nicht nur der weltweit größte Online-Händler, sondern vor allem auch Pionier und Marktführer beim Cloud-Computing – dem Anbieten von Rechenkraft, Webservern oder Speicher über das Internet nach Bedarf.

Mit seinen extrem flexiblen Rechenzentren betreibt Amazon damit sozusagen das verborgene Rückgrat des wachsenden Internets. Amazon überzeugt die Anleger außerdem mit stetig hohem Wachstum, für das der Konzern auch auf Profitabilität verzichtet.

Apples katastrophales Kurs-Gewinn-Verhältnis

Apple kann nicht in gleicher Weise von der Verbreitung des Internets profitieren wie Google, Facebook und Amazon: Das Unternehmen verdient vor allem über den Verkauf von Hardware Geld – von recht teurer dazu. Große Teile der Erde können sich kein iPhone leisten, trotz wachsender Mittelschicht in Schwellenländern.

Wie wenig die Anleger Apple zutrauen, zeigt sich im sogenannten Kurs-Gewinn-Verhältnis. Dabei wird der Gewinn eines Unternehmens pro Aktie in das Verhältnis zum Kurs einer Aktie gesetzt – also wie teuer eine Aktie im Vergleich zum erwirtschaften Gewinn des Unternehmens ist. Je höher dieser Wert ausfällt, desto mehr trauen Anleger dem Unternehmen noch für die Zukunft zu.

Zieht man den riesigen Berg an Barmitteln ab, den Apple inzwischen angehäuft hat, liegt der Wert, den die Aktionäre Apple zumessen, kaum höher als der von Google. Dabei hat Apple im vergangenen Geschäftsjahr 81,3 Milliarden Dollar Cashflow eingenommen, Google 26 Milliarden.

Absurd hohe Werte bei Amazon

Und Google wird im Vergleich zu Facebook und vor allem Amazon noch relativ günstig bewertet. Nach Daten von Thomson Reuters lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei Apple über die vergangenen zwölf Monate bei 11 und das von Google bei 31. Extreme Kurs-Gewinn-Verhältnisse erreichen Facebook mit 103 und noch mehr Amazon mit einem fast absurd anmutenden Verhältnis von 913.

Zum Vergleich: Der traditionelle Chemiekonzern BASF wurde, gemessen am vergangenen Geschäftsjahr, an der Frankfurter Börse mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 bewertet und der Sportartikelhersteller Adidas mit 25.

Die Aktionäre trauen also selbst bewährten Dax-Unternehmen mehr Wachstum für die Zukunft zu als Apple – und das an deutschen Börsen, an denen Unternehmen traditionell konservativer bewertet werden als an US-Börsen.

Apple bleibt eine Gewinnmaschine – vorerst

Allerdings: Die niedrige Bewertung von Apple hat Tradition. Der Wert der Aktie ist in den vergangenen Jahren zwar langfristig gestiegen und hat den iPhone-Konzern zum wertvollsten Unternehmen der Welt werden lassen – doch der Kurs wurde immer nur leicht nach oben korrigiert, nachdem Apple ein Rekordquartal nach dem anderen aufstellte.

Im Verhältnis zum Gewinn war die Apple-Aktie in den vergangenen zehn Jahren immer relativ billig zu haben. 2015 reichten nicht einmal mehr wieder neue Rekordquartale, verbunden mit Kurspflegemaßnahmen wie Aktienrückkäufen, für einen Wertzuwachs aus.

Dabei bleibt Apple eine Gewinnmaschine. Mit 51,5 Milliarden Euro hat Apple im vierten Geschäftsquartal wieder mal mehr eingenommen als je zuvor in einem vierten Quartal. Und zum iPhone gehört nicht nur das Telefon selbst, sondern ein funktionierendes Ökosystem, bestehend aus dem Betriebssystem iOS, Apps und zahlreichen anderen Inhalten, über die Apple zunehmend Geld verdient.

Die Apple Watch mag sich schlechter verkaufen, als einige erwartet haben – aber sie ist trotz zahlreicher Konkurrenten mit weitem Abstand die bestverkaufte Smartwatch auf dem Markt. Der „Peak Apple“ wurde von Analysten und Apple-Kritikern schon häufig ausgerufen – bisher konnte Apple sie immer widerlegen.

Doch die neue nervöse Reaktion auf die Nachricht der Produktionskürzung zeigt: Die Zweifel an der Zukunft von Apple sind groß – und werden es wohl bleiben, so lange das iPhone im Zentrum des Apfel-Universums steht.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Welt Online.

Bild: Welt / Bloomberg