Deutschland steht am wirtschaftlichen Abgrund. Und schuld daran sind die Digitalisierung und die Generation Y. Zu diesem Schluss könnte man kommen, wenn man den jüngsten Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie die aktuelle Ausgabe des Manager Magazins vor sich liegen hat.

Zunächst die Studie: Das IAB, eine Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, hat die Auswirkungen von Industrie 4.0 auf Arbeitsmarkt und Wirtschaft untersucht. Schaut man oberflächlich auf die Zahlen, ergibt sich ein ernüchterndes Bild: Unterm Strich gehen bis 2025 rund 60.000 Arbeitsplätze durch die Digitalisierung verloren.

Die Rechnung der Forscher, die eine ganze Reihe von Szenarien untersucht haben: Zwar würden durch die Umwerfungen in den klassischen Branchen bis zu 430.000 neue Stellen geschaffen – es gingen aber auch knapp eine halbe Million Arbeitsplätze verloren. Hinzu käme: Besonders die unteren Einkommensstufen würden belastet – wodurch die Zahl der Langzeitarbeitslosen stiegen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass neue Kenntnisse notwendig seien – weil nicht mehr Maschinen, sondern Computer bedient werden müssten.

Dann das Manager Magazin: „Der deutschen Wirtschaft gehen die Leistungsträger verloren“, heißt es dort. Die These: Ihr Privatleben sei der jungen Generation wichtiger als der Job. Sie könne sich Behäbigkeit leisten, weil sie ausgesorgt habe durch das Vermögen ihrer Eltern. 140 Milliarden Euro werden die Deutschen bis 2025 erben – es sind die Früchte der harten Arbeit der Nachkriegsgenerationen.

Hang zur Hängematte, Hoheit über Tagesablauf und Work-Life-Balance statt Reinknien, Einsatz zeigen oder Wohlstand mehren. Management-Promi Hartmut Mehdorn hat nicht viel übrig für die skizzierte moderne Berufswelt. Da komme nichts raus, sagt er dem Magazin. Und: „Wer wirklich nach oben will, muss Einsatz zeigen, Tag und Nacht.“

Damit steht Deutschland zunächst vor einem Doppelproblem. Zum einen werden die Arbeitsplätze weniger. Und zum anderen könnte die „satte und faule“ Nachwuchsgeneration obendrein die wirtschaftliche Entwicklung bremsen. Zum Glück muss man die Beobachtungen aber nicht so negativ auslegen. Denn zum einen stellt auch das IAB fest: „Mit den Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt geht eine zunehmende Wertschöpfung einher, die nicht nur zu mehr volkswirtschaftlichen Gewinnen sondern – aufgrund höherer Anforderungen an die Arbeitskräfte – auch zu höheren Lohnsummen führt.“ Will heißen: Die meisten werden auf Dauer profitieren.

Und zum anderen identifiziert auch das Manager Magazin einen wunderbar zur Zeitgeschichte passenden Ausweg: Zuwanderer. Denn die bringen großen Arbeitswillen mit, heißt es, sie sind entschlossen und sich für nichts zu schade. Die digitalen Unternehmen insbesondere in der Hauptstadt haben sich die Vorteile einer Einwanderergesellschaft auch längst zu Nutze gemacht. Helfen Immigranten Deutschland und seiner Industrie 4.0 beim nächsten Wirtschaftswunder? Es wäre nicht das erste Mal.

Diesen beiden Einsichten sollte man aber unbedingt noch eine dritte hinzufügen: der Impuls, der von den rund 6.000 Startups in Deutschland ausgeht. Besser als die meisten Wirtschaftsschwergewichte verstehen sie, wie sich Arbeitsplätze schaffen lassen – 50.000 sollen es in den kommenden zwölf Monaten sein, wie der jüngste Startup-Monitor zeigt. Außerdem wissen sie, wie sich junge Mitarbeiter motivieren lassen – auch jenseits von Kicker, Club Mate und Team-Event. Und dass man sich dabei wohlfühlen kann.

Beim Thema Digitalisierung muss Deutschland akzeptieren, dass sich die Arbeitswelt schneller verändert als je zuvor. Das gilt für alle Altersklassen und es wird mitunter unbequem. Aber vielleicht ist es auch für den Exportweltmeister langfristig nichts Schlechtes, weniger Maschinen bedienen und weniger Fließbänder abarbeiten zu müssen.

Bislang wird an vielen Stellen mehr über Digitales geredet als diesbezüglich gehandelt. Und als davon verstanden, darf man mutmaßen. „Stay hungry, stay foolish“, hat Steve Jobs in seiner legendären Rede dem Abschlussjahrgang der Stanford-Uni schon vor zehn Jahren mit auf den Weg gegeben. Ein wertvoller Tipp für alle Generationen, jung wie alt, die in der neuen, digitalen Welt leben. Denn die wird man weder aufhalten noch sich in ihr ausruhen können.

Bild: © Bildagentur PantherMedia  / Jenny Sturm