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Steuert bald die Geschicke der Deutschen Bahn vom Fahrersitz: der bisherige Finanzvorstand Richard Lutz.

Die Bahn bekommt einen neuen Chef. Nachdem Rüdiger Grube unerwartet fristlos gekündigt hat, war das oberste Amt beim Staatskonzern seit Ende Januar frei. Für das Berliner Unternehmen kommt es nun darauf an, die Weichen richtig zu stellen. Denn auch wenn Rüdiger Grube viele grundlegende Probleme nicht ganz aus der Welt schaffen konnte, so zeigte er Bewusstsein für digitale Themen. Wenn das Digitale nun auf der Strecke bleibt, weil intern politische Grabenkämpfe ausgefochten werden, wird das dem Konzern langfristig enormen Schaden zufügen.

Update vom 14. März 2017: Wie die Bahn mitteilt, soll der derzeitige Finanzvorstand Richard Lutz die Führung des Konzerns übernehmen. Der 52-Jährige sei fachlich der beste Kandidat gewesen, hieß es laut Handelsblatt zur Begründung. Er kenne das Unternehmen lange, sei in einem guten Alter und gebe dem Unternehmen damit auch eine Perspektive.

Besseres Geschäftsergebnis, höhere Pünktlichkeit, funktionierendes WLAN in den ICEs. Diese Bedingungen hatte die Bundesregierung Rüdiger Grube im vergangenen Jahr für eine dreijährige Vertragsverlängerung gestellt, die eigentlich heute hätte beschlossen werden sollen. Geliefert hatte Grube nur bedingt, deswegen wollte der Aufsichtsrat der Bahn Grube nur weitere zwei Jahre zusichern, wie der Spiegel schreibt – und der Noch-CEO schmiss kurzum hin.

An der Lösung der Probleme muss sich nun sein Nachfolger messen lassen. Währenddessen kann sich Grube zumindest auf die Fahnen schreiben, wichtige Schritte hin zur Digitalisierung gemacht zu haben. Das Unternehmen hat unter seiner Führung einen Accelerator für digitale Projekte aufgebaut, mit der Mindbox ein „Kreativ-Labor“ zur Verfügung gestellt und sogar bereits autonome Minibusse getestet. Auch einen eigenen Fonds für Startup-Investments gibt es, seit vergangenem Herbst ist das alles im Rahmen einer eigenen Startup-Unit institutionalisiert. Es sind erste Schritte, aber sie haben enorme Bedeutung. „Wir sind noch rechtzeitig auf den Zug aufgesprungen“, hatte es der Bahnchef gegenüber dem Tagesspiegel hoffnungsvoll formuliert.

Grubes Nachfolger wird hier nicht nur mitziehen, sondern nachlegen müssen. Wer die Bahn zukünftig leiten soll, wurde zunächst nicht verkündet, zu unvorbereitet traf es das Unternehmen und die Bundesregierung offenbar. Zuvor war der frühere Kanzleramtschef Ronald Profalla als Kronprinz gehandelt worden. Er hatte in den vergangenen Jahres stets für Grube geworben – und sich gerade erst die Verantwortung für das gewichtige Ressort Infrastruktur gesichert. Der gelernte Jurist dürfte aber zu kurz im Job sein, um bereits das Kommando zu übernehmen.

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Es wäre fatal, wenn die Bahn im Zuge langatmiger Führungsdebatten und politischen Hin-und-hers nun den Anschluss an die Digitalisierung verlieren würde. Zu viel hängt davon ab. Allein an viel Stahl und ein Schienen-Monopol zu denken – das wird in Zukunft nicht reichen. Auf der Straße, in der Luft und, wer weiß, irgendwann auch in Röhren steht die Bahn immer stärkerer Konkurrenz gegenüber. Und die kann schneller reagieren als ein Traditionskonzern. Vor allem: Sie ist in der Regel ohnehin schon digitaler aufgestellt. Das muss ein zukünftige Bahnchef nicht nur wissen – sondern es verstehen und den Konzern zügig umbauen. Sonst gehören verspätete ICEs schon bald nicht mehr zu den großen Problemen der Bahn.

Dieser Artikel erschien zuerst am 30. Januar 2017; Bild: Adam Berry / Gettyimages