A twenty euro banknote and euro coins in a puddle
A twenty euro banknote and euro coins in a puddle Dieser Auszug stammt aus dem Buch „Bargeldverbot – Alles was Sie über die kommende Bargeldabschaffung wissen müssen“ von Ulrich Horstmann und Gerald Mann und ist im FinanzBuch Verlag erschienen. Das Werk informiert über den Stand der Bargeldabschaffung und zeigt mögliche Szenarien und Folgen auf.

Folgendes Szenario einer Bargeldabschaffung in Europa halten wir für möglich:

2016/2017: Der „War on Cash“ (= Kampf gegen Bargeld) wird verschärft. Der vermeintlich hohe Anteil von Bakterien – von 20.000 Bakterien und 3.000 Bakterientypen ist die Rede ‒ wird in den Medien zunehmend thematisiert. Insbesondere die großen Kartenanbieter weisen verstärkt darauf hin, dass Bargeld unhygienisch ist. Das Bild hässlich schmutziger und angeblich krank machender Geldscheine, durch die vielleicht sogar Epidemien verstärkt werden könnten, wird in den Medien verbreitet.

Ob und inwieweit das von Bakterien verseuchte Geld gesundheitsschädlich ist, steht danach im Mittelpunkt der Berichterstattung. Im Zweifel wird natürlich die Gesundheit der Bevölkerung als wichtiger erachtet. Die Bürger reagieren zum Teil missmutig, aber nach einiger Zeit setzt sich die Einsicht durch, dass man sich mit der Abschaffung des Bargelds abfinden muss („Ich habe doch nichts zu verbergen!“).

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Cover_Bargeldverbot „Bargeldverbot – Alles was Sie über die kommende Bargeldabschaffung wissen müssen“, Ulrich Horstmann und Gerald Mann, 128 Seiten, FinanzBuch Verlag

Dann wird entschlossen gehandelt und ein konkreter Umsetzungsvorschlag für eine sukzessive Bargeldabschaffung vorgestellt. Zuerst werden die 200-Euro- und die 500-Euro-Scheine abgeschafft. Dabei werden der Bevölkerung Bilder von Waffen und Papiergeldbündeln gezeigt wie im Vortrag von Professor Rogoff. Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, der Kriminalität, der Geldwäsche und der Steuerflucht werden in den Fokus gerückt. Das scheint zunächst zu überzeugen. Die kleineren marktgängigen Scheine bleiben vorerst erhalten.

2018/2019: Die 200-Euro- und 500-Euro-Scheine sind ausgesondert, die Möglichkeiten, Bargeld einzusetzen, werden weiter eingeschränkt. Besonders Italien ist davon betroffen, hier sind die 500-Euro-Scheine besonders beliebt. Nachdem die Regierung unter Monti die Hürde für Bargeldzahlungen bereits von 2.500 auf 1.000 Euro herabgesetzt hatte, liegt sie jetzt bei nur noch 250 Euro. Gleichzeitig werden nun europaweit plangemäß innerhalb von ein bis zwei Jahren auch die 100-Euro- und die 50-Euro-Scheine aus dem Verkehr gezogen.

Angesichts der Negativzinsen und anhaltend schlechter wirtschaftlicher Nachrichten stößt diese Einziehung der marktgängigeren Scheine auf Proteste ‒ vor allem bei Italienern, aber auch bei Franzosen und Deutschen, die den Versuch der Regierungen im Verbund mit den Banken erkennen, die Teilenteignung und Kontrolle der Bürger voranzutreiben.

In immer aggressiveren Medienkampagnen werden die Gegner der Bargeldabschaffung als Terrorismusunterstützer oder Befürworter von Steuerhinterziehung diffamiert. Wer jetzt noch für Bargeld ist, der „gehört nicht mehr zu uns“. Protestler werden so mundtot gemacht. Öffentliche und privat finanzierte Medien ziehen an einem Strang.

Nach und nach verstummt die Kritik. Die Bürger sind verunsichert und verängstigt. Sie wollen natürlich keine kriminellen Machenschaften unterstützen. Andererseits wird die Freiheitseinschränkung auch als drückend empfunden.

Dennoch: Die technischen Vorzüge überzeugen viele. Die neu ausgegebenen staatlichen Geldkarten in Partnerschaft mit den Banken können weitgehend universell eingesetzt werden. Vermeintlich wird das Leben angenehmer, eine schöne bunte Welt entfaltet sich, die digitale Behörde wird entdeckt. Shoppen ist bequemer denn je, Smartphones sind selbstverständlicher Teil des Bezahlsystems. Der Konsum steigt an. Alle scheinen zu profitieren, vorübergehend nimmt sogar die Kritik der Gegner der Bargeldabschaffung ab. Sie findet aber wieder neuen Nährboden, denn es wird klar: In einer mit der Politik konzertierten Aktion wird der Handel Gebühren für Bargeldzahlungen erheben und so diese Bezahlvariante unattraktiv machen.

Bild: Getty Images/Martin Hospach

A twenty euro banknote and euro coins in a puddle

Das geht einige Monate so, das kann ohne einschneidende Änderungen sogar Jahre anhalten. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Elektronisch wird immer mehr bestellt, zur Freude der Verkaufsplattformen im Internet und der Plastikkarteninhaber. Die Verschuldung der smart shoppenden und das Internet nutzenden Konsumenten steigt weiter.

Aber plötzlich ist dann doch Schluss mit lustig. Die Falle schnappt mangels Bargeldalternative zu. Mit jedem Transaktionsvorgang fallen immer mehr Steuern an. Käufe werden teurer, die Konditionen der Kartendienstleister verschlechtern sich. Das Geldabrufen von der Bank wird durch Gebühren und Steuern immer teurer. Auch hier gilt die ökonomische Grunderkenntnis, dass Wettbewerb für Verbraucher günstig ist. Fällt Bargeld als Zahlungsvariante weg, bleibt eben nur noch die elektronische Variante übrig und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit teurer als vorher.

Und dann auch noch das: Bestimmten Bürger ist es plötzlich nicht mehr möglich, frei und unbeschränkt einzukaufen. Alkoholiker können kein Bier mehr kaufen, da ihre Geldkarte gesperrt ist. Dies wird als gesundheitlich notwendig eingestuft. Viele akzeptieren das Argument. Ist ja auch gut so und in ihrem eigenen Interesse. Der Staat hat schließlich eine Fürsorgepflicht für seine Bürger.

Dennoch bleibt die Sorge der Regierung und der Finanzinstitute vor einem Ansturm auf Banken (Bank Run) oder Supermärkte. Das Vertrauen ist nicht mehr da, die geldflutenden Maßnahmen helfen nicht mehr so recht. Und hier ist dann die Plastikkarte wie ein neuer Bezugsschein. Heute kannst du für 25 Euro im Supermarkt einkaufen, morgen nur für 10 Euro, übermorgen wieder für 35 Euro, aber dann nur Backwaren und so weiter. Schöne neue Welt!

Am Ende dieses Szenarios bleibt festzuhalten: Die globale Finanz- und (Staats-)Schuldenkrise oder besser Geldsystemkrise macht die Bargeldabschaffung für Banker und Politiker attraktiv. Ein Bank Run in der bisherigen Form ist für die Kunden bei einer Bargeldabschaffung nicht mehr möglich. Weitere Panik erzeugende Bankschlangen wie zuletzt 2007 bei der britischen Bank Northern Rock können so unterbunden werden.

Dies führt zu einem Machtzuwachs des Staates und des Finanzsektors, der für die Bürger sehr unangenehm sein kann. Sie verlieren wieder ein Stück ihrer Autonomie. Ihr Vertrauen in das Finanzsystem wird nicht gerade gestärkt, wenn sie die Wahlfreiheit verlieren, auch Bargeld zu nutzen, doch dies ist ihnen nicht unbedingt bewusst. Es gibt freiheitliche Alternativen, aber dazu im weiteren Verlauf mehr.

Wir sind uns bei diesem Szenario bewusst, dass bei entsprechender medialer Vorbereitung die Abschaffung des Bargelds in einer Volksabstimmung eine Mehrheit finden könnte. Denn erfahrungsgemäß schätzt die Mehrheit der Menschen Sicherheit höher ein als Freiheit. Hier denkt man unweigerlich an Benjamin Franklins Diktum: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ Selbst George Orwell, dem dieses Buch neben Friedrich August von Hayek gewidmet ist, konnte sich das zusätzliche Machtmittel, das durch die Bargeldabschaffung geschaffen wird, in seinen Romanen 1984 und Farm der Tiere nicht vorstellen

Bild: Getty Images/Martin Hospach