Bergfürst Banklizenz Bafin Guido Sandler
Bergfürst Banklizenz Bafin Guido Sandler Bergfürst-Mitgründer Guido Sandler

Flexibel sind die Bergfürst-Gründer, wenn es ums Geschäft geht. Guido Sandler und Dennis Bemmann starteten ihr Unternehmen als Crowdinvesting-Plattform. Dann erweiterten sie es um einen Marktplatz für Immobilienfinanzierung und schließlich wurde Bergfürst vor einigen Monaten zur Bank. Der Ausflug ins Banking aber ist nun schon wieder vorbei: Bergfürst hat seine Banklizenz zurückgegeben. Freiwillig, wie CEO Guido Sandler und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) gegenüber Gründerszene bestätigen.

Vergangenen Sommer betonte Sandler noch alle Vorteile einer Lizenz – obwohl diese härtere Auflagen für das Unternehmen mit sich brachte: „Regulierte Wertpapieremissionen und strenge Corporate-Governance-Strukturen bieten unseren Investoren Sicherheit und Zuverlässigkeit“. Außerdem wollte sich Bergfürst mit der Wandlung zur Bank begrifflich von seinem früheren Geschäft, dem Crowdinvesting, abwenden. Denn: Kunden sei die Abgrenzung zum Crowdfunding nicht klar gewesen. Bei ersterem erhalten Investoren Anteile an einem Startup selbst, bei letzterem beispielsweise ein Produkt, dessen Herstellung sie mitfinanziert haben.

Bergfürst nennt sich seitdem „Neo-Investing-Plattform, auf der sich Privatinvestoren an jungen Unternehmen und an einzelnen Immobilien beteiligen können“. Die Beteiligungen sollen anschließend gehandelt werden können. Sandler erklärte das Kunstwort Neo-Investing gegenüber dem Tagesspiegel: Es „bietet denjenigen Unternehmen Raum, die die Vorteile von Banken und schlanken Online-Strukturen vereinen.“ Wenn die Vorteile also auf der Hand lagen, warum will Bergfürst nun doch keine Bank mehr sein?

Sehr viel administrative Mehrarbeit, erklärt Sandler gegenüber Gründerszene. Es bringe den gleichen Nutzen, unter einem Haftungsdach zu operieren – was Bergfürst nun tue. Dabei übernimmt zum Beispiel eine Bank die Haftung für einen nicht entsprechend lizensierten Anlagevermittler. Weiterhin habe die Bafin den Außenauftritt Bergfürsts kontrolliert, sodass man nicht so werblich sein konnte, wie man gerne gewesen wäre. „Natürlich ist die Regulierung richtig“, betont Sandler, der vor Bergfürst bereits zwei weitere Banken gegründet hatte. Sein Unternehmen aber sei deshalb nicht schnell und flexibel genug gewesen. „Wir haben zum Beispiel im September 2013 bei der Bafin wegen einer neuen Produktstruktur angefragt, die wir umsetzen wollten. Bis heute haben wir keine Antwort erhalten“, sagt Sandler. Die Bafin wollte dies gegenüber Gründerszene nicht kommentieren.

Im Umfeld von Bergfürst war allerdings noch von einem anderen Motiv die Rede: Wegen der hohen Kosten für die Prüfungen durch Aufsichtsbehörden sei die Lizenz aufgegeben worden. Dem widerspricht Sandler: Die Kosten seien nicht entscheidend gewesen.

Gleichzeitig zur Aufgabe der Banklizenz wurde auch der Handel umgestellt. Verändert hat sich, dass Bergfürst nun neben prospektpflichtigen Emissionen für Unternehmen und Immobilien in Zukunft auch kleinere, prospektfreie Finanzierungen anbieten will: sogenannte partiarische Darlehen. So könnte man auch für Startups mit einem Kapitalbedarf von unter 1,5 Millionen Euro Finanzierungsmöglichkeiten schaffen. Sandler ließ sich dazu zitieren: „Bislang mussten wir einfach viel zu viele spannende Unternehmen ablehnen, da sie für Wachstumsfinanzierungen von 1,5 Millionen Euro noch zu klein waren. Diese wollen wir unseren Investoren nicht länger vorenthalten. Wir senken die Schwelle und erweitern so unsere Produktpalette.“ Seit der Umstellung mache Bergfürst Tagesumsätze, die zuvor den Umsätzen von drei bis vier Monaten entsprochen hätten, so der CEO.

Fehlende Liquidität als „echter Killer“

Tatsächlich hat das 2011 gegründete Bergfürst bisher nur ein einziges Unternehmen bei sich listen können: den Online-Händler Urbanara. Und das geschah bereits Ende 2013. Ursprünglich hatte Bergfürst angekündigt, der Öffentlichkeit bis zu diesem Zeitpunkt gleich zehn Unternehmen präsentieren zu wollen. Passiert ist dann lange nichts. Im April 2014 sagte Sandler schließlich gegenüber der Börsenzeitung, er habe 700 Unternehmen auf seiner Liste und weitere in der Pipeline. Man sei aber keine Plattform, die „jeden Tag etwas neues auf die Bühne hebt“.

Ein Bergfürst-Investor kritisiert die dadurch fehlende Liquidität als „echten Killer“. Wolfram Stacklies schrieb vergangenen Mai in seinem Blog: „Bergfürst hat es nicht geschafft, weitere Unternehmen für Neuemissionen zu begeistern. Als Resultat sind nur wenige Anleger auf Bergfürst und es findet kaum Handel statt. So versuche ich meine wenigen Anteile bereits seit Wochen (sogar unter dem von Bergfürst angegebenen Kurs) zu verkaufen – leider ohne Erfolg. Und sollte mit Bergfürst die Handelsplattform selbst in Insolvenz gehen, können die Anteile gar nicht mehr verkauft werden. Und so freunde ich mich langsam aber sicher mit dem Gedanken des Totalverlustes an.“

Auf diese Kritik reagierte Bergfürst, das angibt 11.000 Nutzer zu haben, bislang nicht – auch nicht auf eine Twitter-Nachfrage:

Update, 10.45 Uhr: Bergfürst meldet sich per Mail bei Gründerszene: „Wir haben auf den Blog-Beitrag aus dem Mai nicht reagiert, weil wir schlicht keine Kenntnis von ihm hatten. Als der Tweet von Hr. Dörner uns auf ihn aufmerksam gemacht hat, hat Hr. Sandler darauf auch prompt geantwortet. Hier im Anhang sehen Sie den Screenshot dazu.“

Sollte die Aufgabe der Lizenz nun der erhoffte Befreiungsschlag für die Fintech-Firma sein? Oder haben Regulierung und Kosten Bergfürst bereits zu sehr gelähmt, als dass es einen vierten Strategieschwenk verkraften könnte? Sandler jedenfalls will schon sehr bald Neuigkeiten verkünden.

Bild: Bergfürst