Bertelsmann Career

Bertelsmann auf dem Weg zur Digitalisierung

Es ist eine überaus charmante, wenngleich vergleichweise aufwändige Version des Employer-Branding: Bereits zum sechsten Mal lud der Medienkonzern Bertelsmann zum hauseigenen Talentwettbewerb ein. Erstmals allerdings fand „Talent meets Bertelsmann“ dabei mit internationalen Teilnehmern statt – rund ein Drittel der insgesamt 60 Ideenfinder reiste von außerhalb Deutschlands an. Insgesamt 15 Länder waren laut Veranstalter vertreten. Die neue Ausrichtung der Veranstalung, die auch ein – wenngleich deutlich kleineres – chinesisches Pendant hat, dürfte dabei nicht zuletzt der Struktur des Konzerns selbst geschuldet sein: 70 Prozent seines Umsatzes generiert Bertelsmann mittlerweile nicht mehr im Heimatmarkt, sondern in Ländern wie den USA oder Frankreich.

Ebenfalls angelehnt an die Konzernstruktur war die Aufgabenstellung: Unterteilt in die einzelnen Konzernsparten und gleichmäßig in Gruppen aufgespalten hatten die Wettbewerbsteilnehmer zwei Tage lang Zeit, sich in Workshops eine zum Unternehmen und seinen Töchtern passende Lösung samt Geschäftsmodell einfallen zu lassen. Die Bandbreite des rund 100.000 Mitarbeiter beschäftigenden Konzerns ist dabei groß: Vom Verlagshaus Gruner & Jahr und der Sendergruppe RTL über den gerade frisch verschmolzenen Publikumsverlag Penguin Random House und den Outsourcing-Dienstleister Arvato bis hin zur Drucksparte BE Printers und dem Musiklabel BMG reichen die Aktivitäten.

Mit dem VC-Arm Bertelsmann Digital Media Investments (BDMI) hat sich der Konzern längst auch an einer ganzen Reihe von Startups beteiligt. Während sich Konzernchef Thomas Rabe zudem bereits im Silicon Valley von der Startup- und Digital-Szene inspirieren ließ, scheinen Finanzierungsgespräche mit dem Berliner Inkubator Project A Ventures nicht zu einem Abschluss gekommen zu sein. Und auf der Suche nach neuen digitalen Strategien scheint man bei Bertelsmann das Kleinanzeigengeschäft der von der Deutschen Telekom zum Verkauf gestellten Scout24-Gruppe nicht als interessanten Gewinnbringer ausgemacht zu haben.

Alumni-Netzwerk

Immanuel Hermreck, Konzernpersonalchef von Bertelsmann, zeigte sich schon vorab mit den Ergebnissen der vorhergehenden Veranstaltungen überaus zufrieden. So habe man in den vergangenen Jahren mehr als 70 Top-Studenten fest oder für Praktika eingestellt und ein Netzwerk aus über 300 Absolventen geschaffen. Letzteres dürfte dabei nicht ganz unwichtig sein. Sollte einer der früheren Wettbewerbs-Teilnehmer ein gutes Händchen beweisen, hat der Konzern weiterhin Kontakt.

Die Ergebnisse der Workshops wurden zur Abschlussveranstaltung von einer Jury aus der Bertelsmann-Spitze bewertet, zu der neben Konzernchef Thomas Rabe Finanzvorstand Judith Hartmann, Arvato-Vorstandsvorsitzender Achim Berg, Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel, Fernando Carro – CEO der Club- und Direktmarketinggeschäfte – sowie China-CEO Annabelle Long zählen. Gewonnen hat den Wettbewerb übrigens die Gruppe „RTL“ mit einem Konzept, dessen Anwendungsfall aus Nutzersicht durchaus nachvollziehbar ist: Wer lineares – sprich: reguläres Fernsehen schaut, soll per Knopfdruck zum derzeitigen Programm passende Serienfolgen, Dokumentationen oder weitere Filme der einzelnen Schauspieler angeboten bekommen. Auf diese Weise soll traditionelles Fernsehprogramm und Video on Demand verschmelzen.

Ob das Konzept möglicherweise bald umgesetzt wird, wollte man selbstverständlich nicht kommentieren. Neben potenziellen Job-Anwärtern könnte also tatsächlich auch eine gute Geschäftsidee für Bertelsmann bei dem Wettbewerb heraus gekommen sein. Dann hätte sich der nicht besonders geringe Aufwand für die Veranstaltung überaus gelohnt.

Bild: Bertelsmann