Betahaus Köln
Betahaus Köln Leere Arbeitsplätze im Betahaus Köln

Betahaus-Insolvenz in Hamburg

Auch wenn die Lage beim ersten Betahaus in Berlin (www.betahaus.de) derzeit „unverändert gut“ zu sein scheint, wie Teammitglied Maximilian von der Ahé gegenüber Gründerszene versichert, musste der Ableger in Köln bereits schließen, in Hamburg wurde nun Insolvenz angemeldet. Woran aber liegt es, dass das Konzept in Berlin funktioniert, in anderen (deutschen) Städten allerdings nicht? Natürlich dürften äußere Umstände wie Immobilienpreise dabei eine Rolle spielen: Je mehr Miete pro Arbeitsplatz gezahlt werden muss, desto „enger“ wird das Geschäftsmodell, da Startups genau wie Selbstständige – aus beiden setzt sich die Betahaus-Kundschaft zusammen – freilich möglichst günstige Flächen suchen. Hier bietet Berlin einen klaren Vorteil.

Wesentliche Gründe dürften aber auch die in Köln und Hamburg im Vergleich zu Berlin schlichtweg geringere Zahl an Startups und die größere Attraktivität der Hauptstadt für internationale Interessenten sein. Auch wenn das engagierten Rheinländern oder Hanseaten nicht gefallen mag: Betrachtet man nüchtern die Zahlen, so hat Berlin schlichtweg mehr „Laufkundschaft“ für Coworking-Spaces. Damit wird es für die Anbieter einfacher, Leerstandszeiten zu reduzieren.

Mehr potenzielle Kundschaft, mehr Geschäft

Entsprechend kann in Berlin aber auch mit größeren Flächen gearbeitet werden, womit sich – und das ist die Crux – auch das Angebot an weiteren Ertragsbringern wie etwa einem Café, Workshops oder im Bildungssegment deutlich erweitern lässt. Insbesondere Events lassen sich bei einer größeren Zielkundschaft deutlich besser organisieren – und gewinnbringend verkaufen. Dazu gehört auch, die Marke sorgfältig zu etablieren, was alleine eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Dass die Anzahl vorhandener Events, die alle natürlich auch einen Veranstaltungsort benötigen, in der Hauptstadt deutlich größer ist als andernorts, steht wohl außer Frage – von Launch-Parties über Vortragsreihen bis hin zu Networking-Events. Solche Geldquellen sind für Coworking-Spaces unerlässlich. Mit der Vermietung von Arbeitsplätzen allein jedenfalls wird sich kein Coworking-Space wirtschaftlich betreiben lassen.

Die Mieten für die Arbeitsplätze zu erhöhen, kann angesichts der Notwendigkeit zum Sparen auf Seiten der Startups nicht zweckmäßig sein. Stattdessen gilt es, Skaleneffekte zu nutzen, um die Preise möglichst niedrig zu halten. Die Preislisten der verschiedenen Betahaus-Standorte zeigen, dass das (räumlich insgesamt größere) Angebot in Berlin deutlich kostengünstiger gehalten werden konnte: Kostet etwa ein „Zwölfer Flex“-Ticket in Hamburg 139 Euro und in Köln 119 Euro, ist das entsprechende Angebot in Berlin bereits für 79 Euro zu haben. Beim Fix Desk, also einem festen Vollzeit-Arbeitsplatz, wird der Unterschied ebenso deutlich: 349 Euro werden in Hamburg monatlich fällig, 279 Euro in Köln und 229 Euro in Berlin.

Kritisch für das Geschäftsmodell der Coworking-Spaces ist es, auch kurzfristige Ertragstiefs und andere „Sondersituationen“ überwinden zu können. Auch hier zeigt sich, dass in Köln und Hamburg das Verhältnis von Mietkosten, Wettbewerbern und Startups nicht besonders günstig ist. Wird selbst in guten Zeiten zu wenig Gewinn erwirtschaftet, sind keine Reserven für kritische Momente vorhanden. Von Saison-bedingten „Löchern“ einmal abgesehen hat etwa in Köln ganz konkret die notwendig gewordene Sanierung des Cafés eine (finanziell) nicht zu schulternde Belastung dargestellt.

Ab 1.500 Quadratmeter Fläche realistisch

Überdies mag in Köln und Hamburg sogar etwas vom so oft gescholtenen Berliner Hype fehlen. Weniger Publicity macht auch Firmenkooperationen schwieriger, durch die sich die knappen Betahaus-Konten hätten auffüllen lassen. In Berlin etwa konnte man den Springer-Accelerator Plug & Play als Partner gewinnen. Ab 1.500 Quadratmeter nutzbarer Fläche kann Coworking funktionieren, schreibt das Betahaus nun in seinem aktuellen Blogeintrag als große Lehre aus den Missständen der beiden kleineren Ableger. In Köln standen gerade einmal 500 Quadratmeter zur Verfügung, in der Hauptstadt sind es 2.500. Auch die Kontrolle über die Immobilie ist dabei wichtig – wenn die Abhängigkeit vom Vermieter zu groß wird, steigt der Druck schnell.

All dies soll keinesfalls heißen, dass das als Konzept überaus charmante Coworking außerhalb Berlins nicht funktionieren kann oder sogar nicht gebraucht werde, ganz im Gegenteil. In Städten mit etwas weitläufigen Startup-Szenen sind sie wichtige „Treffpunkte“. Aber eine kritische Masse zu erreichen, ist für die Anbieter überaus wichtig. Nicht ohne Grund sind die Betahaus-Angebote in Zürich oder Lissabon trotz entsprechender Vorbereitungen letztendlich nie gestartet.

Reines Coworking-Angebot ist nicht realistisch

Neben dem Betahaus, das sich sicherlich als Trendsetter bei Coworking-Angeboten sehen darf, gibt es von Letzteren in den deutschen Startup-Zentren zum Glück genug. Oftmals sind diese, wie etwa der Startplatz in Köln (www.startplatz.de), angekoppelt an weiterreichende Angebote, bis hin zu Investoren, Inkubatoren oder auch Corporates – samt mehr (Start-)Kapital, um von Beginn an eine größere Fläche und weitere Angebote bereit zu halten.

Dabei wird umso deutlicher, dass Coworking als Geschäftsmodell aufgrund der geringen Gewinnspanne bei der Vermietung selbst kein tragbares Geschäftsmodell sein kann. Schon gar nicht wird es funktionieren, andere (Event-) Modelle mit Coworking quer subventionieren zu wollen. Ähnliches hatte das Berliner Haus Ungarn versucht – was die Veranstaltungslocation allerdings nicht vor dem Aus bewahrte. Wie gut es die verschiedenen Anbieter verstehen, ihre Monetarisierung durch zusätzliche Einnahmequellen zu stützen, wird gerade bei wachsendem Wettbewerb über die Zukunft des Modells entscheiden.

Bild: Patrick Steller