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bmw_autonom Mit bis 70 Stundenkilometern sollen selbstfahrende Fahrzeuge durch München geistern.

Eine Kreuzung in der Innenstadt ist eine ziemlich unübersichtliche Angelegenheit: Fußgänger, Radfahrer, der Paketlieferwagen, der eine Spur blockiert. Ständig muss man darauf gefasst sein, dass irgendetwas passiert, mit dem man eigentlich nicht gerechnet hat.

Bleibt der Fußgänger an der roten Ampel stehen? Oder läuft er einfach auf die Fahrbahn, weil er gerade mit seinem Handy beschäftigt ist? Ein menschlicher Fahrer sucht in solchen Situationen den Blickkontakt mit dem Passanten.

Aber wie soll ein selbstfahrendes Auto damit umgehen? Autonome Fahrzeuge haben es in Städten viel schwerer als auf Autobahnen, wo sie bereits seit einiger Zeit getestet werden. Doch schon in wenigen Jahren sollen die ersten selbstfahrenden Fahrzeuge marktreif sein, dann müssen sie auch den Stadtverkehr beherrschen.

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BMW will deshalb auch in deutschen Städten die ersten autonomen Testfahrzeuge losschicken. „2017 werden wir real in München fahren“, kündigt Klaus Büttner an, der beim Münchner Autobauer die Entwicklung des autonomen Fahrens leitet.

Test-BMW sind bis zu 70 Stundenkilometer schnell

Allerdings müssen sich die Münchner zumindest in nächster Zeit noch nicht darauf einstellen, dass neben ihnen ein BMW mit leerem Fahrersitz an der Ampel steht. Auch bei den autonomen Testfahrzeugen wird ein Fahrer an Bord sein, allerdings wird er nur im Notfall eingreifen.

Im Gegensatz zu den autonomen Google-Autos, die in kalifornischen Städten unterwegs sind, sollen die Test-BMW nicht durch besonders langsames Fahren auffallen. Sie werden sich mit bis zu 70 Stundenkilometern durch den Münchner Verkehr bewegen, kündigt Büttner an. Schließlich sollen sie auch auf dem Mittleren Ring, der Münchner Schnellstraße, nicht auffallen. Dort sind zwar maximal 60 Stundenkilometer erlaubt, viele menschliche Autofahrer sind aber auch schneller.

Bislang sei man mit den selbstfahrenden Testautos vor allem im Münchner Norden auf Autobahnen unterwegs, heißt es bei BMW. Nun wolle man sich in den nächsten Monaten in die Innenstadt vorwagen.

Audi testet in Ingolstadt

Auch andere Hersteller haben angekündigt, ihre autonome Technik schon bald in deutschen Städten zu erproben. Audi beispielsweise will auf einer innerstädtischen Teststrecke in Ingolstadt selbstfahrende Autos einsetzen.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte im Sommer dieses Jahres insgesamt sechs deutsche Städte zu sogenannten Testfeldern für das autonome Fahren erklärt. Neben der BMW-Stadt München können die selbstfahrenden Autos auch in Ingolstadt, dem Hauptsitz von Audi, Braunschweig, wo Volkswagen stark vertreten ist, Hamburg, Dresden und Düsseldorf erprobt werden.

Dass die meisten Städte auch Standorte großer deutscher Autokonzerne sind, dürfte kein Zufall sein. Lediglich Stuttgart fehlt in der Reihe der autonomen Test-Städte, obwohl dort Daimler und Porsche beheimatet sind.

Bei der Stadtverwaltung von München hat man von dem BMW-Projekt, das bereits in den nächsten Monaten starten soll, allerdings noch nichts gehört. Bei der Ordnungsbehörde, dem Kreisverwaltungsreferat (KVR), heißt es: „Anfragen für Genehmigungen zu Testfahrten haben wir als KVR bislang nicht erhalten.“ Eine Anfrage der Welt beim Referat für Arbeit und Wirtschaft blieb am Freitag unbeantwortet.

Sensoren erkennen Kopfbewegungen der Passanten

Allerdings braucht BMW die Unterstützung der Stadt für die Testfahrten gar nicht. Zusätzliche Infrastruktur sei nicht notwendig, sagt Klaus Büttner. Technisch könnten die Fahrzeuge schon heute „stundenlang“ autonom fahren. Was neben verbindlichen staatlichen Regeln für den Einsatz der fahrerlosen Autos noch fehlt, sind vor allem Erfahrung und Testkilometer.

Es gehe bei den Probefahrten in der Stadt vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln und das Verhalten der Autos in außergewöhnlichen Situationen zu testen, sagt Büttner. Zum Beispiel, wenn ein Fußgänger am Straßenrand steht und kein Fahrer an Bord ist, um den Blickkontakt zu suchen.

Bei BMW soll auch diese Aufgabe künftig der Computer übernehmen. Die Münchner arbeiten daran, dass die Sensoren die Kopfbewegung des Passanten erkennen und analysieren. Auch dieses System soll nun in München unter realen Bedingungen getestet werden.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images / CHRISTOF STACHE / Freier Fotograf