Bonativo-Geschäftsführer Christian Eggert

Bonativo will regionale Produzenten unterstützen

Wie schon seit einigen Tagen bekannt ist, macht Rocket Internet jetzt auf Bio. Am heutigen Dienstag startet der Berliner Company Builder, der bisher nicht für Regionalität und Nachhaltigkeit bekannt war, einen „Wochenmarkt im Internet“. Bonativo bietet zum Launch rund 400 regionale und biologische Produkte von 30 Produzenten aus der Region Berlin-Brandenburg an.

Bei der Bestellung können die Kunden einsehen, wo die Produkte hergestellt werden und welcher Landwirt, Imker oder Metzger dahinter steckt. Um Lagerkosten zu umgehen und die frische Ware schnell zum Kunden zu bringen, sammelt Bonativo zunächst alle Bestellungen der Kunden ein und gibt diese dann an die Produzenten weiter. Anschließend bringen die Produzenten ihre Ware selbst zu Bonativo oder die Rocket-Mitarbeiter holen die Lebensmittel bei den Herstellern ab. Im Büro von Bonativo wird die Bestellung noch am selben Tag verpackt und an die Kunden geliefert.

So sollen die Lebensmittel 48 Stunden nach der Bestellung beim Kunden sein, verspricht Bonativo. Mindestbestellwert ist 30 Euro plus Versandgebühren von maximal fünf Euro. Die Verkaufspreise bestimmen die Händler selbst, die Margen für Bonativo variieren damit. Weil Bonativo keine Kosten für stationäre Läden oder einen Zwischenhändler ausgibt, sollen die Produkte billiger als beispielsweise in Bio-Supermärkten verkauft werden, wirbt das Startup. Wettwerber wie Regionalmarkt aus München, an deren Homepage sich Bonativo offenbar stark orientiert hat, oder verschiedene Biokisten-Lieferdienste wie Märkische Kiste oder Dein Biogarten aus Berlin bieten bereits einen ähnlichen Service.

Im Interview spricht Bonativo-Geschäftsführer Christian Eggert über die Skalierung, die Auswahl der Produzenten und die Vorbilder von Bonativo.

Christian, die Globalisierungsmaschine Rocket Internet will nun mit Bonativo regionale und nachhaltige Lebensmittel verkaufen. Wie passt das zusammen?

Ich glaube nicht, dass sich das ausschließt. Es gibt im Online-Lebensmittelhandel bisher nur sehr wenige Angebote, bei denen der Kunde genau weiß, woher die Lebensmittel eigentlich kommen und ob er unabhängig vom Bio-Siegel gutes Essen bekommt. Insofern schafft unser Modell eine Win-win-Situation, weil die Kunden günstig regionale Produkte bekommen und die Produzenten einen weiteren Absatzkanal gewinnen.

Sind einige Bio-Händler nicht zu idealistisch, um mit einem Rocket-Startup zusammenzuarbeiten?

Bisher war das kein Problem. Aber wir thematisieren auch gar nicht so sehr, dass wir zu Rocket gehören, weil viele Produzenten das Unternehmen gar nicht kennen und es sie nur verwirren würde. Generell ist das Gegenteil der Fall: Die meisten Produzenten, die wir ansprechen, fühlen sich geehrt. Schließlich haben die meisten gar keinen Onlineshop und sind froh, wenn das jemand für sie übernimmt. Viele unserer Mitarbeiter sind zudem auf dem Bauernhof groß geworden und können deswegen gut mit den Produzenten umgehen.

Nach welchen Kriterien wählt Ihr die Produzenten aus?

Am wichtigsten ist es, dass hinter den guten Produkten auch Gesichter und eine interessierte Geschichte stehen. Wir haben jetzt keine harte Kriterienliste wie Stiftung Warentest, aber nachhaltige Produktion oder eine faire Bezahlung sind uns bei unseren Partnern wichtig. Aber natürlich können wir das alles nicht immer im Detail kontrollieren.

Ist das Modell überhaupt skalierbar? Schließlich können nicht alle regionalen Produzenten, beispielsweise Biohöfe, auf Ansage ihre Produktion erhöhen.

Natürlich können wir die Produktion unserer Produzenten nicht auf Knopfdruck vervielfachen. Aber wir versuchen, gut mit ihnen gemeinsam zu planen und so der Nachfrage gerecht zu werden.

Wie schnell wollt Ihr in andere Städte expandieren?

Zurzeit ist unser Fokus noch Berlin. Erst einmal wollen wir hier schauen, wie gut die Zusammenarbeit mit den Landwirten funktioniert. Natürlich bietet sich dann die Expansion in andere deutsche Großstädte oder in Städte im europäischen Umland an, aber Genaueres wissen wir da noch nicht.

Nach HelloFresh und Shopwings startet nun Bonativo. Wieso setzt Rocket plötzlich so stark auf die Lieferung von Lebensmitteln?

Der Prozentsatz von Lebensmitteln, die online gekauft werden, ist in Deutschland bisher sehr gering. Gerade bei regionalen Produkten ist der Online-Verkauf aber sinnvoll, weil im Internet viel transparenter gezeigt werden kann, woher die Lebensmittel wirklich kommen. Natürlich fehlt online der Charme eines persönlichen Kennenlernens mit einem Händler auf dem Wochenmarkt, deswegen versuchen wir die Produzenten besonders gut in einem eigenen Blog zu porträtieren.

Arbeitet Ihr eng mit anderen Rocket-Startups, beispielsweise HelloFresh, zusammen?

Wir können natürlich immer bei den anderen Startups nachfragen, wenn wir Hilfe brauchen, aber es gibt keine systematische Zusammenarbeit. Ohnehin arbeiten bei wir Bonativo sehr eigenständig – schon in den kommenden Tagen ziehen wir in unser eigenes Büro außerhalb der Rocket-Zentrale.

Es heißt, das US-Startup Good Eggs sei Vorbild für Bonativo gewesen. Stimmt das?

Die Idee gab es schon tausendmal und ist nicht neu – ich habe mir ein ähnliches Konzept sogar schon in meiner Schulzeit angeschaut. Aber es gibt derzeit einige US-Firmen, die mit so einer Idee relativ erfolgreich sind. Interessant ist aber, dass alle Unternehmen sehr lokal agieren. Deswegen wollen auch wir erst einmal in Berlin den lokalen Handel gut verstehen, bevor wir weiter expandieren.

Wenn Du die Idee schon in der Schulzeit hattest, bist Du also auf Rocket Internet zugegangen?

Rocket guckt sich permanent neue Ideen an. Schlussendlich fanden beide Seiten die Idee toll. Aber weder wollte ich Rocket von der Idee überzeugen, noch hat Rocket mich überreden müssen. Das hat sich einfach so ergeben.

Aber Du hast doch erst im letzten Jahr dein eigenes Startup Minodes gegründet. Was ist damit?

Das läuft immer noch, ich arbeite auch noch ab und zu in der Produktstrategie mit. Aber eben nicht mehr Vollzeit. Das Team, das wir aufgebaut haben, kann auch sehr gut eigenständig arbeiten.

Und warum bist Du ausgestiegen?

Weil ich das Thema von Bonativo einfach toll fand.

Vielen Dank für das Gespräch, Christian.

Bild: Hannah Loeffler / Gründerszene