Constantin Eis und der Casper-Gründer Philip Krim

Philip Krim ist Matratzenhändler. Aber ein cooler Matratzenhändler. Wer etwas von sich hält, erzählt seinen Freunden stolz davon, wenn er bei Krim eingekauft hat. Das muss man erst mal schaffen. Denn bisher war die Matratze ein Gegenstand, der in jedem Haushalt vorhanden war, aber über den man nicht sprach. Definitiv zu uninteressant.

Das Geschäft von Philip Krim heißt Casper. Es funktioniert nur online, nur über Casper.com. Mit seinen vier Mitgründern Neil Parikh, Luke Sherwin, Jeff Chapin und Gabriel Flateman verfolgt Krim eine Mission: Eine einzige Matratze entwickeln, die allen gefällt und auf der jeder gut schlafen kann. Dabei ist die Auswahl der passenden Matratze ist bisher eine Wissenschaft für sich. Ein üblicher Händler bietet Kunden zahlreiche Modelle in verschiedenen Größen, Höhen, Härten und Materialien an.

Caspers Philosophie ist, dass diese große Auswahl überflüssig ist – und dass Schlaf für Menschen wichtiger wird. „Menschen schätzen guten Schlaf heute viel mehr. Sie wissen, dass er sie produktiver, sportlicher und einfach glücklicher macht“, erzählt Krim, als wir ihn in Berlin treffen. „Deswegen investieren sie gerne in ihren Schlaf und damit auch in die guten Produkte, die es dafür benötigt. Guter Schlaf wird ein so großer Trend werden wie Fitness oder gesundes Essen.“

Leonardo DiCaprio als Investor

Solche Sätze sind typisch für den Casper-Gründer. Er spricht lieber über eine ganze Bewegung für besseren Schlaf als über sein eigenes Produkt. Schließlich wird auch sein Unternehmen profitieren, wenn Schlaf zum heißesten Thema auf Partys wird.

Dass diese Kommunikation Kunden überzeugt, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Schon im ersten Monat nach dem Start setzte Casper eine Million US-Dollar um, in den ersten zehn Monaten waren es 20 Millionen US-Dollar. Im vergangenen Geschäftsjahr lag der Umsatz dann bei insgesamt 100 Millionen US-Dollar. Neben der Matratze hat Casper mittlerweile Bettbezüge und Kissen im Sortiment. 170 Mitarbeiter kümmern sich weltweit um das Geschäft.

Für Investoren ist das Modell attraktiv: Matratzen gelten als Produkte mit besonders hohen Margen. Rund 70 Millionen US-Dollar haben sie schon in Casper gepumpt, unter ihnen sind Promis wie Leonardo DiCaprio.

Gutes Marketing ist alles

Der Matratzen-Markt ist derzeit hart umkämpft. Tuft & Needle, Leesa und Saatva heißen die engsten Konkurrenten in den USA. Die gesamte Liste ist deutlich länger – häufig ist die Matratze der Wettbewerber allerdings günstiger als Caspers Produkt. Auf die Frage, warum viele Kunden sich dennoch für Casper entscheiden, antwortet Philip Krim: „Unser Produkt ist einfach genial. Mein Mitgründer Jeff ist ein brillanter Industriedesigner. Eine so gute Matratze hat nie jemand vor uns designed.“

Experten aber äußern sich nicht immer positiv zu der Idee von Casper. Dass es verschiedene Matratzen-Modelle gebe, erfülle auch seinen Zweck, sagen sie. Caspers Konkurrenten stellen auf ihren Seiten ähnliche Behauptungen wie der Vorreiter auf.

Womit hebt Casper sich also wirklich ab? Gut durchdachtes und sehr aufwendiges Brandmarketing. Die blau-weiß gestreifte Box, in der die Matratze verschickt wird, sieht so hip aus, dass Promis wie Kylie Jenner auf Instagram dafür werben. Zahlreiche Merchandise-Produkte wie Socken, Trinkflaschen, Servietten, ebenfalls in blau-weiß, sollen Kunden an die Marke binden. Ein sogenanntes „Napmobil“ von Casper fährt durch die USA und Kanada. Menschen können sich für einen Mittagsschlaf in eine Schlafkabine legen und so gleich die Matratze testen. Das hauseigene Magazin Van Winkels versorgt die Kundschaft mit Lifestyle- und Schlaf-Themen.

so much work to still be done! IM SO EXCITED. The first thing I’m gonna open are my new @casper mattresses

Ein von King Kylie (@kyliejenner) gepostetes Foto am

„Wir wollen eine lebenslange Beziehung mit unseren Kunden aufbauen. Das haben viele anfangs nicht verstanden“, so Philip Krim im Interview. „Deswegen ist es gar nicht wichtig, dass sie alle paar Jahre eine neue Matratze kaufen. Sie müssen nur an Casper denken, wenn sie mal wieder ein Matratze brauchen – oder wenn ihre Freunde eine benötigen.“ Neue Casper-Produkte wie Kissen oder Laken, die häufiger ausgetauscht werden als eine Matratze, halten den Kunden in Kauflaune. Auf Instagram, Facebook oder Pinterest liegt Casper in Sachen Fans deutlich vor der Konkurrenz.

Nike und Apple als Vorbilder

Bisher konnten nur US-Amerikaner und Kanadier bei Casper bestellen. Seit Anfang Juli gibt es eine deutsche Seite, das Team dafür arbeitet seit vergangener Woche in Berlin. Bis Ende des Jahres soll es 50 Mitarbeiter haben. Parallel wird ein zehnköpfiges Team in London aufgebaut. Geführt wird das europäische Team von Ex-Home24-Vorstand Constantin Eis, der die Casper-Gründer über gemeinsame Freunde in New York kennenlernte. Als Global Managing Director, wie sein offizieller Titel lautet, soll er künftig die Expansion in weitere Kontinente vorantreiben. Neben Europa stehen Asien und Südamerika stehen auf dem Plan.

Auf seinen alten Arbeitgeber angesprochen, reagiert Eis nüchtern. „Home24 und Casper sind für mich nicht vergleichbar. Casper ist eher ein Apple, es designed und entwickelt Produkte. Home24 ist ein Händler wie Amazon“, sagt er auf die Frage, warum er von Home24 zu Casper gegangen ist. „Ich habe genauso wie Philip erkannt, dass das Leben mit gutem Schlaf besser ist und dass man daraus viel machen kann. Deswegen möchte ich helfen, Casper global groß zu machen.“ Die Matratzen, die in Deutschland verkauft werden, würden auch hierzulande produziert, erzählt Eis. Das Marketing werde in Teilen angepasst, Casper bleibe aber eine „globale Brand“.

Nicht nur Eis vergleicht Casper mit Apple, auch Gründer Krim orientiert sich an den ganz Großen. Er nennt Apple und Nike als seine Vorbilder. „Die Kunden lieben ihre Produkte und sie lieben es, darüber zu sprechen. Dahin wollen wir auch.“

Ein cooler Matratzenhändler braucht eben coole Vorbilder.

Bild: Hannah Loeffler / Gründerszene