„Ach schauen Sie mal da, der Kollege von der SPD!“

Scheitern ist in Deutschland verpönt, das wird immer wieder deutlich. Vergangene Woche im nordrhein-westfälischen Landtag zum Beispiel. Bei einer Rede des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner zum Thema Gründungsgeist und Unternehmenskultur ruft ein SPD-Abgeordneter hämisch dazwischen: Lindner habe ja wohl „Erfahrung damit“. Er spielt damit auf dessen Fehlschlag als Unternehmensgründer an: Während der New-Economy-Blase Anfang der 2000er hatte Lindner ein Startup für Avatare gegründet, das zwei Millionen Euro VC-Kapital einsammelt und nach 18 Monaten insolvent war.

Der Zwischenruf setzt den liberalen Parteichef in Gang. „Ach schauen Sie mal da, der Kollege von der SPD!“ Was folgt, ist eine Wutrede gegen das Brandmarken gescheiterter Unternehmensgründer. Lindner legt los: Eine solche Einstellung sei einer der Gründe, warum viele junge Menschen vor der Selbstständigkeit scheuten – und lieber in den öffentlichen Dienst gingen.

„Weil man nämlich, wenn man Erfolg hat, ins Visier der sozialdemokratischen Umverteiler gerät, und wenn man scheitert, ist man sich Spott und Häme sicher“, poltert Lindner.

Das Verhältnis der Liberalen zur Startup-Szene ist nicht immer ganz eindeutig gewesen. Lindner selbst hatte sich zuletzt beim traditionellen Dreikönigstreffen allerdings in die Fußstapfen seines Amtsvorgängers Philipp Rösler begeben und sich an die Startupszene und die junge, digitale Wirtschaft in Deutschland angeschmiegt. Der FDP-Chef meint erkannt zu haben, dass hier eine neue Zielgruppe heranwächst, die traditionellen liberalen Werten nahestehen könnte.

In seiner Wutrede macht sich Lindner gleich weiter Luft: „Aber welchen Eindruck macht so ein dümmlicher Zwischenruf wie Ihrer auf gründungswillige junge Menschen? Was ist das für ein Eindruck?“

Lindner ballt die Fäuste. Und atmet tief durch. „So, das hat Spaß gemacht!“ Und für viele einen wichtigen Punkt getroffen:

 

Lindners Wutrede in sehenswerten zwei Minuten und 46 Sekunden hat die Welt festgehalten:

Bild: FDP