Das Civey-Gründerteam auf dem Dach des Büros in Berlin-Kreuzberg: Michael Vogel, Janina Mütze, Sven Hauser und Gerrit Richter (v.l.).

Wie viele Deutsche würden eigentlich Donald Trump wählen? So leicht lässt sich darauf keine präzise Antwort finden. Ein Berliner Startup will das ändern und es jedem ermöglichen, online Fragen an Nutzer zu stellen und so verlässliche und repräsentative Antworten zu bekommen. Für die weitere Entwicklung seines Produkts hat Civey nun 1,2 Millionen Euro von der Investitionsbank Berlin (IBB) bekommen.

Im September hatte die IBB bereits eine halbe Million Euro in das Startup investiert, das heute 16 Mitarbeiter beschäftigt. Zunächst ging es für die Gründer Gerrit Richter, Sven Hauser, Oliver Serfling – Professor an der Hochschule Rhein-Waal – und Janina Mütze vor allem darum, zu testen, ob ihre Idee überhaupt machbar ist. Im Sommer soll nun die Open Beta starten.

Die Umfragen von Civey funktionieren so: Jedes Onlinemedium kann ein Widget, also ein kleines Fenster, in seine Webseite einbetten. Darin steht eine Frage an die Nutzer. Neben der Antwort sollen sie Alter, Geschlecht und Wohnort angeben. Im Hintergrund wertet eine Software die Antworten aus – je mehr es gibt, umso besser ist die Qualität einer Umfrage. Civey zeigt den Seitenbetreibern in Echtzeit, wie belastbar die Ergebnisse sind. Der statistische Fehler gibt an, wie weit eine Umfrage davon entfernt ist, repräsentativ zu sein.

Dass die Dateneingabe Nutzer von der Teilnahme abschrecken könnte, ist CEO Gerrit Richter bewusst. „Wir setzen darauf, dass Leute, die Meinungsforschung und deren Ergebnis interessiert, trotzdem mitmachen.“ Alle Teilnehmer blieben anonym, Datenhandel werde es ebenfalls nicht geben. „Repräsentative Umfragen von großen Instituten können sich nur wenige leisten. Die Call-Center sind teuer, zum Teil werden Leute für ihre Teilnahme bezahlt. Das wollen wir ändern“, so der Gründer. Ganz ohne Daten ginge das natürlich nicht, in späteren Versionen will er die Abfrage persönlicher Infos überwinden.

Fragen zu stellen und Ergebnisse anzusehen soll für alle kostenlos sein. Geld verdienen will Civey mit einer Datenbank. Die Recherche darin soll kostenpflichtig werden – aber zu bezahlbaren Preisen möglich sein, sagt Richter.

Die Datenbank soll auch dabei helfen, die Ergebnisse der Umfragen verlässlicher zu machen. Stellt beispielsweise Gründerszene eine Frage an seine Leser, ist die Zielgruppe recht speziell und bildet nicht den Bundesdurchschnitt ab. Die Antworten werden also gewichtet. In der Datenbank sucht das Programm außerdem nach Korrelationen – also Umfragen, bei denen ähnliche Nutzer ähnlich abgestimmt haben, um die Gewichtung zu verbessern. Weiter können sich Medien mit anderen Webseiten zusammenschließen, um mit ihren Fragen neue Nutzergruppen zu erreichen und so die Qualität der Daten zu erhöhen.

In dem Bereich Meinungs- und Marktforschung bewegen sich derzeit einige Startups, mit denen Civey konkurriert. Das Berliner Unternehmen Opinary beispielsweise ermöglicht Medien ebenfalls, ihre Nutzer online zu befragen und arbeitet nach eigenen Angaben mit Spiegel Online zusammen. Kein direkter Wettbewerber, aber auch in der Branche unterwegs sind Gründer Ulrich Katterbach mit seiner Marktforschungs-App Timezapp und Jonathan Kurfess mit Appinio. Seit 1999 gibt es in den USA bereits das Online-Umfrage-Tool Surveymonkey.

Bild: Civey