Crowdfunding und Crowdinvesting sind mittlerweile gängige Finanzierungsmethoden für deutsche Startups geworden: Gründer und sogar junge Wachstumsunternehmen nutzen zunehmend Crowdfunding-Plattformen, um sich von Schwarminvestoren finanzieren zu lassen.

Auf manchen Plattformen wie Startnext, Kickstarter oder Indiegogo ist das Prinzip einfach: Die Unterstützer eines Projekts erhalten als Erste das Produkt, das sie mitfinanziert haben – oder auch ein Dankeschön für ihren Beitrag in Form kleiner Geschenke oder Gutscheine. Die Summe, die so zusammenkommt, steht den Initiatoren der Kampagne frei zur Verfügung.

Andere Plattformen funktionieren nach einem Anleger-Prinzip: Die Investoren erhalten eine stille Beteiligung am Unternehmen oder gewinnabhängige Zinsen für den investierten Betrag. Wer in ein Unternehmen über eine Plattform wie Innovestment, Bergfürst, Companisto oder Seedmatch investiert, spendet sein Geld also nicht einfach für einen guten Zweck oder eine tolle Idee, sondern ist in der Regel daran interessiert, von der Investition in eine gute Idee auch selbst zu profitieren.

Doch es geht nicht immer gut: Wie Gründerszene erst kürzlich berichtete, scheiterte das mit 13 Millionen Dollar Crowd-finanzierte Projekt für eine Designer-Kühlbox. Das Beispiel verdeutlicht, wie risikoreich Startup-Investments sind: Wirtschaftet das unterstützte Unternehmen nicht gut oder muss anders verursachte Niederlagen hinnehmen, kann das leicht einen Totalverlust zufolge haben.

Die Plattform Companisto geht deshalb jetzt neue Wege: Mit dem so genannten Crowd-Voting haben Investoren ab sofort mehr Mitspracherecht. Denn nach der Finanzierungsrunde behält die Plattform ein Drittel des Betrages auf einem Treuhandkonto, nur zwei Drittel werden direkt ausgezahlt. Sechs Monate nach der Finanzierung haben die Investoren die Möglichkeit, das letzte Drittel auszuzahlen – oder das Geld zurück zu bekommen.

Das funktioniert mit einer Abstimmung: Die Stimmen der Geldgeber werden nach der Höhe ihrer Anteile gewichtet, für den Ausgang der Abstimmung genügt eine einfache Mehrheit. Das Startup kann beantragen, dass dieses Verfahren schon früher als nach einem halben Jahr stattfindet.

Fast zwölf Millionen Euro haben Privatpersonen im letzten Jahr auf Companisto investiert. Im Durchschnitt bekommt jedes Unternehmen 660.000 Euro. Auch die 360° Wurf-Kamera von Panono wurde hier mit über 1,5 Millionen Euro startfinanziert. In den drei Jahren seit es Companisto gibt, haben insgesamt fünf von 38 finanzierten Startups Insolvenz angemeldet. Das sind 5,57 Prozent des Gesamtkapitals, das bisher über die Plattform investiert wurde.

Das Crowd-Voting soll nun einen Sicherheitsmechanismus bieten. Es wird ab sofort mit dem Start der Kampagne für das Heidelberger IT-Startup ameria auf Companisto eingeführt. „Wir finanzieren nicht nur gemeinsam mit der Crowd innovative Startups und Wachstumsunternehmen, sondern wollen auch gemeinsam mit der Crowd Crowdinvesting weiterentwickeln und als Marktführer weiterhin Standards setzen“, so der Geschäftsführer von Companisto, Tamo Zwinge. Das Crowd-Voting sei im Dialog mit den Investoren – 50.000 sind derzeit auf der Plattform registriert – entstanden.

Die Konkurrenz sieht die neue Option derweil mit Skepsis. Man täusche den Investoren vor, Mitbestimmungsrecht zu haben, wo in Wirklichkeit kaum welches sei, so ein Vertreter von Seedmatch auf Nachfrage von Gründerszene und verweist auf die Kritik, wie sie auch im Crowdinvesting Forum zu lesen ist.

Seedmatch versucht, mit einem Venture-Debt-Programm risikoscheuere Geldgeber anzulocken. Für die Investition gibt einen festen Zinssatz von acht Prozent plus Bonuszinsen. Das gilt aber nur für Wachstumsunternehmen, die die Startphase bereits hinter sich haben und deren Risiko zu scheitern gering ist. Ein Crowd-Voting wie Companisto will Seedmatch nicht einführen.

Die Meinung der Crowd zum Voting bei Companisto ist zwiegespalten. Viele der Crowd-Investoren im Crowdinvesting Forum sehen die Neuerung als Schritt in die richtige Richtung.

„Ein Schritt in die richtige Richtung ist es schon. Acht Monate lang (mit Kampange) ein Lügenkonstrukt aufrecht zu erhalten ist zwar nicht unmöglich, aber schwieriger als die normalen zwei Monate. Und die Crowd muss dann hart sein, und die Firma an ihren eigenen „Prognosen“ messen.“ (Dieter am 1.3.2016 um 12:50 Uhr)

Die meisten Stimmen kritisieren jedoch, dass die Umsetzung eines Sicherheitsmechanismus mit dem Voting nicht weit genug gehe.

„Was mich zum Beispiel viel mehr gefreut hätte, wäre eine zwingende Abgabe von Berichten in einem engen zeitlichen Rahmen, ansonsten werden feste Strafen.“ (z. B. extra Zinsen für die Beteiligten) fällig. (Swordspirit am 1.3.2016 um 14:35 Uhr)

„Das ,Sicherheitsnetz‘ ist aus meiner Sicht ein Marketing-Gag. Für ernsthafte Venture-Investoren ist das witzlos, weil es kaum einen Unterschied macht, ob man ein Drittel seines Geldes wieder zurück bekommt. Für die Startups ist dagegen das halbe Jahr nicht annähernd ausreichend, um sich zu beweisen.“ (Stefan123 am 1.3.2016 um 15:14 Uhr)

„Für mich stellt die ,Verbesserung‘ keinen richtigen Mehrwert dar. Nice To Have – mehr aber auch nicht… Es verschiebt die schlechte Kommunikation um sechs Monate.“ (Milau am 1.3.2016 um 11:35)

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