Es könnte so einfach sein…

Geht es um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder eine Datenschutzerklärung für einen Webshop, vertrauen Startups gerne auf Mustervorlagen aus dem Internet. Nach dem Prinzip „Wenn es andere machen, wird es schon passen“ laden sie Textbausteine herunter, fügen den erforderlich Urheberverweis an und vermeintlich fertig ist der rechtliche Rahmen für den Webshop.

Copy and paste in wenigen Sekunden und dazu noch Rechtsanwaltskosten gespart. Es könnte so einfach sein…

…ist es aber nicht.

Denn wenn es tatsächlich so einfach und bequem ist, einen Webshop rechtssicher zu gestalten, warum werden dann nach wie vor viele Webshop-Betreiber abgemahnt? Weil es bei juristischen Mustern wie mit einem Anzug von der Stange ist. Sie können passen, gewöhnlich bedarf es jedoch einer individuellen Überarbeitung. Jeder Webshop ist individuell.

Webshops können über eine eigene Webseite oder beispielsweise Portale wie eBay betrieben werden und sich an Verbraucher und/oder an Geschäftskunden richten. Über den einen Webshop werden Bücher verkauft, über den anderen Lebensmittel und über wiederum andere werden nach einem Preisvergleich Reisen zum vermeintlichen Schnäppchenpreis angeboten. Für jeden Webshop müssen daher zum Beispiel produktspezifische Sondervorschriften oder Verbraucherschutzvorschriften gesondert beachtet werden. Hierzu gehören auch die im Jahr 2014 erweiterten Informationspflichten gegenüber Verbrauchern und Geschäftskunden. Da Muster-AGB naturgemäß von einem „Standardfall“ ausgehen, werden sie diesen individuellen Anforderungen in der Regel nicht gerecht.

Gegen unzulässige Klauseln können beispielsweise Mitbewerber im Wege der kostenpflichtigen Abmahnung vorgehen. Das Risiko, bei unzulässigen Klauseln abgemahnt zu werden, ist dabei besonders für Webshops sehr groß. Dies insbesondere deshalb, weil ihre AGBs über das Internet öffentlich einsehbar sind.

Neben dem Abmahnrisiko besteht die Gefahr, dass der Webshop-Betreiber mit der ungeprüften Übernahme von Muster-AGBs Pflichten eingeht, die er von Gesetzes wegen nicht eingehen müsste. Wie schnell dies in der Praxis der Fall sein kann, sei nachfolgend beispielhaft anhand der Widerrufsproblematik für einen Lebensmittel-Lieferdienst skizziert.

Praxisfall: Widerrufsproblematik für einen Lebensmittel-Lieferdienst

Nach § 312g Abs. 1 BGB steht dem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. Allerdings gilt dieses Recht nicht für bestimmte in § 312g Abs. 2 BGB aufgelistete Verträge. Hierzu zählen beispielsweise Verträge zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten ist.

Die Prüfung, ob und welcher Ausnahmetatbestand nach § 312g Abs. 2 BGB greift, obliegt dem Unternehmer, da dieser nach Artikel 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB den Verbraucher informieren muss, wenn diesem kein Widerrufsrecht zusteht. Diese Information muss der Unternehmer dem Verbraucher gemäß Artikel 246a § 4 Abs. 1 EGBGB vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise zur Verfügung stellen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Ausschluss des Widerrufsrechts für den Verbraucher hinreichend transparent sind.

Dies ist beispielsweise nicht gegeben, wenn auf den Ausschluss, getrennt von der eigentlichen Widerrufsbelehrung, lediglich in den AGBs hingewiesen wird (LG Oldenburg v. 13.03.2015 – Az.: 12 O 2150/14). Das in der Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB (und folglich auch im Internet) zu findende Muster für die Widerrufsbelehrung erwähnt die vorgenannten Ausnahmetatbestände nicht, da es nur für die Fälle des bestehenden gesetzlichen Widerrufsrechts vorformuliert ist.

Übernimmt ein Lebensmittel-Lieferdienst dieses Muster daher, ohne gesondert auf den Ausschluss für das Widerrufsrecht hinzuweisen, kann die unterbliebene Belehrung einen vertraglichen Anspruch des Verbrauchers dahingehend begründen, dass diesem für alle Waren ein uneingeschränktes Widerrufsrecht zusteht. In diesem Fall müsste der Unternehmer bei einem ordnungsgemäßen Widerruf des Verbrauchers den inzwischen verdorbenen Thunfisch zurücknehmen, obwohl das Gesetz für diese Fälle ausdrücklich kein Widerrufsrecht vorsieht. Der Thunfisch landet also nicht mit Gewinn für den Unternehmer als Sushi auf dem Teller des Abnehmers, sondern wird im Müllcontainer zum Verlustgeschäft.

Obwohl auch vertreten wird, dass die unterbliebene Belehrung nicht zu einem uneingeschränkten Widerrufsrecht des Verbrauchers führt (vgl. LG Düsseldorf v. 12.02.2014 – Az.: 23 S 111/13), ist die fehlende Information zumindest wettbewerbswidrig, weshalb zum Beispiel ein Konkurrent dies kostenpflichtig abmahnen kann. Hinzu kommen gegebenenfalls Schadensersatzansprüche des Verbrauchers.

Der Verwender eines Musters muss sich daher selbst vergewissern, ob ein Ausnahmetatbestand existiert und in seiner Widerrufsbelehrung ausreichend transparent auf diesen verweisen. Formal genügt hierzu die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts.

Fazit

Bei der Übernahme von juristischen Mustern ist Vorsicht geboten. Wer Rechtsrisiken vermeiden will und zudem nach Lösungsmöglichkeiten für eine wirtschaftliche, aber zugleich rechtskonforme Geschäftsidee sucht, sollte auf eine individuelle Beratung nicht verzichten. Andernfalls können die Ersparnisse aus der Musterübernahme schnell zur Kostenfalle werden und sich die vermeintlichen Vorteile in ihr Gegenteil verkehren.

Bild: NamensnennungWeitergabe unter gleichen Bedingungen Bestimmte Rechte vorbehalten von Maik Meid