Businessmen and businesswomen working in startup office

Seit fünf Jahren können sich Anleger in Deutschland mit kleinen Beträgen an hoffnungsvollen Startups beteiligen. Aktuell im Angebot: Moovin, eine digitale Immobilienvermittlung, und poqit.berlin, ein Portemonnaie mit eingebautem Akku. Für beide Geschäftsideen suchen die Gründer gerade auf den Internetplattformen Seedmatch und Companisto 100.000 Euro – gerne mehr.

Mit Crowdinvesting, der Finanzierung durch die anonyme Masse, verbanden Jungunternehmer lange Zeit die Hoffnung, nicht mehr die mühseligen Bittstellerrunden bei Business Angels, Banken und anderen professionellen Geldgebern antreten zu müssen. Der Start war auch vielversprechend: 62,5 Millionen Euro kamen seit 2011 in 214 Startup-Finanzierungsrunden zusammen, wie die Informationsplattform Crowdfunding.de nachgezählt hat. Doch zuletzt stagnierten die Wachstumszahlen, es fehlte an neuen Kandidaten und frischem Geld.

Die bisherige Gewinnbilanz lässt nicht erwarten, dass der Schwarm der Sparer bald wieder merklich größer wird. Die Zahlen sind ernüchternd: Unter dem Strich steht ein Minus in Millionenhöhe. Von den investierten 62,5 Millionen Euro sind laut der Crowdfunding.de-Auswertung bereits 6,1 Millionen Euro verbrannt. Dem stehen Erträge von gerade einmal 3,4 Millionen Euro gegenüber. Das bedeutet, dass es bislang mehr Ausfälle als Erfolgsfälle gibt. Bis dato ist Crowdinvesting in Deutschland ein Verlustgeschäft.

Das muss nicht so bleiben. Denn über das Schicksal von 52 Millionen Euro, die von der Masse kamen, ist noch nicht entschieden. In der Regel haben die Gründer fünf bis acht Jahre Zeit, um das Geld plus der versprochenen Rendite zurückzuzahlen. Entsprechend werden erst die nächsten Jahre zeigen, ob die Ausfälle zumindest noch ausgeglichen werden können.

Ausfallraten weit oberhalb von zehn Prozent

Doch für den Großteil der Startup-Anleger dürfte es schwierig werden, am Ende tatsächlich im Plus zu landen. Bei jenen 13 Finanzierungen, mit denen sie bislang Gewinn gemacht haben, liegt die durchschnittliche Rendite laut Auswertung bei 96,3 Prozent – in einem Fall betrug das Plus 500 Prozent. Zwischen 13 und 39 Monaten hatten Anleger ihr Geld investiert. Auf den üblichen Zweimonatszeitraum heruntergerechnet, ergibt sich daraus ein Gewinn von 27,4 Prozent per annum.

Das klingt nach einem guten Geschäft, wenn man die Magerzinsen auf Tagesgeldkonten oder auch Aktienrenditen von sechs bis acht Prozent zum Maßstab nimmt. Bei genauerer Betrachtung wird eine Verdoppelung des Einsatzes bei einzelnen Startups aber kaum reichen, um daraus ein lohnendes Geschäft zu machen. Experten gehen schließlich mittelfristig von Ausfallraten weit oberhalb der bislang verzeichneten zehn Prozent aus. Noch ist die Zahl so niedrig, weil viele Unternehmen das über die Plattformen eingesammelte Geld nicht vollständig ausgegeben haben und ihnen noch Zeit für die Rückzahlung bleibt. Schätzungen zufolge werden sich die Raten schon bald bei 60 bis 70 Prozent bewegen.

Gemeinhin ist sogar davon die Rede, dass sich nur eine von zehn Geschäftsideen am Markt durchsetzt. So rechnen Profi-Anleger. Entsprechend muss sich wenigstens ein Engagement als Volltreffer erweisen, bei dem am Ende das Zehnfache herauskommt.

Die Verdoppelung des Einsatzes bei einzelnen Startups wird in keinem Fall reichen, um die zu erwartenden Verluste mit anderen Unternehmen auszugleichen. Um mit einem Startup-Portfolio, das sicherlich sechs bis zehn Unternehmen enthalten sollte, in der Pluszone zu landen, sind auch Kleinsparer auf eine Vervielfachung ihres Einsatzes bei einzelnen Anlagen dringend angewiesen.

Crowdinvesting noch keine Massenbewegung

Gewinn ist das erklärte Ziel des Crowdinvesting – anders als bei dem bekannteren und älteren Crowdfunding. Beim Funding gehen die Geldgeber von Anfang an davon aus, dass sie ihren Einsatz nicht wiedersehen. Sie spenden für in erster Linie kulturelle oder karitative Projekte. Zum Dank, quasi als Ersatzrendite, gibt es kleine Geschenke. Das kann mal eine CD sein, ein Abendessen mit den Gründern oder ein Privatkonzert. Beim Crowdinvesting wollen die Teilnehmer für ihr Risiko mit ordentlichen Renditen belohnt werden.

Da verwundert es denn auch nicht, dass Crowdinvesting in Deutschland noch weit weg von einer Massenbewegung ist – sprich als normaler, wenn auch kleiner Baustein in einem über viele verschiedene Klassen gestreuten Anlagedepot. Für das laufende Jahr wird mit keiner Steigerung mehr gerechnet. Laut einer europäischen Studie der Universität Cambridge und der Unternehmensberatung KPMG ließ die Dynamik schon im Vorjahr deutlich nach – gerade in Deutschland. Im Nachbarland Frankreich waren die Steigerungsraten da noch sehr viel höher.

Als ein Grund für die beobachtete Zurückhaltung wird das im Vorjahr eingeführte Kleinanlegerschutzgesetz gesehen. Dort wurde eine Investitionsschwelle von 10.000 Euro pro Privatperson und 2,5 Millionen Euro als maximales Gesamtvolumen pro Startup eingeführt. „Plattformen haben in der Zeit der Umsetzung des Kleinanlegerschutzgesetzes weniger aktiv im Markt bewegt, was sich in einer Delle in der Wachstumsrate spiegelt“, sagt KPMG-Berater Sven Korschinowski. Die vergangenen Monate deuten allerdings nicht darauf hin, dass sich an der Zurückhaltung etwas ändert, jetzt, da sich alle, Gründer und Anleger, an das neue Gesetz gewöhnt haben sollten.

Am Ende wird es auch um die Antwort auf die Frage gehen, ob Crowdinvesting besser funktioniert, wenn das Geld der Sparer nicht in riskante Startups, sondern in Immobilien fließt. Bei dieser noch jüngeren Spielart ist die Entwicklung weiterhin sehr dynamisch.

Dieser Text erschien zuerst in der Welt.

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