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Die noch junge Crowdinvesting-Szene in Deutschland steht dicht vor einem Erfolg auf politischer Bühne. Der Entwurf des Kleinanlegerschutzgesetzes wird nach Informationen der Welt deutlich entschärft. Ein weitreichendes Werbeverbot soll es nun nicht geben. Zudem sollen Startups erst dann einen umfassenden Wertpapierprospekt erstellen müssen, wenn sie mehr als 2,5 Millionen Euro bei Kleinanlegern einsammeln wollen.

In der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs lag die Grenze bei einer Million Euro. Neu aufgenommen werden dafür ein Warnhinweis und ein verpflichtendes Widerrufsrecht. Jeder Anleger hat künftig 14 Tage Zeit, um seine Anlageentscheidung noch einmal zu korrigieren.

„Wir haben eine Lösung gefunden, die beiden Zielen Rechnung trägt: Dem Schutz der Kleinanleger und der Förderung junger Wachstumsunternehmen in Deutschland“, sagte Frank Steffel von der CDU und Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion im laufenden Gesetzgebungsprozess. Carsten Sieling von der SPD sprach von einem guten Ausgleich, der „Kleinanleger besser schützt und gleichzeitig wirtschaftliche Aktivität sowie vielfältiges soziales Engagement“ stärkt.

Auch soziale Projekte müssen Wertpapierprospekt erstellen

Der gefundene Kompromiss gilt auch für soziale Projekte, etwa wenn für einen Dorfladen Kredite bei Einwohnern aufgenommen werden, wenn freie Schulen Eltern um Darlehen bitten oder sich Menschen beim Immobilienkauf zusammentun. Diese Woche will der Bundestag das Gesetz in zweiter und dritter Lesung verabschieden.

Crowdinvesting gibt es seit 2011 in Deutschland. Dabei sammeln Gründer über spezielle Vermittlungsplattformen im Internet Geld ein, um ihre Geschäftsidee umzusetzen. Schon ab fünf Euro können sich Anleger beteiligen. Bislang hat die anonyme Masse, die Crowd, weit mehr als 100 Jungunternehmer mit rund 40 Millionen Euro unterstützt. Dafür wird den Anlegern in der Regel ein niedriger Zins plus eine Erfolgsbeteiligung in Aussicht gestellt – falls das Unternehmen jemals Gewinn macht.

Dass es sich dabei um eine hochriskante Anlage handelt, mussten bereits einige Sparer erfahren. Erst im März meldete der Zahlungsdienstleister Paymey Insolvenz an. Das Unternehmen hatte 2013 und 2014 insgesamt 400.000 Euro über die Plattform Seedmatch eingesammelt. Insgesamt addieren sich die Ausfälle bislang auf 3,9 Millionen Euro – rund zehn Prozent sind ausgefallen.

Crowdinvesting gehört ins Kleinanlegerschutzgesetz

Um Sparer besser zu schützen, hat sich die Politik im Rahmen des Kleinanlegerschutzgesetzes auch dem Crowdinvesting angenommen. Sie will frühzeitig bei der noch jungen Branche Leitplanken setzen, um ähnliche Desaster wie beim Windparkbetreiber Prokon zu verhindern. Grundsätzlich sollen Anlageformen wie Nachrangdarlehen, Genussrechte oder auch Treuhandvermögen besser kontrolliert werden.

Der Aufschrei der Anbieter war groß, als das Kabinett im Herbst den Gesetzentwurf verabschiedete. Von der „Gefährdung einer noch jungen, deutschen Wachstumsbranche“ war die Rede. Zudem werde eine Prospektpflicht ab einer Million Euro die „Innovationskraft des Crowdfunding-Marktes geschwächt“, schließlich koste ein Prospekt zwischen 20.000 Euro und 50.000 Euro.

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Nun wird nicht nur die Grenze für die Prospektpflicht auf 2,5 Millionen Euro erhöht. Zudem muss das Vermögensanlageinformationsblatt, kurz VIB, in der nun zur Verabschiedung anstehenden Gesetzesversion nicht mehr ausgedruckt und unterschrieben auf dem Postweg an den Anbieter geschickt werden. Das Ausdrucken des Formulars werde viele Anleger abschrecken überhaupt Geld zu geben, hatte die Branche kritisiert. Statt dessen soll es einen Warnhinweis auf der Internet-Seite der Plattform geben.

Warnhinweis im Internet muss mit Namen bestätigt werden

Diesen müssen alle Anleger, ganz gleich welchen Betrag sie überweisen, durch die Eingabe ihres Vor- und Zunamens bestätigen. Sie erkennen damit an, dass der Erwerb der Vermögensanlage mit erheblichen Risiken verbunden ist und zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen kann.

Auch in der Werbung muss ein solcher Satz, der an die Tabakbranche erinnert, auftauchen. Die ursprüngliche Idee hinter dem Ausdruck des VIB war laut Steffel, dass ein Anleger noch einmal innehält, bevor er sein Geld im Internet investiert.

„Diese Zeit zum Nachdenken bekommt er nun durch das 14-tägige Widerrufsrecht“, so der Politiker. Diese Frist wird Anlegern auf einigen Crowdinvesting-Plattformen bereits heute eingeräumt, ist aber bislang nicht verpflichtend.

BaFin kann problematische Werbung einschränken

Das Werbeverbot ist grundsätzlich aufgehoben. Die Finanzaufsicht BaFin hat allerdings weiterhin ein Veto-Recht. Sie kann Werbung einschränken, die sie für problematisch hält. Wirbt ein Anbieter im Internet oder in Zeitungen mit einem Renditeversprechen, ist ein zusätzlicher Hinweis notwendig. Dieser lautet sinngemäß: Die in Aussicht gestellte Rendite kann nicht garantiert werden und möglicherweise geringer ausfallen.

Zwei Grenzen gelten auch in dem überarbeiteten Gesetzentwurf für Crowdinvesting: Ab einer Investitionssumme von 1000 Euro ist eine Selbstauskunft eines jeden Anlegers notwendig, dass er sich das Investment leisten kann.

Er muss ein freies Vermögen von 100.000 Euro bestätigen oder erklären, dass er nicht mehr als das Doppelte seines monatlichen Nettoeinkommens einsetzt. 10.000 Euro bleibt die Obergrenze für alle Anlagen – es sei denn es investiert keine Privatperson, sondern eine Kapitalgesellschaft in das Unternehmen, etwa der Geschäftsführer einer GmbH.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Welt.

Bild: Namensnennung Bestimmte Rechte vorbehalten von James Cridland, Infografik: Die Welt