deliveroo

Die florierende Branche der Essensliefer-Kuriere, die mit ihren Fahrrädern seit ein paar Monaten die Straßen deutscher Großstädte bevölkern, ist Gewerkschaften und Oppositionspolitikern ein Dorn im Auge – wegen Mindestlohnverstößen und Scheinselbstständigkeit vieler der Fahrradkuriere. In der Kritik steht dabei vor allem der Lieferdienst Deliveroo, der erst vor wenigen Wochen 275 Millionen US-Dollar bei einer Finanzierungsrunde bekam. Deliveroo beschäftigt etwa die Hälfte seiner rund 900 Fahrer in Deutschland als Selbstständige.

„Geht keine Bestellung ein, gibt es keine Lieferung, keine Bonuszahlung und kein Trinkgeld. Das wäre ein klarer Verstoß gegen das Mindestlohngesetz“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Burkhard Siebert, der „Welt am Sonntag“. Die betroffenen Fahrer verdienen einen Grundlohn von lediglich 7,50 Euro pro Stunde, also einen Euro weniger als der gesetzliche Mindestlohn.

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Bedenklich sei dies gerade mit Blick auf das Risiko, dem sich die Fahrer während ihrer Arbeit aussetzen. „Die Fahrer leisten körperlich harte Arbeit in großem Stress“, so Siebert: Weil die Fahrer mehr verdienen, wenn sie mehr Aufträge pro Stunde schaffen, halten sie sich häufig nicht an Verkehrsregeln und bringen sich damit in Gefahr. Der Deutschlandchef von Deliveroo sagt dazu, die Fahrer würden darauf hingewiesen, dass sie sich an die Verkehrsregeln halten müssen, und sie würden vor der Einstellung auf ihre Tauglichkeit hin getestet.

Die Gewerkschaft NGG sieht jedoch auch die Beschäftigungsverhältnisse der anderen Fahrer für die Anbieter Foodora und Deliveroo kritisch – bei Foodora etwa sind diese zu einem großen Teil als Minijobber angestellt. Möglich seien all diese „prekären“ Beschäftigungsverhältnisse, weil die Anbieter nicht Mitglied in einer Arbeitgebervereinigung sind, so Siebert.

Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Brigitte Pothmer, kritisiert Beschäftigungsverhältnisse, bei denen die Kurierfahrer in eine Selbstständigkeit gedrängt werden. „Damit werden unternehmerische Risiken und Kosten für die soziale Absicherung auf die Fahrer abgewälzt“, sagt Pothmer. Sie hält solche Verträge für einen Fall für das Leiharbeits- und Werkvertragsgesetz, das mehr Klarheit in solche Vertragskonstellationen bringen sollte.

Dieser Artikel erschien zuerst bei der Welt am Sonntag.

Bild: ERIC FEFERBERG