Fidor Bank

„Banking mit Freunden“

Würde die internetbasierte Direktbank Fidor (www.fidor.de) über Printmedien oder TV-Kampagnen werben, käme sicher der Satz „Die Community ist das Herzstück der Bank!“ als Slogan darin vor. Doch verzichtet Fidor nach wie vor auf Werbung – „Warum soll ich teure Hochglanzbroschüren über Wohn-Riester machen, die viele unserer Kunden überhaupt nicht interessieren?“, fragt CEO Matthias Kröner im Gespräch. Für ihn sind der Kern seines Geschäftsmodells dennoch die sich gegenseitig beratenden Kunden, die für gute Finanztipps teilweise bis zu 1.000 Euro gutgeschrieben bekommen sollen.

Die Mitglieder kommen über Social-Plattformen wie Twitter, Facebook oder Xing auf die Plattform der Bank, bei der wie in einem Online-Forum unterschiedliche Fragen zu Finanzthemen gestellt und beantwortet werden. Fragen stellen können alle Community-Mitglieder, die Antworten werden entweder von Kröner oder einem seiner 43 Mitarbeiter gegeben – oder eben von den Mitgliedern selbst. Der Gedanke dahinter: Mehr Transparenz im undurchsichtigen Bankengeschäft. Die Qualitätskontrolle soll dabei durch die Comunity erfolgen.

Alleine auf die Macht der Masse will er sich allerdings doch nicht verlassen. Auch Bankvertreter anderer Banken und selbstständige Finanzberater können ihr „Fachwissen“ aktiv einbringen, um potenzielle Neukunden für ihre Leistungen zu gewinnen. Wie jedes andere Community-Mitglied, das Empfehlungen zu Bankdienstleistungen oder Antworten auf Finanzfragen gibt, müssen sie sich auch dem kritischen Urteil der Netzgemeinde unterziehen und mit deren verbalen Reaktionen rechnen.

Die Idee dahinter? Kröner formuliert es in einem Interview mit dem Brandeins-Magazin so: „In der Bank bekommt der Kunde meist einen Berater zugeteilt, über dessen Qualität er nichts weiß. Und trotzdem muss man viel von sich preisgeben, ehe man eine Beratung bekommt. Bei uns ist es umgekehrt: Der Kunde stellt die Fragen, wenn er mag auch anonym, und die Berater werben mit ihren Antworten um den Fragesteller.“ Dass der Hilfe suchende Bankkunde auch bei der Fidor Bank seine Gegenüber nicht kennt, soll dabei durch die Aufsicht der Community wett gemacht werden.

Eine Kombination aus Alt und Neu

„Die Banken haben ihre Kunden in den vergangenen Jahren immer mehr dazu erzogen, nicht mehr mit ihnen zu reden“, so schon das Urteil Kröners in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. „In der Krise haben wir gelernt, dass die meisten Menschen die Nase voll haben von Banken. Geldthemen sind wichtig und sollen trotzdem Spaß machen.“

Privatkunden, die tatsächlich ein so reges Interesse am Bankgeschäft haben, dass sie regelmäßig im Online-Forum aktiv sind, dürften allerdings eher eine überschaubare Menge darstellen. Eine dauerhafte Seriösität der Forumsbeiträge zu gewährleisten, wird bei steigenden Mitgliederzahlen – und Forumsbeiträgen – bald schwierig werden. Internet-Foren gelten in der heutigen Zeit schließlich nicht umsonst als wenig verlässliches Austobbecken für ihre Communities.

Unbeirrt davon bedient sich Fidor bei seinem Angebot aus dem üblichen Sortiment der Direktbanken – Girokonto mit Festgeldzins, Handel mit Edelmetallen – aber der Fokus soll klar auf den Möglichkeiten der digitalen Nutzung liegen. Dazu gehört zum einen das E-Payment. Der Kunde soll dadurch die Möglichkeit haben, Geld per Email an einen Empfänger zu senden. Außerdem bietet Fidor den Kunden bei der Kreditvergabe die Möglichkeit an, selbst zu entscheiden, an wen ihr Geld gehen soll. Peer-to-Peer-Lending nennt Kröner hier als Überbegriff.

Finanzierungsrunde abgeschlossen

Selbst kann Kröner nun über sieben frische Euro-Millionen verfügen. Mit dem Geld will die Direktbank mit Sitz in der bayrischen Hauptstadt nun ihr Geschäft ausweiten. Investor ist die JZ Erste Beteiligungs GmbH, die im Zuge der Kapitalerhöhung nun 25,2 Prozent am 2009 gegründeten Bank-Startup des ehemaligen DAB-Gründers Matthias Kröner hält. Auch Venture Capital, der VC-Arm des Beratungsunternehmens Corporate Finance Partners, ist beteiligt.

In den Nachrichten ist das Institut dabei nicht zum ersten Mal. Gerade in der vergangenen Woche hatte man eine „weitreichende“ Partnerschaft mit der Bitcoin Deutschland GmbH verkündet: Künftig soll der Handel mit der Digitalwährung für Fidor-Bank-Kunden über ihr Girokonto möglich sein. Es ist die zweite in diesem Jahr bestätigte Kooperation des Instituts, nachdem im März 2013 bereits eine Partnerschaft mit dem Payment-Anbieter Heidelpay gestartet wurde. Schwerpunkt der Zusammenarbeit war in diesem Fall die Bezahl-Funktion Ratenzahlung.

In der weiteren Angebotspalette finden sich auch die Integration von Online-Payment in die mobilen Banking-App-Funktionen des „FidorPay-Kontos“, und seit kurzem nun auch der Handel mit der Bitcoin-Digital-Währung. Wieso gerade Bitcoins? „Ziel ist nicht, dass wir vom Bitcoin-Trend profitieren. Wir geben grundsätzlich keine Währungsempfehlung raus. Unsere User können selbst entscheiden. Wir bieten ihnen lediglich zu den schwankenden Regionalwährungen komplementäre Optionen.“

Ein Geldnotruf-Button und ein Break-Even

Kröner selbst ist schon seit einer Weile im Bankengeschäft aktiv. 1994 entwickelte er mit der „Direkt-Anlage-Bank“, kurz DAB, die erste deutsche Online-Broker-Bank, deren Vorstand er bis 2002 war. Heute macht er seinem Unmut über die, wie er sagt, „unethischen“ Machenschaften der Investment-Arme großer Banken in seinem Blog Luft und feilt an einer Buchversion seiner Gedanken und Erfahrungen. Zwischenzeitlich gründete er 2005 mit Sparschwein.de ein Startup, das Sparen über Wareneinzahlungen ermöglichen sollte. Davon hört man momentan aber nichts mehr.

Wovon aber demnächst zu hören sein soll, umschreibt der Fidor-CEO mit dem Begriff „Geldnotruf-Button“. Dahinter steckt das Angebot, dass Kunden bei dringendem Geldbedarf, selbst wenn sie bei anderen Banken keinen Kredit erhielten, sofort 100 Euro bei Fidor bekommen sollen, und  zwar ohne Kreditantrag. Dazu sei ein Geldnotruf-Button seit dieser Woche auf der Homepage eingerichtet – Kostenfaktor hierbei sechs Euro.

Das laut Kröner neue an diesem Angebot sei jedoch die Möglichkeit, den Kredit durch regelmäßige Aktivität in der Online-Community „abzuarbeiten“. Die Frage, ob sich Kunden auf der Plattform wirklich Beratung von Personen einholen möchten, die bereits selbst in Geldnot sind, lässt er bei diesem Konzept aber offen.

Derzeit ist das Fidor-Konzept sicherlich nur für einen vergleichsweise kleinen, Community-affinen Teil der deutschen Bankkunden interessant. Bankgeschäft lebt bei hohem Wettbewerb gerade beim Standardrepertoire allerdings oft von der Masse – Fidor positioniert sich dabei bewusst in einer Nische. Weiteres Wachstum könnte das Institut womöglich im Ausland suchen. Kröner schließt eine internationale Strategie-Erweiterung bis 2014 jedenfalls nicht aus. Und will noch 2013 den Break-Even mit seiner Bank schaffen.

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