DJ-Khaled-Snapchat-Instagram
Ein Beitrag von Torben Lux, Redakteur bei OnlineMarketingRockstars.de.

Harte Zeiten für Snap: Nachdem Facebook vielfach Funktionen von Snap kopiert hat, Gründer Evan Spiegel zuletzt enttäuschende Quartalszahlen und ein verlangsamtes Nutzerwachstum vermelden und einen Einbruch des Börsenkurses hinnehmen musste, wurde nun bekannt, dass DJ Khaled, der Top-Influencer der Plattform, eine eigene Show auf Instagram bekommt. Produziert wird diese von Naritiv, einem von Disney mitfinanzierten Medienunternehmen, das vormals alleine auf Snapchat setzte, nun aber komplett zu Instagram wechselt. Ein Ereignis mit Symbolcharakter?

„Als wir die Entscheidung für den Wechsel getroffen haben, haben wir gesagt: ,Lass uns eine neue Art von Mediencompany schaffen‘“, erklärte Daniel Altmann gegenüber Business Insider. Er ist Co-Founder und CEO von Naritiv. Das 2014 aus dem Disney-Accelerator heraus gegründete Unternehmen startet Anfang 2015 als Marketing-Plattform für Snapchat.

Neben der klassischen Agenturleistung, Marken mit Influencern zusammenzubringen, entwickelt das Startup außerdem eine Analytics-Lösung, mit dessen Hilfe Advertiser Daten zu ihren Kampagnen auslesen können. In relativ kurzer Zeit konnte das Unternehmen so rund 4,3 Millionen US-Dollar einsammeln. An der jüngsten von The Third Digital Wave angeführten Serie-A-Runde Anfang 2016 in Höhe von drei Millionen US-Dollar ist unter anderem auch The Walt Disney Company beteiligt.

Instagram statt Snapchat, Publisher statt Agentur

Doch mit dem auf Snapchat basierenden Geschäftsmodell ist jetzt Schluss – und Gründer Daniel Altmann schwärmt von Instagram: „Als Medienfirma kann Instagram fast alles übernehmen, was einmal die Rolle einer Webseite war. Über das letzte Jahr haben sie Dinge gemacht, die uns faszinieren und wir nutzen es ständig in verschiedene Weisen.“

Das Analytics-Tool für Snapchat verkaufte Narativ im März dieses Jahres für drei Millionen US-Dollar an die Social-Media-Marketing-Company Hootsuite aus Kanada. Es sei schon immer der Plan gewesen, mit Naritiv eher zum Medienunternehmen zu werden, so Daniel Altmann. Zwischen den Zeilen lässt er durchklingen, dass Snapchat nicht genügend Möglichkeiten für Marken biete. Er sagt: „Snapchat wants friends, not brands.“ Neben dem Wechsel von Snapchat zu Instagram als priorisierte Plattform ändert das Startup mit sieben Mitarbeitern also auch die komplette Ausrichtung.

 

The Bless Up ft. @djkhaled — follow @webuygold to see what’s Up Next  #TheBlessUp 

Ein Beitrag geteilt von WeBuyGold (@webuygold) am

Ein neues Projekt gibt es bereits: WeBuyGold. Auf der Website  wird es als „eine auf Musik fokussierte Lifestyle-Marke, die originelle Stories in neuen Wegen für ein neugieriges Publikum schafft“, beschrieben. In der Praxis sieht das dann bisher so aus: Auf dem gleichnamigen Instagram-Account werden verschiedene Musiker oder andere Stars aus der amerikanischen Hip Hop-Szene in schnell konsumierbaren Stories, kurzen Teasern und Mini-Dokus gefeatured. Mit dabei sind unter anderem Hodgy Beats (das erfolgreichste Musik-Video mit ihm kommt bei Youtube auf über 42 Millionen Views), der Fotograf Cameron “Cam Kirk” Kirkland – und DJ Khaled mit der „The Bless Up“-Show.

Snapchat-König DJ Khaled macht jetzt Instagram-Stories für WeBuyGold

Besonders letzterer dürfte für WeBuyGold das Reichweiten-Zugpferd überhaupt zu sein. Der amerikanische Musikproduzent DJ Khaled arbeitet seit Jahren nicht nur mit den größten Stars aus der Branche zusammen – die aktuelle Single „I’m the one“ mit Justin Bieber, Lil Wayne, Chance The Rapper und Quavo stieg direkt auf dem ersten Platz der amerikanischen Billboard-Charts ein, wurde auf Spotify über 133 Millionen Mal angehört und auf Youtube 150 Millionen Mal angeschaut – sondern ist auch ein echtes Social-Media-Phänomen.

Schon vor über einem Jahr hat OnlineMarketingRockstars die clevere Snapchat-Strategie des Star-DJs ausführlich erklärt. Spätestens seit seiner Jet-Ski-Odyssee Ende 2015, die er auf Snapchat dokumentierte und der App noch einmal einen netten Push gegeben haben dürfte, sind seine Snaps extrem beliebt. Mit einer unnachahmlichen Art, wiederkehrenden Sprüchen, die längst Kult und sein Markenzeichen sind („major key alert“, „another one“ oder „bless up“) sowie Einblicken in seinen Alltag als Rap-Produzent und Familienvater erreichte er schon damals pro Snap rund zwei Millionen Views. Er ist längst, auch dank Snapchat, zur Marke geworden. Dass er seine Erfahrung und die potenzielle Reichweite jetzt ausgerechnet in einem neuen Story-Format auf Instagram zur Verfügung stellt, unterstreicht den Erfolg der Plattform. DJ Khaled übernimmt bei WeBuyGold die Rolle des Creative Directors.

Das Agenturgeschäft auf Snapchat scheint für Naritiv funktioniert zu haben

Das explosive Wachstum von Instagrams Stories in Kombination mit der Analytics-Power von Facebook, die es Publishern deutlich erleichtere, Zielgruppen zu analysieren, seien laut Naritiv-Gründer Daniel Altmann ausschlaggebend gewesen, sich von Snapchat zu lösen. Auch die Live-Funktion habe zu der Entscheidung beigetragen. Rund drei Monate nach Start kommt der Instagram-Account auf 14.200 Abonnenten.

Dabei scheint es für Naritiv, wenn man mehreren Presseberichten Glauben schenken darf, mit dem alten, auf Snapchat basierenden Geschäftsmodell, gar nicht so schlecht gelaufen sein. So soll das Unternehmen Anfang 2015 mit einer Kampagne für die Mystery-TV-Serie „Pretty Little Liars“ dafür gesorgt haben, innerhalb von drei Monaten 800.000 Snapchat-Follower für den Account des Formats zu generieren.

Ein Jahr später berichtete die LA Times, Naritiv würde mit 300 Betreibern von Snapchat-Accounts zusammenarbeiten, die im Monat insgesamt 16 Milliarden Views generierzen und bereits 100 Werbekampagnen umgesetzt hätten. Zu den Kunden sollen der Webseite des Unternehmens zu Folge unter anderem Coca Cola, L’Oréal und Marriot gezählt haben. Und das Forbes Magazine scheint ebenfalls vom Potenzial überzeugt zu sein: Die Naritiv-Gründer Altmann und Eric Posen landeten gemeinsam im berühmten „30 Under 30“-Ranking 2017 – im Bereich Marketing und Advertising.

Naritiv
Die Website von Naritiv.

Instagram kopiert Snapchat – Und hat damit Erfolg

Dass sich Instagram beim Story-Format bei Snapchat hat inspirieren lassen, ist kein Geheimnis. Trotzdem ist es erstaunlich, mit welch großem Erfolg die neue Funktion durchgestartet ist. Seit dem Launch im dritten Quartal hat sich nicht nur das Wachstum der täglichen Nutzer von Snapchat verlangsamt, vor wenigen Wochen verkündete Instagram dann auch noch, dass allein das Story-Feature jetzt von 200 Millionen Usern täglich genutzt werde. Laut den letzten offiziellen Zahlen von Snapchat hat die Plattform 161 Millionen Nutzer pro Tag.

Diese Entwicklung bekommen natürlich auch Influencer mit. Anfang des Jahres hat OnlineMarketinRockstars mit OhhCouture, Daniel „Magic Fox“ Fuchs, Novalanalove und einigen anderen aus der deutschen Szene gesprochen. Zwar hatte sich zu dem Zeitpunkt noch keiner komplett von Snapchat verabschiedet, viele seien aber deutlich aktiver bei Instagram geworden und würden dort auch größere Reichweiten erzielen.

Deutsche Publisher starten bei Snapchat Discover

In den USA experimentieren Medienhäuser derweil intensiv mit beiden Plattformen. People.com (gehört zu Time Inc.) war beispielsweise Launchpartner von Snapchat Discover in den USA und ist bis heute dort vertreten, nutzt inzwischen aber auch intensiv Instagram Stories. Zoe Ruderman, Executive Director of Content Strategy, erklärt im Gespräch mit Adexchanger.com die unterschiedlichen Anwendungsgebiete. Der Content bei Snapchat gleiche eher einem Mini-Magazin mit festen Erscheinungs-Zeiten, Instagram Stories werde vor allem für spontane Behind-The-Scenes-Inhalte genutzt.

Einen großen, gerade für Medienhäuser relevanten Unterschied, gibt es aktuell noch bei den Möglichkeiten der Monetarisierung. Die Reichweite, die Publisher auf Snapchat Discover erzeugen, können sie als ihr eigenes Inventar vermarkten und verkaufen. Bei Instagram hingegen gibt es diese Option bisher nicht. Zwar testet Facebooks Foto-Plattform bereits Mid-Roll-Ads innerhalb der Storys, noch ist aber unklar, ob Publisher daran mitverdienen würden. Auf Instagram sind die Account-Betreiber also noch auf Sponsored Posts und Native Advertising innerhalb der eigenen Beiträge angewiesen.

Während Instagram Snapchat aktuell also ganz klar Nutzer wegfischt, weitet die App von Gründer Evan Spiegel Kooperationen mit großen Medienhäusern aus. Ende April starteten mit Bild, Spiegel Online, Vice Deutschland und Sky Sport auch die ersten deutschen Publisher ihre Formate bei Snapchat Discover. Sowohl Spiegel Online, die direkt ein zehnköpfiges Team für die Erstellung des Contents zusammengestellt haben, als auch Bild, wollen in den nächsten Monaten testen, wie es gelingt, die attraktive, junge Zielgruppe zu erreichen. Spiegel Online will dabei trotzdem auf Entertainment-Elemente verzichten und „harte News“ liefern, Bild probiert sich an einer Mischung aus Entertainment und politischen Inhalten.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei OMR.com.

Titelbild: OMR