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easierlife Christian Reichelt, Natalie Röll, Sebastian Chiriac und Jochen Zimmermann (v.l.n.r.) gründeten EasierLife

Mit einem Notfallknopf können Senioren ihre Angehörigen oder den Notarzt über eine Gefahrensituation informieren. Allerdings müssen sie den Knopf manuell drücken. Und das ist nicht immer möglich. Mehr Sicherheit verspricht EasierLife. Das Startup entwickelt eine App, die kritische Situationen wie einen Sturz erkennt. Dazu setzt EasierLife auf Sensoren.

Das Startup wurde 2014 von vier wissenschaftlichen Mitarbeitern des Informatik-Forschungszentrums der Universität Karlsruhe gegründet. Zum Gründerteam gehören Natalie Röll, Christian Reichelt und die Geschäftsführer Sebastian Chiriac und Jochen Zimmermann. Zu Beginn bekam EasierLife Unterstützung durch das EXIST-Gründerstipendium. Mittlerweile könne man sich aber selbst finanzieren, so Röll, durch die Projekte der betreuten Wohnanlagen.

Im Kurzinterview mit Gründerszene erklärt Marketing- und Vertriebschefin Natalie Röll, was EasierLife besonders macht und wie sie persönlich dazu steht, wenn Senioren von emotionslosen Sensoren überwacht werden.

Natalie, warum entwickelt ihr Technik für Senioren?

Ich und mein Mitgründer Sebastian Chiriac haben zuvor Studien betreut, bei denen es darum ging, Sensoren zur Aktivitätserkennung bei Älteren einzusetzen. Aus diesen Informationen haben wir gesundheitliche Veränderungen oder kurzfristige Probleme im Alltag der Probanden abgeleitet. Das Feedback der Teilnehmenden zur eingesetzten Technik war überdurchschnittlich gut. Leider wurde immer wieder festgestellt, dass ein solches System nicht kommerziell verfügbar ist.

Ihr habt deshalb ein eigenes System entwickelt. Wie sieht das aus?

Als Kunde erhalte ich das Basispaket bestehend aus Bewegungssensor, Türsensor und einer Basisstation. Die Sensoren bringe ich innerhalb von fünf Minuten durch Klebestreifen in der Wohnung an. Die Basisstation verbinde ich mit einem Router, falls vor Ort vorhanden, oder von uns wird die Basisstation mit einem UMTS-Modul vorgerüstet. In der dazugehörigen App kann beispielsweise meine Familie gemeinsam das System auf den individuellen Tagesablauf der Oma anpassen.

Und was kann das System?

Das System analysiert Unregelmäßigkeiten, wie beispielsweise lange Bewegungslosigkeit meiner Oma, nächtliche Stürze oder wenn meine Oma nicht mehr nach Hause zurückgekehrt ist. So können ich, meine Angehörigen oder die optional angebundene Notrufzentrale schnell reagieren.

Denkt ihr auch über präventive Maßnahmen nach?

Um beispielsweise Stürze zu verhindern, kann eine Lichtsteuerung integriert werden, die dabei hilft, den Flur oder den Weg ins Badezimmer bei Nacht zu beleuchten. Dort stürzen die alten Menschen statistisch gesehen am häufigsten. Außerdem wollen wir aus den erfassten Daten langfristige Verhaltensänderungen beziehungsweise Trends ermitteln und so etwa Hinweise auf eine Sturzgefährdung an die Angehörigen weitergeben.

Stellt ihr die Hardware, die kleinen Kästen an Wand und Tür, selbst her oder fokussiert ihr euch auf die App?

Wir nutzen für unser System etablierte und zertifizierte Hardwarekomponenten, wobei die dahinterliegende Plattform technologieunabhängig konzipiert ist. Das hat den Vorteil, dass wir nicht auf einen speziellen Sensorhersteller angewiesen sind. Die Signalauswertung ist das Herzstück von EasierLife, da Fehlalarme in diesem Umfeld zu starkem Vertrauensverlust führen würden.

Von Sensoren und nicht von Menschen beobachtet zu werden, das wirkt emotionslos und kalt. Wie stehst Du persönlich dazu?

Das stimmt. Deswegen finde ich, ist es wichtig, dass solche Systeme die eigentliche Fürsorgepflicht der Betreuer nicht ersetzen, sondern ihnen eher Hinweise geben, um diese im Wandel unserer Zeit besser erfüllen zu können. Auf der anderen Seite kann das ständige Beobachten durch Menschen ein stärkerer Eingriff in die Privatsphäre sein, als etwa ein einfacher Bewegungsmelder.

„Mit EasierLife muss ich jetzt keine Kontrollanrufe mehr machen“, lobt einer ihrer Kunden. Sind diese Kontrollanrufe nicht oft das einzige, was Älteren an Kontakt zur Außenwelt noch bleibt?

Die erwähnten Kontrollanrufe kritisieren das Thema „Kontrolle“, nicht das der „Anrufe“. Angehörige schätzen die Fähigkeiten ihrer älteren Angehörigen oft schlechter ein, als diese selbst. Dadurch werden die täglichen Anrufe häufig auch für die Älteren zu einem im Alter ungewohnten Kontrollmechanismus, auf den eigentlich beide Seiten gerne verzichten würden. Die Anrufe sollten eher von positiven Themen geprägt sein, etwa: „Oma, hast du Lust, einen Kaffee trinken zu gehen?“.

Bild: EasierLife