Warum Pläne nicht immer zum Ziel führen

Die meisten Startups setzen noch immer auf klassische Herangehensweisen, was ihre Planungen betrifft – und kommen damit häufig nicht weiter. Woran liegt das? Wieso gehen Pläne im Endeffekt nicht auf?

Ganz einfach: Gründer befinden sich in einem dynamischen Umfeld voller Ungewissheiten. Die sich permanent ändernden Rahmenbedingungen führen dazu, dass sie gar keine akkuraten Pläne schmieden können – und dies auch nicht tun sollten. Denn anstatt jede Situation bis ins letzte Detail zu planen, ist es viel besser, sich dem Unerwarteten zu stellen und die Macht des Zufalls für sich zu nutzen.

Zufall statt Vorhersagen – die Grundannahmen von Effectuation

„Was nicht planbar ist, muss gestaltet werden“: Genau das ist die Kernaussage einer neuen Theorie der Wirtschaftswissenschaften, der Effectuation. Es ist eine Entscheidungslogik und Vorgehensweise, die in Situationen der Ungewissheit von erfahrenen Entrepreneuren eingesetzt wird. Weil Effectuation davon ausgeht, dass die Zukunft nicht vorhersehbar ist, stellt sie statt fester Ziele, Vorhersagen und Strategien den Zufall ins Zentrum.

Begründerin dieser revolutionären Theorie ist die Entrepreneurship-Forscherin Saras Sarasvathy. Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, wie erfahrene Unternehmer Herausforderungen angehen, konfrontierte sie 27 Experten mit den Gründungsproblemen eines fiktiven Unternehmens. Bei der Bearbeitung dieser unterschiedlichen Szenarien sollte jeder Gedanke laut ausgesprochen werden.

Das Ergebnis des Experiments? Die Unternehmer folgten nicht einer kausalen Logik, die zum Beispiel der Marktforschung zugrunde liegt. Sie legten also kein Ziel fest, sammelten anschließend Informationen und bestimmten dann die Lösungsansätze. Die Unternehmer schlugen einen ganz anderen Weg ein. Dieses Vorgehen fasste Sarasvathy in den vier Grundsätzen von Effectuation zusammen.

Wie lassen sich diese Prinzipien umsetzen – und was können Gründer daraus ableiten?

Die 4 Prinzipien von Effectuation

1.    Drei wichtige Fragen stellen

Junge Unternehmer sollten zunächst eine Bestandsaufnahme ihrer Mittel und Kompetenzen vornehmen. Dabei sollten sie sich auf drei Fragen konzentrieren: Wer bin ich? Was weiß ich? Wen kenne ich? Diese Überlegungen helfen dabei, Ressourcen zu identifizieren, die sofort einsatzbereit sind. Innovation braucht Schnelligkeit.

2.    Verluste eingrenzen statt hoch pokern

Informationen über zu erwartende Einnahmen sammeln? Im Voraus die ideale Höhe des eigenen Investments bestimmen und darauf aufbauend die finanzielle Planung des Unternehmens bestimmen? Besser nicht. Gründer sollten wirklich nur das einsetzen, was sie ohne große Probleme entbehren können. So lassen sich die wahrscheinlichen Verluste von Anfang an auf ein verkraftbares Maß begrenzen.

3.    So viele Partner wie möglich einbinden

Um effektiv zu sein, sollten Unternehmer so früh es geht auf Partnerschaften setzen. Denn mit jedem zusätzlichen Partner stehen dem Gründungsprojekt neue Mittel und Ressourcen zur Verfügung. Durch die Selbstverpflichtung von Stakeholdern zum Beispiel lassen sich völlig neue Märkte erschließen.

4.    Das Unerwartete nutzen

Zufälle und Überraschungen sollten nicht ausgeschlossen, minimiert oder überwunden werden – ganz im Gegenteil. Gründer müssen den Zufall als solchen anerkennen und ihn für sich nutzen. Wie das geht? Indem unerwartete Ereignisse nicht als Gefahr, sondern als Chance für Umdenken genutzt werden.

Einzeln für sich genommen stellt keines dieser Prinzipien Neues dar – doch gemeinsam bilden sie eine ganz neue Handlungslogik. Anstatt also wie bisher Vorhersagen zu treffen, Ziele zu definieren und alles minutiös zu planen, geht es darum, dem Zufall zu folgen und auf Basis seiner bereits vorhandenen Ressourcen das jeweilige Vorhaben zu gestalten.

Und wie bewährt sich Effectuation in der Praxis?

Um dies herauszufinden, startete ein Forscherteam der RTWH Aachen ein Experiment. Im Zuge dessen wurden 523 Manager aus dem Bereich Forschung und Entwicklung zu ihren letzten Projekten befragt. Die Befragungen zeigten, dass Projekte mit einem niedrigen Innovationsgrad erfolgreicher sind, wenn sie auf klassische Planung und ein starkes Prozessmanagement setzen. Bei Projekten mit einem hohen Innovationsgrad wirkten sich diese Tugenden jedoch kontraproduktiv aus. Stattdessen waren hier die Prinzipien von Effectuation erfolgreicher.

Effectuation bildet also eine Treibkraft für Innovation, bei der durch die offene Herangehensweise alle Kräfte genutzt, die richtigen Fragen gestellt und im Ergebnis die Ungewissheiten der Innovationsvorhaben reduziert werden.

ESCP Europe legt das Fundament für erfolgreiches Unternehmertum

Und genau dieses agile Mindset ist wichtig: Um erfolgreich zu sein, müssen sich Gründer nicht nur kritische Fragen stellen, sondern auch ständig an sich und ihrer Idee arbeiten.
Deswegen bietet die weltweit älteste Wirtschaftshochschule, die ESCP Europe, seit April 2016 einen Executive Master in Digital Innovation and Entrepreneurial Leadership an, der sich als berufsbegleitendes Programm an Projekt- und Innovationsverantwortliche unterschiedlicher Firmen sowie an Gründer richtet.

Ziel ist es, die konzeptionellen und unternehmerischen Fähigkeiten der Teilnehmer zu stärken, zu entwickeln und neue Geschäftsmodelle – insbesondere im Kontext der digitalen Transformation – zu identifizieren und umzusetzen.

Verbindet internationalen Austausch und Startup-Spirit: Die Blue Factory

Die Seminarmodule finden in Berlin, Shanghai, Paris, London und im Silicon Valley statt. Einen studienergänzenden Rahmen für erfolgreiche Unternehmensgründung bildet die Blue Factory, der Startup-Inkubator der ESCP Europe: Hier können sich die Studierenden mit erfolgreichen Gründern austauschen und sich bei ihren eigenen Projekten begleiten lassen. Inzwischen blickt die Blue Factory auf mehr als 40 Gründungen zurück.

Noch Fragen? Mehr Informationen zur Theorie der Effectuation als auch zum Executive Master gibt es hier weitere Informationen.

 

Artikelbild: ESCP Europe