Elizabeth Holmes in einem Youtube-Video von Theranos

Elizabeth Holmes gehört zu den ganz Großen der US-Tech-Branche. Sie wird häufig in einer Reihe mit Uber-Chef Travis Kalanick oder Facebook-Gründer Dustin Moskovitz genannt. Mit einem geschätzten Vermögen von 4,5 Milliarden US-Dollar ist sie die erfolgreichste Frau im Silicon Valley – und die jüngste Self-Made-Milliardärin der Welt. Holmes ist Gründerin und Geschäftsführerin von Theranos. Ihr Unternehmen, das Bluttests schneller und günstiger anbietet, soll das US-amerikanische Gesundheitssystem komplett verändern.

Wie will Holmes das schaffen? Theranos verspricht Bluttests ohne Spritzen, die Blut aus den Venen ziehen. Holmes ist überzeugt, dass viele Menschen einen Test vermeiden, weil ihnen die Spritzen weh tun. Gefährliche Krankheiten würden so erst zu spät erkannt. Auch Holmes hat Angst vor Spritzen. Während ihres Studiums an der Stanford-Universität entwickelte sie deswegen eine Methode, bei der ein kleiner Pieks in den Finger genügt, um viele verschiedene Tests durchführen zu können. Hinzu kommt, dass die von Holmes entwickelte Methode nicht nur weniger schmerzhaft ist als traditionelle Blutentnahmen, sondern auch deutlich günstiger. „Edison“ taufte Holmes dieses Verfahren. Obwohl das Unternehmen damit wirbt, so transparent wie möglich zu kommunizieren, sind Details zu dem Verfahren und den entwickelten Maschinen bislang streng geheim.

Als Theranos 2003 gegründet wurde, war Holmes erst 19 Jahre alt. Heute ist sie 31 – und bislang wurde sie nur für ihre Erfolge gefeiert. 400 Millionen US-Dollar hat die Firma insgesamt eingesammelt, bei einer Bewertung von neun Milliarden Dollar. Holmes hält noch etwa die Hälfte der Anteile. Sogar Ex-Oracle-Chef Larry Ellison steckte sein Geld in das Unternehmen mit Sitz in Palo Alto. Auf unzähligen Tech-Konferenzen wurde Holmes, die wegen ihrer schwarzen Rollkragenpullis gern mit Steve Jobs verglichen wird, eingeladen. Sie war auf dem Cover dutzender Magazine. Die Drogeriekette Wallgreens vereinbarte einen großen Deal mit ihrem Unternehmen.

Doch nun hat das Wall Street Journal in einer Titelgeschichte schwere Vorwürfe gegen Theranos und Gründerin Holmes erhoben. Die US-Zeitung schreibt, sie habe von ehemaligen Mitarbeitern erfahren, dass Theranos bis Ende 2014 nur sehr wenige Tests mit Hilfe der eigenen Methoden durchgeführt habe. „Theranos hat bisher noch nie öffentlich bekanntgegeben, dass es die Mehrheit der Tests mit traditionellen Maschinen durchführt, die es von Unternehmen wie Siemens kauft“, schreibt Investigativ-Journalist John Carreyrou. Zudem seien viele der Tests ungenau. Die Zeitung zitiert mehrere Patienten, die ungenaue Testergebnisse erhalten hätten.

Theranos Anwalt bestätigt gegenüber dem Wall Street Journal, dass das Unternehmen nicht für alle Tests seine eigenen Maschinen nutze. Elizabeth Holmes wollte sich gegenüber der Zeitung nicht zu den Vorwürfen äußern. Nach dem Erscheinen des Artikels veröffentlichte Theranos ein Statement: Die Geschichte sei „sachlich und wissenschaftlich falsch und basiere auf Behauptungen von verärgerten und unerfahrenen Angestellten und etablierten Betreibern“. In einem Interview mit dem TV-Sender CNBC äußerte sich Holmes schließlich: Sie sei „schockiert“ gewesen, das Wall Street Journal habe einseitig recherchiert und nur ehemalige Mitarbeiter befragt, die schon lange nicht mehr bei dem Unternehmen arbeiteten. Komplett von sich weisen konnte sie die Vorwürfe der Zeitung allerdings nicht.

In einem weiteren Artikel schrieb das Wall Street Journal nun, Theranos würde seinen Patienten das Blut mittlerweile nicht mehr mit „Fingerpicks“ entnehmen, sondern mithilfe von Spritzen. Theranos bestätigt das zwar, behauptet aber gleichzeitig, das eigentliche Ziel – kleinere Proben, niedrigere Kosten – würde trotzdem erreicht.

Und so geht es nun hin und her zwischen dem Wall Street Journal und der Tech-Milliardärin Elizabeth Holmes. Und niemand weiß so recht, was die Recherchen noch auslösen werden. Und ob sie tatsächlich so voller Fehler sind, wie Theranos es behauptet. Holmes jedenfalls gibt sich wenig irritiert – und nutzt ein abgeändertes Gandhi-Zitat: „Das ist das, was passiert, wenn du Dinge verändern willst. Erst denken sie, du seist verrückt, dann bekämpfen sie dich und plötzlich veränderst du die Welt.“

Bild: Youtube / Theranos