Brain

Eigentlich liegt die Idee auf der Hand. „Wir sind längst zu Cyborgs geworden“, sagt Elon Musk. Also ein Mischwesen aus lebendigem Organismus und Maschine. „Nur ist die Geschwindigkeit unseres Interfaces nicht ausreichend“, so Musk weiter. Denn das User-Interface ist in den meisten Fällen unser Daumen – der Daumen, mit dem wir Buchstaben in unsere Smartphones tippen. Also muss ein neues Interface her, das es möglich macht, dass unsere digitalen Helfer schneller mit unserem Gehirn kommunizieren können. Am schnellsten ginge es, wenn die Geräte direkt mit dem Gehirn verbunden sind. Und genau daran soll Musks neues Startup Neuralink arbeiten.

Geräte wie unser Smartphone, der Desktop-Computer oder intelligente Sprachassistenten wie Siri oder Echo von Amazon bilden eine dritte, eine digitale Schicht unseres Ichs. Eine Schicht neben dem Stammhirn, das die grundlegenden Funktionen des Menschen steuert, und dem Neocortex, der Großhirnrinde, in der die Repräsentationen der Sinneseindrücke, der für Bewegungen zuständige Motorcortex und die weiträumigen Assoziationszentren sitzen. Musk: „Wenn wir gestorben sind, bleiben unsere digitalen Spuren unseres Ichs immer noch lebendig.“ 

Niemand weiß, wie das Gehirn funktioniert

Zwei Dinge will Musk mit seiner Firma Neuralink erforschen: Die Bedienbarkeit digitaler Helfer mit Hilfe des menschlichen Gehirns und den Ausbau des Speichers für Informationen im menschlichen Gehirn. Auch für Musk selber klingt dieser Plan wie Science Fiction. Denn die Arbeitsweise des Gehirns konnten Forscher und Wissenschaftler immer noch nicht genau entschlüsseln. Eingriffe in das menschliche Gehirn sind nach wie vor extrem riskant und die Folgen einer Verletzung nicht vorherzusagen.

Das menschliche Gehirn besteht geschätzt aus knapp 100 Milliarden Nervenzellen, dazu kommen ähnlich vielen Gliazellen, die eine Art elektrischer Isolation um die Neuronen bilden. Ihr Zusammenspiel ist nach wie vor in vielen Teilen rätselhaft. Deshalb gibt es derzeit nur wenige Unternehmen, die sich mit dieser aufwändigen und kostspieligen Grundlagenforschung beschäftigen. Die Firma Kernel wäre ein Beispiel. Für ihren Gründer Bryan Johnson und CEO ist es nur eine Frage der Zeit, bis wir Computerchips im Gehirn tragen werden. Deshalb hat er 100 Millionen Dollar in sein Startup investiert.  

Wenn der Arzt den Schädel öffnet…

Aber auch Johnson muss zugeben: „Die meisten gesunden Leute finden den Gedanken, dass ein Arzt ihren Schädel öffnet, eher beunruhigend.“ Deshalb arbeitet er derzeit lediglich mit Patienten zusammen, die medizinische Hilfe benötigen.

Musk und Johnson spielt eine Entwicklung in die Karten: Mit Hilfe von Datenanalyse und künstlicher Intelligenz werden auch die Neurowissenschaften in den kommenden Jahren einen Sprung machen. Projekte wie das europäische „Human Brain Project“ oder die amerikanische „Brain Initiative“ gehen gerade diesen Weg. Mit milliardenschwerer Unterstützung. Wir werden sehr viel besser verstehen, wie das Gehirn des Menschen funktioniert. Und wie es vielleicht mit digitalen Hilfsmitteln zusammenspielen könnte. 

Rechenkraft für noch mehr menschliche Intelligenz

Der Unternehmer Musk hat mit seinen Raketen, dem Tesla und der Hyperloop-Idee bewiesen, dass er groß denken kann. Er lässt sich von Einwänden, Widerständen und etablierten Bedenkenträgern nicht so schnell entmutigen. Die menschliche Intelligenz ist das kostbarste Gut, das wir besitzen. Es macht aus unserer Spezies ziemlich gut funktionierende Überlebensmaschinen. Ist es nicht eine wunderbare Vorstellung, dass wir sie mit Rechenkraft von Computerchips auf ein völlig neues Level heben könnten? Oder ist das eher ein Alptraum? Das liegt wie bei allen großen Erfindungen am Ende nur an uns selber.

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