Wie zwei Physiker sich den Herausforderungen der Energiewende stellen - KfWJoachim Kuhn baut das Geschäft mit va-Q-tainern aus. Er ist einer von drei Forschern, die va-Q-tec im Jahr 2000 gründeten. Heute gehören neben Kuhn Mitgründer Roland Caps sowie Christopher Hoffmann zum Vorstand. Bild: Dominik Buschardt


Die Hightech-Schmiede va-Q-tec stellt besonders effektives Dämmmaterial her. Ihre Gründer, zwei Physiker, entwickeln auf diese Weise neue Lösungen für die Herausforderungen der Energiewende. Die KfW ist von Beginn an beteiligt.

Vom Kühlschrank bis zur Kirche: Alles wird energieeffizient

Kaum ist eine Fotoidee für den KfW-Ratgeber ,VC‘ geboren, steht va-Q-tec-Chef Joachim Kuhn mit einer Leiter da und hockt Sekunden später in vier Metern Höhe auf dem Rand eines geöffneten Containers. Die Beine baumeln lässig aus dem wärmeisolierten Spezialbehälter, der die Aufschrift „va-Q-tainer“ trägt. Der Vorstandsvorsitzende lächelt zufrieden. Der 51-Jährige ist ein Macher, und das zeigt er auch.

In der Lagerhalle der Hightech-Schmiede, die in einem Industriegebiet in Würzburg Lösungen für die Energiewende entwickelt, sind die va-Q-tainer turmhoch gestapelt. „Unser Wachstum ist sehr sportlich“, sagt Kuhn. Im vergangenen Jahr habe sich der Umsatz mit den Mietcontainern fast verdreifacht. Absolute Zahlen nennt der Manager nicht. „Wir reden hier über zweistellige Millionenbeträge“, gibt er zu verstehen. Der Würzburger Mittelständler dämmt alles, was mit einer schützenden Hülle energieeffizient wird. Häuser, auch einmal eine denkmalgeschützte Kirche im fernen Schottland. Er isoliert Kühlschränke und Rohre, ummantelt Autobatterien, Kraftstofftanks – und Container. Die Behälter gibt es in vier Größen, die Innentemperatur ist nahezu frei wählbar und für fünf Tage garantiert. So kann zum Beispiel die pharmazeutische Industrie Medikamente gekühlt in heiße Regionen liefern.

Gute Dämmung bei wenig Platz

Herzstück eines va-Q-tec-Produkts ist das Vakuumisolationspaneel (VIP). Es funktioniert wie eine Thermoskanne, nur eben in Form einer Platte. Im Hohlraum des Paneels steckt ein verpresstes, mikroporöses Pulver. Details gibt das Unternehmen nicht preis. Der Wettbewerbsvorteil der Bastler aus Unterfranken: Ihre VIP sind raumsparender als konventionelles Dämmmaterial. Wo andere 20 Zentimeter dickes Styropor verwenden, kommt va-Q-tec mit einem nur zwei Zentimeter starken Paneel aus. „Das eröffnet uns Marktchancen dort, wo eine sehr gute Wärmedämmung gefragt, aber wenig Platz vorhanden ist“, erklärt Kuhn. In Flugzeugen etwa oder in Schiffen, kleinen Wohnungen oder engen Stadtquartieren.

Die Hightech-Platten sind freilich nicht billig. „Zugegeben, bei unserem Material sind die Quadratmeterkosten höher als etwa bei Styropor“, räumt CEO Kuhn ein. „Aber wenn Sie mit dem Einsatz dünner Paneele Platz sparen oder um zusätzliche Bauarbeiten herumkommen, dann zahlt sich das unterm Strich aus.“ Als Beispiel führt er ein Wohn- und Geschäftshaus in München an, das aus Platzgründen nicht mit konventionellem Material isoliert werden durfte. „Mit unserer Dämmung konnten wir mehr Innenraum bewahren, den der Bauherr entsprechend rentabler vermieten oder verkaufen konnte.“

Das Potenzial hinter der Geschäftsidee erkannte die KfW bereits vor 15 Jahren

Überzeugend hat Kuhn schon vor 15 Jahren gewirkt. Als Gründer beeindruckten er und Entwicklungsvorstand Roland Caps mit ihrer Geschäftsidee die KfW. Gemeinsam mit einem privaten Leadinvestor beteiligte sich die Förderbank mit Kapital aus dem ERP-Startfonds – der jetzt vom VC-Fonds Coparion abgelöst wurde – an der noch jungen Aktiengesellschaft. „Bei uns hat die Finanzierung immer gut geklappt, auch dank der KfW, die zu unseren Gründungsinvestoren zählt und auf der Suche nach weiteren Geldgebern eine wichtige Referenzadresse war“, sagt Kuhn.

Von Hause aus ist der bodenständige Manager wie sein Kollege Caps promovierter Physiker. Beide studierten in Würzburg, beide bauten ebenda das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung mit auf – und beiden war eine Karriere an dem anerkannten Forschungsinstitut nicht genug. Das nötige Rüstzeug für die Selbstständigkeit war vorhanden. „Schon während meines Physikstudiums habe ich im Nebenfach BWL und nicht etwa Astronomie belegt“, erzählt Kuhn. Lehrgeld musste er trotzdem zahlen. So ging die ursprüngliche Geschäftsidee, die va-Q-tainer zu verkaufen, nicht auf. Erst eine Leasingvariante verhalf zum Durchbruch. Weltweit existieren nun bereits 23 Anlaufstellen für Kunden, 19 weitere Stationen sind geplant. Zuletzt eröffnete va-Q-tec gemeinsam mit dem Speditionsunternehmen Yusen Logistics die erste Basis in Indien. Die Erwartungen an das Geschäft in dem wachstumsstarken Land sind hoch.

Gewappnet für Neues

Wenn CEO Kuhn an Asien denkt, schlägt sein Unternehmerherz ohnehin schneller. Nach den ersten beiden Auslandsniederlassungen in Großbritannien und den USA hat va-Q-tec in Südkorea eine dritte eröffnet. „In Asien spielt Platz eine wichtigere Rolle als bei uns“, erläutert der Manager, der für Veränderungen am Markt gewappnet sein will. Daher fährt va-Q-tec mehrgleisig, expandiert im Ausland, erweitert aber auch die Produktpalette. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen 230 Männer und Frauen, bald schon wird die Belegschaft auf mehr als 250 wachsen. Voriges Jahr startete das Geschäft mit VIP-isolierten Warmwasserspeichern. Der Verlust an Wärme gegenüber konventionell ummantelten Speichern liege in der Regel um 40 bis 50 Prozent niedriger, schwärmt Kuhn. Bei einem typischen 500 LiterSpeicher könnten jährlich 550 Kilowattstunden eingespart werden, sagt er.

Dann rechnet Kuhn. Pro 100.000 installierten VIP-Speichern könnten pro Jahr rund 35.000 Tonnen CO₂-Emissionen vermieden werden, ermittelt er. Für den Vorzeigeunternehmer drückt sich Erfolg nicht nur in der Umsatzrendite aus, sondern auch in messbaren Effekten für die Umwelt. Diese Einstellung erfährt auch öffentlich Anerkennung. Die Würzburger wurden für ihre grüne Technologie bereits mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem ,KGCCI Innovation Award‘ der Deutsch-Koreanischen Industrie- und Handelskammer und dem ,Step Award‘ von Infraserv Höchst und Frankfurt Business Media.

 

Text: Bernd Salzmann
Bild: Dominik Buschardt