Enterprise Sales Fehler Steli Efti

Ein Beitrag von Steli Efti, Mitbegründer und Geschäftsführer von Close.io – einer App, die Gründern und Verkaufsteams dabei hilft, mehr zu verkaufen.

Von B2C zu B2B

Enterprise Sales ist tückisches Terrain für unerfahrener Gründer. Hier ist die Geschichte meines ersten Silicon-Valley-Startups (und wie ich es vergeigt habe).

Mitte 2007. Wir sind ein winziges Team; ich als Gründer und ein Entwickler. Unsere Open-Education-Facebook-App läuft nicht wirklich an, und es sieht aus, als ob uns langsam der Sprit ausgeht.

Eines Tages, völlig unerwartet, landet eine E-Mail in meinem Posteingang. Absender? Eine Top-Führungskraft von Google. Sie ist begeistert: „Das ist genau das, was ich intern bei Google machen will! Unsere Entwickler auf der ganzen Welt sollen sich so gegenseitig schulen können.“

Wir sind ein mehr oder weniger zurecht-geschustertes Startup – und als solches sind wir zugleich euphorisch und nervös. Wir denken uns: „Hey, wir haben uns so lange den Allerwertesten aufgerissen, um einzelne User zu gewinnen, und was ist dabei rausgekommen? Vielleicht sollten wir stattdessen lieber an Unternehmen verkaufen? So können wir auch direkt Umsatz generieren, anstatt ein esoterisches Monetarisierungsmodell zu entwickeln.“

Ein Meeting mit Google kommt schnell zustande, und mehrere Manager aus den oberen Führungsebenen bringen sich ein: Sie lieben unser Produkt und unsere Vision!

Wir haben unsere Zweifel. Wir sind zu klein. Unser Produkt ist nicht wirklich fertig entwickelt. Wir wissen nicht, wie Enterprise Sales funktioniert. Doch die Gelegenheit ist einfach zu verlockend – unmöglich, sie einfach ungenutzt verstreichen zu lassen. Also tun wir es: Kurskorrektur – von nun an sind unsere Zielgruppe Unternehmen.

Es ist so einfach!

Da wir durch Google schon mittendrin sind, nutzen wir die Kontakte zu unseren Investoren, um auch Meetings mit anderen Technologiekonzernen aufzusetzen. Wir geben unser Bestes, perfektionieren unseren Pitch, verfeinern das Produktkonzept… Das Resultat? Die Führungskräfte sind begeistert – nicht nur bei Google, sondern auch bei Intuit und Oracle. Alle drei stimmen sie einem Pilotversuch zu.
Boom!

Wir fühlen uns wie die Könige der Welt und feiern unsere eigene Genialität. Offensichtlich sind wir die cleversten Leute in ganz Silicon Valley. Alle sagen, Enterprise Sales sei schwierig! Für uns? Ein Kinderspiel! Wir haben’s voll drauf!

Zwölf Monate später…

Der Google-Deal ist geplatzt. Intuit ist im Sand verlaufen. Oracle hat uns das Herz gebrochen.

Wir sind bei drei verschiedenen Unternehmen auf drei verschiedene Arten gescheitert.

Bei Google hatten wir den Vertrag in der Tasche. Sie hatten bereits unterschrieben, und alles war in die Wege geleitet. Was also sollte noch schief gehen?

Schließlich war eine von Googles Top-Leuten Feuer und Flamme für unser Projekt. Sie trat sogar unserem Advisory Board bei. Google stellte ein nicht unbeträchtliches Budget für das Pilotprojekt mit unserem Produkt zur Verfügung. Selbstverständlich würden sie ihr Bestes tun, um dieses Pilotprojekt erfolgreich durchzuführen – schließlich bezahlten sie dafür mit ihrem eigenen Geld.

Offensichtlich waren wir vollkommen ahnungslos, was Enterprise Sales angeht.

Was hatten wir übersehen? Nun, die Top-Person bei Google hat das Pilotprojekt an eine Projektmanagerin übergeben. Und diese Projektmanagerin teilte die Begeisterung der Top-Person nicht. Die Projektmanagerin hatte kein Interesse daran, unser Produkt als eine interne Schulungsplattform bei Google zu etablieren.

Nur weil irgendjemand weit oben in der Firmenhierarchie ihr die Verantwortung für dieses Projekt zugeschoben hatte, war sie deshalb nicht automatisch Feuer und Flamme.

Sie hatte ihre Pflichtübung erfüllt, um sagen zu können: „Wir haben’s versucht, aber es hat leider nicht gepasst.“ Bitte wenden – hier geht’s zu den Learnings.

BILD: © panthermedia.net / nejron

Enterprise Sales Fehler Steli Efti

Begeistere jeden, der involviert ist

Die Projektmanagerin war kein schlechter Mensch. Wir hatten nur übersehen, eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Wir haben ihr niemals unsere Vision verkauft. Wir haben nicht gefragt, was wir tun könnten, um ihr zu helfen, den Pilotversuch in einen Erfolg zu verwandeln.

  • Wir haben ihr keinerlei Schulungsunterlagen und keine Tutorials zur Verfügung gestellt.
  • Wir haben ihr keine Roadmap für den Piloten angeboten.
  • Wir haben keine KPIs erstellt, keinerlei internes Marketing oder Promo-Material.
  • Wir haben ihr nicht dargelegt, inwiefern dieser Pilotversuch eine Chance für ihre Karriere darstellen könnte.

Wir waren uns nicht bewusst, welche anderen Möglichkeiten ihr offen standen, andere Projekte zum Erfolg zu führen. Wir übersahen, dass andere Firmen und Dienstleister, die auch Geschäfte mit Google machen wollten, unsere Projektmanagerin bezirzten.

Wir haben es einfach verfehlt, den Pilotversuch zu managen. Und das ganze Projekt ist auseinandergefallen.

Wir waren am Boden zerstört. Aber immerhin stand ja noch der Intuit-Pilotversuch an…

Intuit hatte eine spezielle Vorstellung, wie sie unsere Platform intern einsetzen wollten. Wir waren nicht davon überzeugt, dass ihr Plan aufgehen würde, doch wir dachten uns: „Hey, das ist Intuit, die führen ein Milliardenunternehmen. Die werden schon wissen, was funktioniert und was nicht, und wie sie es am besten machen!“

Wir wollten das Verhältnis zu den Intuit-Leuten auch nicht auf’s Spiel setzen mit unseren Zweifeln und Einwänden. Oder mit „unqualifizierten Einwänden“ als unprofessional erscheinen. Wir hatten Angst, das könnte den Deal gefährden. Also behielten wir unsere Einwände für uns und hofften stattdessen, dass die Intuit-Genies das Ganze zum Laufen bringen würden.

Ihr „Pilotversuch“ war schlussendlich nichts anderes als eine E-Mail. Eine einzige E-Mail, welche sie an ihre internen Nutzer rausgeschickt hatten. Natürlich war die Reaktion auf diese eine E-Mail „schwach“. Pilotversuch gescheitert.
Welchen Fehler hatten wir bei Intuit begangen? Wir haben die Schwachpunkte, die wir erkannt haben, nicht angesprochen. Wir haben keine besseren Alternativen vorgeschlagen – und wieder einmal den gesamten Prozess nicht gemanaged, sondern mehr oder weniger „auf Abrufbereitschaft“ am Spielfeldrand gestanden und zugeguckt.

Umstrukturierung in der Organisation

Doch die schmerzhafteste Erfahrung von allen war Oracle. Wir investierten fast neun Monate darin, den Deal zu machen. Wir bauten eine Beziehung zu einem stellvertretenden Geschäftsführer auf, zum Direktor und zu Managern auf verschiedenen Ebenen.

Wir hatten einen riesigen Pilotversuch geplant. Wir erarbeiteten einen detaillierten Aktionsplan, definierten Kennzahlen, um den Erfolg des Pilotprojekts ermessen zu können, vereinbarten ein Budget. Sie stellten Zehntausende Dollar für das Pilotprojekt zur Verfügung.

Nachdem wir neun lange Monate darin investiert hatten, diese Beziehungen aufzubauen, die Beteiligten für unser Projekt zu gewinnen und den gesamten Prozess bis ins letzte Detail zu planen, geschah etwas, womit wir nicht gerechnet hatten. Kurz vor der Vertragsunterzeichnung kündigte der stellvertretende Geschäftsführer bei Oracle, um in ein anderes Unternehmen zu wechseln. Und er nahm all die Leute mit, zu denen wir im Laufe der vergangenen neun Monate eine Beziehung aufgebaut hatten. Wir standen mit leeren Händen da.

Alle unsere Hoffnungen waren zunichte gemacht. Unser Traum war geplatzt. Enterprise Sales hat uns durchgekaut und ausgespuckt. Mein Programmierer verließ unser kleines Startup. Ich war vollkommen ausgebrannt. Wir hatten nichts erreicht. All die harte Arbeit, die schlaflosen Nächte, die vielen aufgebrachten Opfer… alles für die Katz.

Es war eine bescheidene Erfahrung. Ich teile sie hier in der Hoffnung, dass irgendein Gründer sie liest und aus meinen Fehlern lernt – und sich so eine ähnliche Erfahrung sparen kann.

Diese Fragen können helfen, Fehler in der eigenen Verkaufsstrategie zu finden und beheben:

  • Wer sind die Stakeholder, die in den Deal involviert sind?
  • Auf einer Skala von eins bis zehn, wie sehr will jede dieser Personen, dass der Deal zustande kommt?
  • Sieht jede dieser Personen eine Chance für ihre Karriere in diesem Deal?
  • Ist jede dieser Personen von diesem Deal begeistert? Hast Du jedem die Vision verkauft?
  • Welche Einwände hegen die jeweiligen Akteure?
  • Leitest Du das Onboarding für das Pilotprojekt selbst? Bist du aktiv involviert und stellst du sicher, dass das Pilotprojekt erfolgreich für deinen Kunden verläuft?
  • Hast Du klar definierte Kennwerte, welche bestimmen, wann das Projekt erfolgreich ist? (Dein Kunde sollte diese Kennwerte definieren, denn es ist seine Wertung die zählt, nicht Deine!)

Ich hoffe, dass dieser Artikel anderen Gründern hilft, diese kostspieligen (und schmerzhaften) Fehler zu vermeiden, und erfolgreich Deals mit großen Konzernen abzuschließen.

Bild: © panthermedia.net / nejron. Dieser Artikel erschien zuerst in englischer Sprache auf dem Close.io-Blog.