Google Chairman Eric Schmidt heute auf der Noah-Konferenz in Berlin

Eric Schmidts Auftritt heute auf der Noah-Konferenz in Berlin war vor allem eines: charmant. Der Google Chairman war merklich bemüht, das in Europa stellenweise angeschlagene Image seines Unternehmens aufzupolieren. Dabei verstand Schmidt es vortrefflich, Googles Errungenschaften in den Fokus zu stellen. Der Internetkonzern habe schließlich mit allen Angeboten immer die Probleme der Nutzer in den Vordergrund gestellt: von Text- und später Bildersuche über den Übersetzungsdienst sowie Maps bis hin zur Sprachsteuerung. Und sogar Diabetes-Kontaktlinsen.

Der Tech-Gemeinde bei der Konferenz verpasste Schmidt außerdem eine wunderbare Motivationsrede: Europa habe ganz große Chancen im Tech-Bereich – und müsse sich vor den USA nicht verstecken. Eigentlich gab es kein Thema, auf das er dabei nicht einging:

  • Selbstfahrende Autos. Etwa. 1,2 Millionen Verkehrstote pro Jahr, 21.000 davon in den USA, etwa 3.000 hierzulande – Computer können das besser, auch wenn Google zuletzt selbst einige Unfälle seiner Prototypen zu erklären hatte. Schmidt sagt: „Menschen machen Fehler, und Computer, wenn sie richtig programmiert sind, machen das nicht.“ In der Zukunft werde jedes Auto vom Computer gesteuert werden. Und wer baut die besten Autos? „Deutschland kann hier World-Leader werden“, zeigte sich Schmidt sicher.
  • News. Das Thema Nachrichten entdecken immer mehr Unternehmen für sich. Facebook versucht mit seinen Instant Articles der Newskanal Nummer eins zu werden, Apple hat gerade eine eigene News-App angekündigt und unzählige Startups wie Flipboard versuchen ebenfalls, den Markt aufzurollen. Google hat es dabei in Europa nicht immer leicht gehabt – Stichwort Leistungsschutzrecht. 100 Millionen Euro im Rahmen einer Digital News Initiative sollen helfen, einen gangbaren Weg für Verlage und Suchmaschine zu finden – insbesondere diesseits des Atlantik.
  • Natürlich auch das Gründen. Berlin, Deutschland und Europa könne auf eine bemerkenswerte Startupszene blicken. Um die Begeisterung für den Schritt zum eigenen Unternehmen noch mehr zu fördern, hat der Internetkonzern zusammen mit deutschen Großunternehmen wie E.on, Volkswagen und Partnern aus der Wissenschaft gerade das Projekt „Gründen live“ gestartet. Ein Venture Fund für Europa wurde darüber hinaus von 100 Millionen auf 125 Millionen Euro erhöht. Das alles geht runter wie Öl – gerade auf einer gründerlastigen Tech-Konferenz.
  • Schließlich Gesellschaft und Politik. Europa müsse den Mangel an IT-Profis endlich angehen, das hatte Schmidt schon in einem Gastartikel beim Tagesspiegel gefordert. Endlich einen digitalen Binnenmarkt schaffen. Und sich um geistiges Eigentum, Urheber- und Konsumentenrechte kümmern. „Die EU wird Regulierung schaffen. Ihr solltet Euch vor diesen Gesetzen nicht fürchten.“ Besonders: Man solle keine Angst vor Big Data haben – sondern lieber Geld „on top of it“ verdienen, da die Daten nun einmal da wären. Dass das als „Datenkrake“ empfundene Google seine ganz eigenen Auseinandersetzungen mit der europäischen Politik hat, lässt Schmidt heute einmal außen vor. Einige Jobs würden durch die digitale Transformation verloren gehen, was aber aufgewogen werde durch den Wert der Daten – das habe gar nicht er, sondern Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern gesagt. Man versteht sich wohl bestens, so die Botschaft.

Eigentlich gehe es bei der Digitalisierung aber gar nicht so sehr um Geschäftsmodelle oder Formalitäten, sagt Schmidt. Sondern um „Wow-Momente“, jeder solle die irgendwann haben: „Hat sich die Welt schon wieder verändert?!“ Durch Technologie und zum besseren natürlich. Seine eigenen Wow-Momente? Zuletzt, als einem Blinden durch Technologie geholfen wurde, wieder Dinge zu wahrzunehmen. „Er konnte wieder erkennen, wo ich stehe, wenn er mit mir sprach.“ Nur Gazellen – kleine, schnell wachsende Unternehmen – machten so etwas möglich. „Innovation und ein Verständnis von Unternehmertum“ – darum werde es bei der Gestaltung der Zukunft gehen.

Wer in der anwesenden Tech-Gemeinde sich nun noch immer nicht gut fühlte, dem kann wohl auch ein Eric Schmidt nicht mehr helfen.

Bild: Alex Hofmann / Gründerszene