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tim-cook-apple Apple-Chef Tim Cook

Um den amerikanischen Software-Riesen Apple ist ein transatlantischer Streit entbrannt: Während die EU-Kommission prüft, ob Apple in der Europäischen Union zu Unrecht zu wenig Steuern gezahlt hat, verteidigen die Amerikaner das Unternehmen.

Bis zu 19 Milliarden Dollar Nachzahlungen könnten dem Konzern in Europa drohen, wenn sich Apples Steuerabsprache mit Irland gemäß dem Wettbewerbsrecht der EU als illegal herausstellen sollte. Die US-Regierung fürchtet um ihr Hightechunternehmen. Sie schaltet sich daher direkt in die Auseinandersetzung mit der EU-Kommission ein und droht sogar mit Konsequenzen.

Der Streit zwischen der EU und Apple ist nicht neu: Er resultiert aus der Praxis vieler US-Unternehmen, ihre Gewinne in Europa über Tochterfirmen in Irland abzuwickeln – weil dort die Steuersätze besonders niedrig sind. Der Konzern steuert über die Töchter Apple Operations International und Apple Sales International in Irland sein komplettes Auslandsgeschäft, kann dabei auf niedrige irische Unternehmensabgaben setzen und spart so Steuern in den USA wie auch in weiteren EU-Staaten.

Auch Amazon und Starbucks sind betroffen

Inzwischen aber geht die Kommission gegen solche Deals vor. Die Wettbewerbshüter unter Kommissarin Margrethe Vestager prüfen, ob die Deals mit der irischen Steuerbehörde eventuell einen unfairen Vorteil gegenüber der Konkurrenz darstellen. In diesem Falle müsste Apple laut einer Analyse der Investmentbank JP Morgan auf seine kompletten Auslandsumsätze der vergangenen Jahre die reguläre irische Unternehmensteuer von 12,5 Prozent zahlen, was einer Nachzahlung von 19 Milliarden Dollar entsprechen würde.

Neben Apple stehen auch Amazon und Starbucks im Fokus der EU-Ermittler. Die Entscheidung der Kommission soll nach jahrelangen Untersuchungen im September fallen.

Apple hatte sich gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung stets gewehrt: Chef Tim Cook hatte anlässlich einer Untersuchung des US-Kongresses im Jahr 2013 gesagt, dass Apple jeden Dollar Steuern gezahlt habe, den der Konzern schuldig war.

In einem Interview mit der Washington Post vor einigen Tagen hatte Cook sich erneut zu den Vorwürfen geäußert und gesagt, dass er in Irland legal geparkte Gewinne in den USA versteuern wolle. Allerdings nur unter einer Bedingung: Er werde das Geld nicht zurück in die USA bringen, bevor dort nicht eine Unternehmensteuerreform verwirklicht werde. „Der Vorwurf der EU lautet, dass Irland uns ein Steuer-Sonderangebot gemacht hat. Irland bestreitet das.“

Der Vorgang ist brisant

Dass nun Irlands Steuerbehörde von der EU-Kommission dort zum Zugriff genötigt werden könnte, wo die US-Steuereintreiber bislang nicht zugreifen können, stößt bei der US-Regierung auf Empörung: Am Mittwoch veröffentlichte das US-Finanzministerium ein Papier, in dem ungewöhnlich deutliche Worte stehen: „Das US-Finanzministerium erwägt potenzielle Antworten, wenn die Kommission ihren aktuellen Kurs beibehalten sollte.“ Wie genau diese Antworten aussehen könnten, wird nicht beschrieben.

Der Vorgang ist brisant, auch weil die Amerikaner normalerweise für sich in Anspruch nehmen, überall auf der Welt US-Steuerrecht durchzusetzen. Die Schweiz zwangen sie zur Aufhebung ihres Steuergeheimnisses für die berühmten Banken. Anderen Staaten nötigten sie ähnliche Steuerregeln auf.

Jetzt werfen die Amerikaner der EU vor, zu Unrecht die Rolle einer EU-weiten Steueraufsicht an sich zu reißen und dabei insbesondere US-Unternehmen einseitig zu beurteilen. Dadurch seien internationale Abkommen zur Bekämpfung von Steuerflucht gefährdet. Die Kommission würde, so die US-Beamten, das internationale Steuersystem unterminieren. Insbesondere Nachzahlungen in dieser Höhe seien ohne Präzedenzfall und würden Rechtsunsicherheit bringen.

Die Formulierungen fallen deutlich schärfer aus als im diplomatischen Verkehr zwischen der EU und den USA sonst üblich. In einem kurzen Statement kommentierte eine Sprecherin der Kommission, dass die EU in ihren Untersuchungen keineswegs befangen gegenüber US-Konzernen sei. Der Ton bleibt rau in dieser Sache.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.

Bild: Gettyimages/Justin Sullivan