Ein Beitrag von Yorck Hernandez, Patentanwalt und Gründer von Crowdpatent.

Ohne Frage ist ein umfangreicher Patentschutz für viele Startups wichtig: Er stellt oft den grundlegenden Faktor für den Geschäftserfolg dar. Allerdings ist Patentschutz für junge Unternehmen auch komplex und teuer. Aus diesem Grund vernachlässigen Startups mit innovativen Ideen den nötigen Schutz häufig.

Nun soll im kommenden Jahr das europäische Patentsystem reformiert werden und die neue Regelung ab Herbst 2016 in Kraft treten. Ende Juni haben die Verhandlungspartner dafür eine wichtige Hürde genommen – seitdem stehen die Jahresgebühren für das Einheitspatent fest. Was wird sich nun für Startups hierzulande ändern? Dafür muss man zunächst das aktuelle europäische System verstehen.

Wie funktioniert das?

Bisher gibt es für alle 38 Vertragsstaaten ein zentrales Verfahren, um ein Patent anzumelden. Dafür ist das Europäische Patentamt (EPA) verantwortlich, das in einem ersten Schritt die Patente erteilt. In einem zweiten Schritt müssen die Patentinhaber – also beispielsweise Startups – nach der Erteilung entscheiden, in welchen Märkten der Schutz gelten soll. Eine wichtige strategische Entscheidung, denn die Kosten für den zweiten Schritt fallen pro Markt und Land an.

Bei 38 Vertragsstaaten ist das extrem kostspielig. Das liegt nicht nur daran, dass in den ausgewählten Staaten separat Jahresgebühren gezahlt werden müssen. Damit ein Europäisches Patent nach Erteilung als ein nationales Patent gilt, verlangen viele Vertragsstaaten Übersetzungen in die jeweilige Landessprache. Das bisherige System erscheint daher komplex und ist teuer.

Was ändert sich mit dem neuen Einheitspatent?

Mit dem Einheitspatent sollen die bestehenden, nationalen Patentsysteme vereinfacht werden. Dies gilt für 25 EU-Staaten; Italien, Spanien und Kroatien nicht eingeschlossen. Unter anderem soll das Europäische Patentamt alle Gebühren zentral erheben.

Welche Vor- und Nachteile hat ein Einheitspatent?

Die Patenterteilung – also der erste Schritt des Verfahrens – wird sich nicht verändern, wodurch auch die Kosten des Erteilungsverfahrens gleich bleiben. Allerdings müssen die Unternehmen im zweiten Schritt die erteilten Patente nicht mehr in die jeweilige Sprache übersetzen lassen. Hohe Übersetzungskosten fallen dadurch weg. So können die Firmen ihre Ausgaben für ein Patent voraussichtlich um 70 Prozent senken.

Die zuständige Stelle des Europäischen Patentamts hat nun am 24. Juni 2015 die Jahresgebühren für das Einheitspatent genehmigt. Ihre Höhe ergibt sich aus der Summe der Jahresgebühren der Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden. Daran hat sich die zuständige Stelle orientiert, da die meisten Unternehmen auf diesen Märkten Patentschutz erwirken. In der Fachsprache heißt das validieren.

Doch nach dem bisherigen Patentsystem validieren nur circa 30 bis 40 Prozent der Patentinhaber in sechs oder mehr Ländern. Daher ist fraglich, ob die Regelung mit dem Einheitspatent für die verbleibenden 60 bis 70 Prozent vorteilhaft ist. Gerade für Startups sowie kleine und mittelständische Unternehmen, die erst einmal in weniger als vier Ländern ihre Patente validieren, scheint das Einheitspatent nicht kostengünstiger zu werden als mit der bisherigen Regelung.

Ein Vorteil des Einheitspatents liegt darin, dass es zentral auf alle 25 EU-Staaten übertragen werden kann. Darüber hinaus können Lizenzen nur für einzelne Märkte vergeben werden. Das heißt, Unternehmen haben jetzt die Möglichkeit, einfacher Lizenzen für einzelne Märkte zu erteilen. Diese selektive Lizenzierung eröffnet ohne Frage neue Geschäftsmöglichkeiten: Beispielsweise kann für bestimmte Staaten eine Lizenz an ein Partnerunternehmen erteilt werden, wohingegen ein Startup seine Erfindung im Heimatmarkt selbst umsetzen kann. Bislang war das komplizierter.

Profitieren Startups von einem Einheitspatent?

Möglicherweise schafft das Einheitspatent einen Weg, einen europaweiten Schutz von Innovationen auch für Startups interessanter zu machen. Besonders eine reduzierte Komplexität und die wegfallende Validierung könnten dafür sprechen.

Allerdings ist nicht sicher, ob die Kosten für Startups wirklich sinken, da auch das Einheitspatent vergleichsweise teuer ist. Dieser Punkt würde für einen Patentschutz nur in ausgewählten Ländern, wie es bei der alten Regelung der Fall war, sprechen. Für Startups gilt sicherlich die Betrachtung des Einzelfalls.

Problematisch am Einheitspatent ist für Jungunternehmen sicherlich, dass die Kosten für das Erteilungsverfahren unverändert hoch sind. Leider weigert sich das Europäische Patentamt weiterhin reduzierte Amtsgebühren für kleine und mittelständische Unternehmen einzuführen, wie es beispielsweise in den USA gängig ist.

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