Mark Zuckerberg

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona, der größten Leistungsschau der Mobilfunkbranche, für seinen kostenlosen Online-Dienst Internet.org geworben. „Wir müssen den Menschen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind, zeigen, warum sie es nutzen sollen“, sagte Zuckerberg am Montagabend.

Internet.org ist ein von Facebook initiiertes Projekt, das über eine App ausgewählte Dienste zu Smartphone-Nutzern überträgt, ohne dass sie für den Datenverkehr zahlen müssen. Der Dienst läuft derzeit in sechs Ländern in Südamerika, Afrika und Asien.

Zuletzt hatte Internet.org seine Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkanbieter Reliance Communications in Indien bekannt gegeben. Dort können Nutzer nun in sechs indischen Bundesstaaten 38 Dienste über ihr Smartphone kostenlos abrufen, darunter natürlich Facebook, aber auch BBC News, AccuWeather, Wikipedia und India Today.

Viele Partner

Der Werbespruch auf der Internetseite von Internet.org ist eindeutig: „Je mehr wir verbinden, desto besser wird es.“ Der Facebook-Initiative haben sich eine ganze Reihe von Partnern angeschlossen: Ericsson, Mediatek, Opera, Samsung, Nokia und Qualcomm.

„Dies ist ein großer Fortschritt in unserem Bemühen, jeden mit dem Internet zu verbinden und Menschen dabei zu helfen, ihre Ideen und Kreativität mit der ganzen Welt zu teilen“, heißt es in einer Stellungnahme von Internet.org.

Tatsächlich aber scheint sich die Wachstumsrate im Internet abzuschwächen. Das liegt offenbar nicht an der Verfügbarkeit des Internets. „90 Prozent der Weltbevölkerung lebt bereits in Reichweite eines Netzwerkes“, sagte Zuckerberg. Doch nur ein Drittel davon nutzt es wirklich.

Wer nicht online ist, könnte über Internet.org mit seinem kostenlosen Angebot dafür gewonnen werden, so das Kalkül. Der Facebook-Chef hatte deswegen bereits vor fünf Jahren seinen Vorstoß gestartet und Netzbetreiber gebeten, eine abgespeckte Facebook mit nur geringem Datenumfang kostenlos auf Smartphones zu übertragen. Der Dienst hieß Facebook Zero.

Doch insgesamt schien Facebook Zero den Netzbetreibern nicht genug einzubringen. Im vergangenen Jahr öffnete Facebook das Angebot. Seitdem gibt es eine App, über die auch andere Dienste kostenlos abgerufen werden können, darunter Nachrichten und Wettervorhersagen. Internet.org gibt es nun in den Ländern Sambia, Tansania, Indien, Ghana, Kenia und Kolumbien.

Millicom in Paraguay gestartet

Am Ende würden auch die Mobilfunknetzbetreiber davon profitieren, behauptete Zuckerberg. Inzwischen gibt es erste Erfahrungen. So hat der Anbieter Millicom mit seiner Marke Tigo Internet.org in Paraguay gestartet.

Bereits nach wenigen Monaten sei die Datennutzung um 30 Prozent angestiegen, berichtete nun Millicom-Manager Mario Zanetti in Barcelona. Viele dieser Nutzer seien inzwischen auf kostenpflichtige Tarife umgestiegen.

Auch Airtel Africa scheint keine Berührungsängste mit Internet.org zu haben. Der Anbieter unterhält Netze in 17 Ländern. Airtel-CEO Christian De Faria bezeichnete Facebook als „Einstiegspunkt für den ersten Kontakt zum Internet“.

Auch er beobachtete den Anstieg der Datennutzung nach Einführung des Dienstes. Die Befürchtung, dass zahlende Nutzer auf den Kostenlos-Dienst umsteigen, habe sich nicht bestätigt. „Es gib keine Kanibalisierung“, sagte De Faria.

Modell soll profitabel sein

„Wir wollen ein Modell entwickeln, das profitabel für die Netzbetreiber ist“, sagte Zuckerberg. Nicht zuletzt deswegen sei Internet-Telefonie, die bereits mit WhatsApp möglich ist, nicht Bestandteil von Internet.org.

Doch es gibt auch Kritiker, die das Facebook-Projekt weniger freundlich sehen. Sie werfen dem sozialen Netzwerk vor, dass Internet.org nur einen streng reglementierten Ausschnitt des Internets zugänglich macht.

„Warum sollte Facebook kostenlos sein, aber nicht Google oder eine Zeitung“, fragte Vodafone-Chef Vitorio Colao in Barcelona. „Wer sagt denn, dass Facebook wertvoller sei, als beispielsweise ein Angebot zum Lernen der englischen Sprache?“

Grundsätzlich sei er dafür, dass auch Menschen in weniger entwickelten Ländern Zugang zum Internet bekämen. Aber daran dürfe nicht nur Facebook verdienen. „Das wäre, als würde Zuckerberg Philanthropie machen, aber mit meinem Geld“, sagte Colao.

Netzneutralität in Gefahr

Andere gehen mit ihren Vorwürfen noch weiter und sehen die Netzneutralität vor allem in ärmeren Regionen der Welt in Gefahr. Denn wer nicht auf der Liste der freien Dienste stehe, habe es schwierig, sich gegen eine Kostenlos-Konkurrenz durchzusetzen.

Das dürfte beispielsweise Startups in den betroffenen Ländern wenig gefallen. Auf diese Weise verhindere Facebook den Wettbewerb, sagen Kritiker.

Für viele könnte dann das Internet erst einmal nur Facebook sein – und am Ende würde vor allem das soziale Netzwerk davon profitieren. Dass das Unternehmen nichts dagegen hat, zeigte auch der Auftritt von Facebook-Managerin Sheryl Sandberg auf dem Weltwirtschaftsforum im Januar in Davos. In Zukunft werden „die Menschen in einen Handyladen gehen und sagen ,Ich will Facebook’“, sagte sie.

Der Widerstand der Mobilfunker und ihre Zurückhaltung beim Ausbau von Mobilfunknetzen in ärmeren Regionen aus wirtschaftlichen Gründen treibt Internet-Unternehmen inzwischen zu kreativen Lösungen, um noch mehr Menschen für ihre Dienste zu gewinnen. Google experimentiert mit Heißluftballons, die das Internet Richtung Boden funken.

Experimente mit Drohnen

Andere versuchen es mit einem Satellitensystem, dass Internet auch in entlegene Gebiete bringt. Google und Facebook haben zudem Dronen-Hersteller gekauft, um auch diese Möglichkeit zu testen. Das könnte am Ende auch als eine Drohung an die Netzbetreiber gemeint sein: Wenn ihr nicht mitspielt, machen wir es eben selbst.

Das Misstrauen der Netzbetreiber Internetanbieter wie Facebook und Google gegenüber scheint nicht ganz unbegründet. Kostenlose Messaging-Dienste wie WhatsApp haben der Mobilfunkindustrie Milliardensummen entzogen.

Am Montag bestätigte Google in Barcelona noch einmal seine Pläne, selber Mobilfunkdienste anzubieten. Das Angebot soll vorerst in den USA starten. Berichten zufolge verhandelt Google bereits mit den kleineren Netzbetreibern Sprint und T-Mobile, um deren Netze nutzen zu dürfen.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt.

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