Das Titelbild von Faktastisch bei Facebook

Ein Beitrag von Roland Eisenbrand, Head of Content bei OnlineMarketingRockstars.de.

Faktastisch – über drei Millionen Fans bei Facebook

Faktastisch ist eine Reichweitenmacht: Die Facebook-Seite hat über drei Millionen Fans (fast doppelt so viele wie Heftig.co), der Instagram-Account ist mit knapp zwei Millionen Followern der drittgrößte in Deutschland und die Videos im Youtube-Kanal wurden mehr als neun Millionen Mal angeschaut. Wer steht hinter dem Projekt und wie viel Geld verdienen die Macher mit dem Posten von überraschenden, vermeintlichen Fakten auf Social-Media-Plattformen? Wir haben versucht, es herauszufinden.

„Das Original: Täglich neue Fakten, jede Woche neue Videos“, heißt es auf dem Titelbild der Faktastisch-Facebook-Seite. Ein typischer Post der Seite besteht aus einem quadratischen Bild (ein Stockfoto von shutterstock.com), das mit einem „Fakt“ betextet wurde, und das mit der URL der Website und dem Logo des Projekt (ein stilisiertes Gehirn auf rotem Hintergrund) versehen ist. Beispiele:

  • „Die Hacker-Aktivisten Anonymous gehen mit der ‚Operation ISIS’ im Netz gegen IS-Terroristen vor.“
  • „In der Nähe von Amsterdam gibt es ein Fitnessstudio, wo die Leute nackt trainieren können.“
  • „Das Gehirn behandelt Ablehnung genauso wie körperliche Schmerzen.“

Mischung aus Tagesgeschehen und recycletem Viral-Content

Offenbar lassen sich die Seitenbetreiber bei der Themenfindung vom aktuellen Zeitgeschehen inspirieren – wie etwa beim Post über die Aktion von Anonymous gegen den Islamischen Staat. Die Vermutung liegt nahe, dass die Faktastisch-Macher die aktuelle Berichterstattung gezielt nach Informationen durchkämmen, die sie auf ihrer Seite posten können.

Darüber, dass TV-Geräte von Samsung möglicherweise ihre Nutzer belauschen, war in den vergangenen Tagen viel in den Medien zu lesen, ebenso wie über ein „schwangeres Neugeborenes“ – zu beiden Themen hat auch Faktastisch gepostet. Aber auch in weniger klassischen Medien finden die Macher offenbar Futter für ihre Posts: Die Begebenheit, dass in den USA im Jahr 1906 ein Mann zu einer Freiheitsstrafe von einer Minute verurteilt sein worden soll, war wenige Tage zuvor in der Community von Reddit diskutiert worden.

Zwischen drei- und fünfmal pro Tag setzen die Betreiber (meist um 12, 15, 18 und 21 Uhr) solche Beiträge ab – und erzielen damit große Resonanz. Meist sammeln die Posts fünfstellige „Gefällt mir“-Zahlen und dreistellige Kommentar- und Share-Zahlen ein. Die „Engagement Rate“ der Faktastisch-Fans liegt laut dem Analytics-Tool Socialbakers aktuell bei gut einem Prozent. Das mag nach wenig klingen – der deutsche Durchschnitt lag im Januar jedoch bei 0,44 Prozent. Die Facebook-Seite von Faktastisch existiert seit Juli 2013; mittlerweile folgen ihr mehr als drei Millionen User. Laut Socialbakers kommen jeden Tag zwischen 500 und 1.000 neue Fans hinzu.

Das Fanwachstum von Faktastisch bei Facebook laut Socialbakers

Facebook ist damit der größte Kanal der Faktastisch-Macher – aber auch auf anderen großen Online-Plattformen ist das Publishing-Projekt vertreten – außer den bereits genannten Instagram und Youtube auch bei Twitter (93.400 Follower), Google Plus (3265 Follower) und Tumblr. Eine eigene Website existiert nicht – die Domain faktastisch.net leitet auf die Facebook-Seite um. Offensichtlich verdienen die Macher also alleine Geld damit, dass sie Inhalte auf Plattformen veröffentlichen, die ihnen nicht selbst gehören. Wirklich „eigene Kanäle“ sind am ehesten noch die iOS- und die Android-App von Faktastisch – die aber auch lediglich mit dem Facebook-Stream „gefüttert“ werden.

Das US-Vorbild verdient 500.000 US-Dollar pro Jahr

Großes Vorbild von Faktastisch dürfte das US-Projekt „Uberfacts“ sein. Unter diesem Namen legte der damals 18-jährige Kris Sanchez im Jahr 2009 ein Twitter-Profil an – eigentlich, um Britney Spears zu folgen. Doch als er anfing, interessante Fakten zu posten, stieß das auf große Resonanz. Heute folgen dem Projekt auf Twitter mehr als neun Millionen Follower, bei Facebook hat Uberfacts 1,2 Millionen Fans. Wie Sanchez gegenüber dem US-Magazin Fast Company erklärte, verdiene er mittlerweile rund 500.000 US-Dollar pro Jahr mit dem Projekt – durch das Posten von Werbe-Tweets.

Ist Faktastisch finanziell ähnlich erfolgreich? Werbe-Posts lassen sich auf den Social-Media-Profilen zumindest auf den ersten Blick keine finden. Hinter Faktastisch steht, wie dem Impressum bei Facebook zu entnehmen ist, das Neusser Unternehmen Alphamotion. Als dessen Geschäftsführer fungieren Enis Güler und Edgar Wins – laut einem Handelsregistereintrag jeweils 22 und 20 Jahre alt. Eine Telefonnummer von Alphamotion lässt sich nur über Umwege finden – als wir dort anrufen, lehnt Güler jedoch unsere Anfrage nach einem Interview ab. Wir haben deswegen selbst versucht, hochzurechnen, welche Umsätze die Faktastisch-Macher möglicherweise erzielen.

Bitte wenden – hier geht’s zur zweiten Seite: Wie Faktastisch Geld verdient.

Bild: Facebook-Screenshot

Das Titelbild von Faktastisch bei Facebook

Youtube ist derzeit wohl die wichtigste Einnahmequelle

Ein Kuriosum ist sicherlich: Mit ihrem zentralen Asset, der Facebook-Seite, verdienen die Faktastisch-Macher offenbar gar nichts. Werbe-Tweets oder Affiliate-Links finden sich dort keine. Offensichtlich sind Güler und Wins sehr darauf bedacht, die dort aufgebaute Reichweite, die ja durch Facebooks Algorithmus in den vergangenen Monaten immer weiter beschnitten worden sein dürfte, nicht noch weiter zu schädigen.

Um Geld zu verdienen, leiten die beiden ihre Facebook-Fans vielmehr seit einigen Wochen immer häufiger auf Youtube weiter. Dort haben beide einen eigenen Faktastisch-Kanal eingerichtet, an dem sie durch Youtubes Werbevermarktung Geld verdienen. Mittwochs und sonntags laden sie dort neue Videos hoch – zuletzt beispielsweise „12 Fakten über Nutella“. Am erfolgreichsten waren bislang „17 Fakten über WhatsApp“. Die Videos sind kostengünstig im Stile der Facebook-Posts mit Stockfotos und einem Off-Sprecher produziert.

Der Kanal existiert seit Oktober 2014, bis heute wurden dort 44 Videos eingestellt. „Das Ganze ist gut gemacht, die Themenwahl schön nachfragenah – so was klappt gut auf Youtube“, sagt Youtube-Experte Christoph Burseg. Laut Bursegs Analytics-Tool veescore gehörte Faktastisch im Januar 2014 bei Youtube zu den 50 deutschen Kanälen mit dem größten Abonnentenwachstum. Der Kanal erziele im Durchschnitt 80.000 Videoabrufe pro Tag – also rund 2,4 Millionen Views) pro Monat. Alle Videos sind werbevermarktet.

Geht man von der Formel aus, die Youtuber Philipp Steuer in seinem Gastbeitrag bei Online Marketing Rockstars offenbarte – ein Euro Umsatz pro 1.000 Views – setzen Güler und Wins also etwa 2.400 Euro pro Monat mit Youtube um. Burseg hält es sogar für möglich, dass die beiden Kanalbetreiber zwischen 3.500 und 5.500 Euro im Monat umsetzen.

Die App wurde bislang rund 400.000 Mal heruntergeladen

Als eine weitere Erlösquelle dürften den Faktastisch-Machern ihre Apps dienen. Hier ist die Ermittlung potenzieller Umsätze noch deutlich schwieriger als im Fall von Youtube. Die Höhe der monatlichen Erlöse hängt von der Zahl der ingesamt erzielten Werbekontakte ab. Diese hängt natürlich auch von der Zahl der App-Nutzer ab, die nicht verlässlich ermittelbar ist. Das App-Statistik-Portal Xyo schätzt, dass die iOS-App von Faktastisch bislang 79.000 Mal und die Android-App 316.000 Mal heruntergeladen wurden.

Nicht alle der Downloads dürften dauerhaft genutzt werden – viele Nutzer kehren nach dem ersten Ausprobieren nicht zu einer App zurück. Laut einer Erhebung des Analytics-Unternehmen Localytics liegt der durchschnittliche Anteil an „Power-Usern“ einer App, die diese mehr als zehnmal pro Monat nutzen, im vergangenen Quartal zwischen 20 und 30 Prozent. Übertragen wir diesen Prozentsatz auf die Downloadzahlen, ergeben sich aus dieser Rechnung knapp 24.000 regelmäßige Nutzer der iOS- und rund 102.000 „Power-User“ der Android-Apps.

In beiden Apps (iOS und Android) ist jeweils ein Standard-Banner eingebunden, dass augenscheinlich nicht neu geladen wird. Die Apps bieten zwei Streams – die neusten und die angesagtesten Fakten. Geht man davon aus, dass die Power-User die App möglicherweise 15 Mal im Monat nutzen und etwa 30 Ad Impressions erzeugen, dann erzielt Faktastisch monatlich 720.000 Werbekontakte auf dem iPhone und 3,06 Millionen Werbekontakte auf Android-Geräten.

Legt man nun einen effektiven Tausender-Kontakt-Preis (eTKP) von einem Euro für iOS und 70 Cent für Android (Android-User sind Branchenexperten zufolge weniger zahlfreudig; der Kontakt zu ihnen deswegen weniger wert) zugrunde, so ergibt dies für die Faktastisch-Macher Umsätze von 720 Euro aus Apples App Store und von 2.142 Euro aus Googles Play Store – insgesamt 2.862 Euro. Allein über Youtube und die beiden Apps könnten die Faktastisch-Macher monatlich also geschätzt zwischen 5.200 und 8.300 Euro umsetzen.

So warben die Faktastisch-Macher auf ihrer Facebook-Seite für ihr Buch

Fünfstellige Einnahmen aus einem Buch-Deal?

Den bislang größten Geldregen dürften Güler und Wins jedoch auf anderem Wege erfahren haben – durch klassische „Old Media“. Anfang Dezember 2013 haben beide unter dem Pseudonym „Faktastisch“ ein Buch mit dem Titel „Nilpferde furzen durch den Mund“ im Riva Verlag (Teil der Münchner Verlagsgruppe) veröffentlicht. Um die Einnahmen aus diesem Deal schätzen zu können, haben wir uns bei zwei Experten aus der Buchbranche nach den Vergütungsgepflogenheiten erkundigt. Das Ergebnis: Zwischen acht und zehn Prozent des Netto-Preises erhalten Autoren eines solchen Werkes angeblich – „allerdings nicht nach echten Verkäufen, sondern nach der Höhe der Auflage“.

Der Verkaufspreis des nur als Taschenbuch erhältlichen Faktastisch-Buches beträgt knapp neun Euro; die Autoren könnten also etwa 70 Cent pro Buch verdient haben. Zur Zahl der verlegten Exemplare wollte der Riva-Verlag auf unsere Anfrage keine Auskunft erteilen – nur, dass sich das Buch in der dritten Auflage befände. Laut Buchreport befand sich „Nilpferde furzen durch den Mund“ für mehrere Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste. Die von uns befragten Experten halten es für realistisch, dass bislang Stückzahlen von 40.000 bis 50.000 Exemplaren des Buches produziert wurden – dies käme für die Autoren einem Umsatz zwischen 28.000 und 35.000 Euro gleich.

In Zukunft können die Faktastisch-Macher möglicherweise ein weiteres, großes Einnahmepotenzial erschließen: Facebook hat in den vergangenen Monaten Seitenbetreiber immer stärker dazu animiert, Bewegtbild-Content direkt in dem sozialen Netzwerk hochzuladen. Güler und Wins tun dies bislang nicht – was vermutlich darin begründet ist, dass Facebook diese Inhalte aktuell nicht werbevermarktet. Sollte Facebook dies jedoch ändern und die daraus entstehenden Werbeeinahmen – so wie Youtube es tut – mit den Seitenbetreibern teilen, könnte auf Faktastisch der nächste Geldregen warten.
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Dieser Beitrag erschien zuerst auf OMR.com.

Bild: Facebook-Screenshot