Lutz Goebel, Präsident des Familienunternehmerverbands

Ist die deutsche Politik ausreichend startupfreundlich? Wer sich zu dieser Frage in der Gründerszene umhört, bekommt üblicherweise die eindeutige Antwort: Nein! Ob Bürokratiebeschwerden, Fachkräftemangel, drohende „Anti-Angel“- oder „Anti-Exit“-Gesetze – jungen Unternehmen würde in Deutschland das Leben nur schwer gemacht.

Außerhalb der Szene scheint diese Sichtweise jedoch längst nicht jeder zu teilen. Der Mittelstand zum Beispiel scheint inzwischen sogar der Ansicht zu sein, dass sich die Regierung vor allem um hippe digitale Startups kümmert – und nicht um mittelständische Autozulieferer, Porzellanhersteller oder Bierbrauer.

Vor wenigen Tagen hat Lutz Goebel, der Präsident der Familienunternehmer, daher einen Brandbrief an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geschickt. In dem Schreiben, das Gründerszene vorliegt, poltert Goebel: „Der ,German Mittelstand‘ ist zwar in aller Munde, aber vieles wirkt eher wie eine Marketinginitiative und nicht wie eine Politik mit Substanz.“ Denn die deutsche Wirtschaftspolitik kümmere sich „vor allem um die Großkonzerne, gerne auch noch um die Startupszene“ – der Mittelstand hingegen werde „vergessen“.

Dabei seien die Familienunternehmen „die Ausbilder der Nation“ und erwirtschafteten „die soziale Sicherheit Deutschlands“, weil sie 80 Prozent der Ausbildungsplätze und 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze anböten. Und dennoch bevorzuge die Politik immer wieder vor allem große Konzerne – etwa beim Ausbau der Elektromobilität, bei der Forschungsförderung oder im Zuge der Energiewende.

„Wir müssen aufpassen“, mahnt der Verbandschef, „dass Deutschland seinen wirtschaftlichen Vorsprung nicht verspielt“. Und das kann seiner Ansicht nach offenbar nicht die Startupszene garantieren – sondern nur der Mittelstand.

Bild: © Maria Schulz