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faraday future Futuristisches Batmobil: der FFZERO1

Seit Wochen lief der Countdown auf der Internetseite von Faraday Future: Um genau fünf Uhr morgens deutscher Zeit am 5. Januar sollte Großes geschehen. Nicht nur ein neues, sein erstes Auto wollte das mysteriöse Startup Faraday Future an diesem Tag im Rahmen der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas präsentieren, sondern gleich die Mobilität der Zukunft erfinden.

Wer die Werbefilmchen mit den unscharfen Silhouetten und Schatten des erwarteten Super-Autos anklickte, musste von einer Mischung aus Tesla und Uber ausgehen – mindestens.

Tatsächlich zeigte Faraday Future am Dienstag ein erstes Konzeptauto auf der Bühne in Las Vegas. Doch der FFZERO1 erinnert eher an ein Batmobil als an ein alltagstaugliches Auto, das die Mobilität revolutionieren könnte.

Das Auto hat nur einen einzigen weißen Sitz, natürlich inspiriert vom Astronautensitz der Nasa, erklärte Chefdesigner Richard Kim. Faraday Future hatte ihn von BMW abgeworben, wo er für die Optik des i3 und i8 mitverantwortlich war. Entsprechend erinnert auch der FFZERO1 von außen etwas an die Elektrowagen von BMW.

Doch während das Design durchaus beeindruckte, gab es zu den inneren Werten des Autos wenig Neues. Nick Sampson, der Entwicklungschef, der zuvor bei Jaguar und Tesla gearbeitet hat und durch die Präsentation führte, sparte zwar nicht mit Lob für die eigene Kreation, dafür aber mit harten Fakten.

Video: Der FFZERO1 in Bewegung

Faraday Future hat bereits 750 Mitarbeiter

Wie weit man mit den Batterien der künftigen elektrischen Faraday-Future-Autos kommt, ohne sie neu aufzuladen? Kein Wort. Wann die ersten Autos gebaut und verkauft werden? „In einigen Jahren.“ Wie das angekündigte neue Mobilitätskonzept genau aussehen soll? „Unser Geschäftsmodell ist nicht nur auf das Verkaufen von Autos fokussiert“, sagte Sampson nebulös.

Stattdessen immer wieder das Mantra: Wir haben eine Vision, wir wollen alles anders, besser machen und haben die nötigen Leute, um das zu schaffen. Tatsächlich sind das die beeindruckendsten Zahlen der Präsentation. Nur 18 Monate nach der Gründung hat Faraday Future laut Sampson bereits rund 750 Mitarbeiter – 550 in Kalifornien und 200 im Rest der Welt. Auch in Deutschland gibt es bereits eine Tochtergesellschaft. Die Mitarbeiter kommen laut Sampson von Google, Apple, der Nasa, Boeing und natürlich Tesla.

Tesla, selbst noch ein Startup, das mit elektrischen Autos gehörigen Druck auf die etablierten Hersteller ausübt, ist das Vorbild für Faraday Future. „Tesla und Elon Musk haben etwas Großartiges geschaffen“, sagte Sampson. Doch so langsam wie das Vorbild wolle man nicht sein.

Wofür Tesla sieben Jahre gebraucht habe – ein Team von 600 Mitarbeitern zusammenzustellen und den Grundstein für eine erste Fabrik zu legen –, habe Faraday Future bereits in den ersten 18 Monaten erreicht. Tatsächlich hat das Unternehmen schon konkrete Pläne für eine Fertigung im Norden von Las Vegas und will dort eine Milliarde Dollar investieren und rund 4500 neue Jobs schaffen.

Mancher vermutete deshalb schon, dass es sich bei Faraday Future möglicherweise gar nicht um ein eigenständiges Unternehmen, sondern um eine Tarnfirma für das Apple Car handeln könnte.

„Jeden Tag Luftverschmutzung mitverursacht“

Das Geld für die großen Pläne von FF, wie sich das Startup selbst nennt, stammt allerdings zumindest teilweise aus China. Jia Yueting, der mit der Videoplattform LeTV, dem Netflix Chinas, zum Milliardär geworden ist, betrat die Bühne in Las Vegas nicht selbst. Jia schickte stattdessen Ding Lei, der zuvor beim staatlichen chinesischen Autohersteller SAIC Motor als Vizepräsident gearbeitet hatte.

Mit schwerem Akzent erklärte Ding Lei bei der Präsentation, er habe in seiner Karriere bisher „jeden Tag Luftverschmutzung mitverursacht“. Er wolle daher nun etwas gutmachen und ähnlich einem Holzfäller, der neue Bäume pflanzt, etwas für eine bessere, sauberere Zukunft der Autoindustrie tun.

Faraday Future solle auch von den Inhalten profitieren, die die Videoplattform LeTV bereitstellt. Man wolle ein eigenes „Ökosystem“ schaffen, zu dem auch die Autos von FF gehören sollen. Die Kooperation mit LeTV solle dem künftigen Autobauer zudem „die Türen zum wichtigen Markt China öffnen“, sagte Sampson.

Neue Batterie-Architektur

Auch bei der Entwicklung der künftigen Modelle will man bei Faraday Future auf eine Plattform setzen. Mit einer neuen Batterie-Architektur, bei der nicht ein zusammenhängender Akkublock verbaut wird, sondern Ketten von Batterienzellen, die sich je nach Modell variabel zusammensetzen lassen. Mit der VPA genannten Baukasten-Technik (Variable Plattform Architecture) soll es möglich sein, schneller Innovationen und neue Modelle auf den Markt zu bringen. „Wir wollen mehr wie ein Technologieunternehmen agieren als wie eine Autofirma“, sagte Sampson.

Video: So funktioniert die Baukasten-Technik

An welchen Technikkonzern er dabei denkt, machte der Entwicklungschef auch gleich klar: „Apple hat mit dem iPhone nicht nur ein neues Handy auf den Markt gebracht, sondern das Telefon neu erfunden“, sagte Sampson. „Das ist es, was wir bei FF mit der Mobilität tun wollen.“

Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: Mit dem iPhone konnte wenige Wochen nach der Präsentation jeder telefonieren; bis man tatsächlich in einem Faraday Future fahren kann, dauert es noch Jahre. Oder wie Chefdesigner Kim es ausdrückt: „Ideen sind einfach, hart ist es, sie umzusetzen.“

Dieser Artikel erschien zuerst bei Die Welt.

Bild: Faraday Future