Frank Gessner1
Frank Gessner1 Frank Geßners aktuelles Projekt ist der Marktplatz 4scotty

Bewerbungsgespräche sind für viele eine Horrorvorstellung. Wie viel Geld kann ich verlangen? Ist die Konkurrenz besser als ich? Ganz anders läuft es bei Techies. Ihnen hat Frank Geßner die Webseite 4scotty gebaut, auf der sich Unternehmen bei Entwicklern bewerben müssen. Es ist nicht seine erste Firma: Geßner gründet seit über 20 Jahren im Internet.

Er wuchs in der DDR auf und programmierte 1993 einen der ersten Onlineshops der Welt. Später wurde daraus die Firma Intershop, in der er zehn Jahre die Produktentwicklung leitete. Danach gründete er das Softwareunternehmen Alea, nahm 2009 eine Auszeit und war von 2012 bis 2014 CIO von Delivery Hero. Danach startete er gemeinsam mit Matthias Schleuthner die HR-Firma 4scotty, in die kürzlich die Personalberatung Kienbaum investierte.

Daneben ist Geßner auch als Business Angel und Socia -Entrepeneur tätig. Er gründete unter anderem die Natural Oil Corporation, die Frauen in Afrika zu besseren Löhnen bei der Ölgewinnung aus Nüssen verhelfen will.

Frank, wieso bist du Unternehmer?

Ich eigne mich schlecht als Angestellter (lacht). Ich mag es lieber, ein Unternehmer zu sein, als einem Chef zu gehorchen.

Du hast über 20 Jahre Erfahrung im Internet gesammelt. Hilft das bei deinem neuen Unternehmen?

Im nächsten Unternehmen funktionieren die Erfolgsrezepte von gestern nicht mehr. Ich dachte zum Beispiel, dass ich wüsste, wie das Endkundengeschäft funktioniert. Aber bei Delivery Hero habe ich es dann wieder neu gelernt. Und auch jetzt mit 4scotty ist der Personalbereich wieder ein ganz eigenes Universum.

Warum hast du 4scotty gegründet?

In meinem Leben habe ich etwa 2.000 Bewerbungsgespräche mit Softwareentwicklern geführt. Recruiting ist ein schwieriger Prozess, aber mit Techies ist es noch schwieriger, weil es so enorme Leistungsunterschiede zwischen ihnen gibt.

Über deinen Marktplatz bewerben sich Unternehmen bei IT-Experten. Warum geht ihr diesen umgekehrten Weg?

Das Modell funktioniert bei sogenannten Arbeitnehmermärkten, bei denen sich die Arbeitnehmer aussuchen können, wo sie arbeiten wollen. Das funktioniert bei bestimmten Ärzten, Anwälten für Großkanzleien oder Mitarbeitern für das Performance-Marketing. Techies haben die Besonderheit, dass vor allem ihre technologischen Fähigkeiten entscheiden. Und diese speziellen Fähigkeiten kann man mit den Anforderungen eines Unternehmens gut matchen.

In Deutschland werden nur wenige Techies ausgebildet. Gibt es deshalb so eine hohe Nachfrage?

In Deutschland gibt es jedes Jahr 50.000 IT-Stellen, die nicht besetzt werden. Aber den Bedarf nach Softwareentwicklern gibt es in jedem Land der Welt. Die Penetrierung der IT wächst derzeit schneller, als es Experten gibt. Aber man kann nicht jeden beliebigen Menschen nehmen und als Software-Experten umschulen. Die Fähigkeiten dazu besitzt nur eine bestimmte Anzahl aller Menschen auf der Welt.

Und wie sieht es mit den sogenannten Soft Skills aus? Sind die für Unternehmen nicht wichtig?

Wir haben sie auf unserer Plattform komplett rausgelassen. Das ist etwas, was im Bewerbungsgespräch geklärt wird. Bei einem Software-Entwickler reicht bereits die praktische Erfahrung in einer bestimmten Technologie, um zumindest zu einem Gespräch eingeladen zu werden.

Schaut ihr euch alle Profile auf eurem Marktplatz an?

Jede Woche gewinnen wir mehrere hundert Profile. Wir überprüfen jedes Einzelne auf Plausibilität, beispielsweise ob der Kandidat wirklich ein erfahrener Techie ist, oder wie sein GitHub- und LinkedIn-Profil aussieht. Genauso aufwendig machen wir die Überprüfungen bei den Unternehmen.

Was passiert danach?

Die Unternehmen stellen ihre offenen Stellen ein und unser Algorithmus vergleicht die offenen Stellen mit unseren derzeit 12.000 Tech-Kandidaten. Ein Kandidat, der beispielsweise immer Angebote von großen Unternehmen ablehnt, kriegt auch keine mehr angezeigt. Die Arbeitgeber bekommen jede Woche fünf Kandidatenprofile für eine Stelle präsentiert, inklusive der Gehaltsvorstellung. Und mit einem Klick können die Unternehmen diese Kandidaten dann zu einem Interview einladen. Durchschnittlich 30 Prozent unserer Techies nehmen so ein Angebot dann an.

Wie verdient ihr daran mit?

Wenn beide Parteien zusammen kommen, nehmen wir vom Unternehmen eine Vermittlungsprovision von 15 Prozent des neuen Bruttojahresgehalts des Kandidaten. Und einen Teil dieser Provision erhält der Kandidat.

Bild: 4scotty