Ein Beitrag von Torben Lux, Redakteur bei OnlineMarketingRockstars.de. 

Kon­stan­tin Hert aus Stutt­gart ist 29 Jahre alt und fast ganz nor­mal. Er hat stu­diert, ein Prak­ti­kum gemacht und spielt lei­den­schaft­lich gerne Fuß­ball. Was ist daran jetzt nur fast nor­mal? Ganz ein­fach: Konzi, wie er schon lange genannt wird, ist Youtuber. Und zwar nicht irgend­ei­ner, son­dern der Betrei­ber des erfolg­reichs­ten Fußball-Channels der Welt. Sein Kanal free­ki­ckerz, auf dem haupt­säch­lich unge­wöhn­li­che Frei­stöße gezeigt wer­den, hat 2,4 Mil­lio­nen Abon­nen­ten, längst eine halbe Mil­li­arde Views geknackt und damit mehr Zuschauer als Bezahl­sen­der Sky. Naja, zumin­dest fast (Sky Deutsch­land hat über vier Mil­lio­nen). Wir haben mit Konzi über das krasse Wachs­tum sei­nes Pro­jekts, Mone­ta­ri­sie­rung im Online-Bewegtbild-Business und Mul­tichan­nel­netz­werke gespro­chen.

„Mit so einem Erfolg habe ich natür­lich nie gerech­net“, erzählt uns Konzi fast schüch­tern am Tele­fon. „Es war ja auch nie das Ziel, aus dem Kanal das zu machen, was er heute ist. Lange war es ein­fach nur Spaß und wir haben sogar drauf gezahlt, um uns die­sen Spaß leis­ten zu kön­nen.“ Am 1. Januar 2010 erstel­len er und zwei sei­ner Freunde den Kanal free­ki­ckerz. Mit einem „Z“ am Ende, weil das „S“ schon belegt ist. Fünf­ein­halb Jahre spä­ter hat der Chan­nel 2,4 Mil­lio­nen Abon­nen­ten und über eine halbe Mil­li­arde Vide­oviews. Konzi und die free­ki­ckerz sind damit laut dem Ran­king des Social Media-Statistikdienstes Socialblade.com der erfolg­reichste Fuß­ball­ka­nal der Welt (nach Views liegt nur der offi­zi­elle Kanal vom Sport­ar­ti­kel­her­stel­ler Nike knapp davor, Abos wie­derum haben die free­ki­ckerz etwa 200.000 mehr). Im Gesamt­ran­king aller Sport­chan­nels ste­hen Konzi & Co. sogar auf dem fünf­ten Platz, nur geschla­gen von Mil­li­ar­den­kon­zer­nen wie bei­spiels­weise der NBA (Profi-Basketballliga der USA) und der WWE (größte Wrest­lings­or­ga­ni­sa­tion welt­weit, eben­falls aus den USA).

Vom Hobby-Projekt zum welt­weit erfolg­rei­chen Youtube-Channel

Das Prin­zip von free­ki­ckerz ist rela­tiv ein­fach und dreht sich immer noch um die ursprüng­li­che und namens­ge­bende Idee: außer­ge­wöhn­lich gut geschos­sene Frei­stöße zei­gen. Das aller­erste, nur sie­ben Sekun­den lange Video des Kanals, das direkt am ers­ten Tag hoch­ge­la­den wurde, zeigt bei­spiels­weise einen Schuss, der gleich zwei Mal an die Pfos­ten springt, bevor er dann im Tor landet.

Die Auf­nah­me­qua­li­tät ist im Ver­gleich zur heu­ti­gen Tech­nik natür­lich mise­ra­bel. Und auch der Inhalt wirkt erst ein­mal nicht so spek­ta­ku­lär, als dass man Poten­zial zu einem rie­sen Youtube-Hit erken­nen könnte. Was ver­an­lasst Konzi zu die­sem Zeit­punkt also dazu, das Kon­zept der free­ki­ckerz so fort­zu­füh­ren? „Ich habe seit 2006 schon einen pri­va­ten Youtube-Kanal und hatte dort immer mal wie­der Videos von Frei­stö­ßen hoch­ge­la­den. Der kurze Clip mit dem Doppelpfosten-Schuss erreichte dann nach zwei bis drei Mona­ten eine Mil­lion Views. Da war mir rela­tiv klar: Wenn man pro­fes­sio­nel­ler an die Sache her­an­geht, hat das Thema enor­mes Potenzial.“

Erste Koope­ra­tio­nen mit gro­ßen Sportartikelherstellern

Etwa ein Jahr nach dem Start des Kanals kom­men laut Konzi die ers­ten Sport­ar­ti­kel­her­stel­ler auf die free­ki­ckerz zu, bie­ten Schuhe, Bälle und wei­tere Fuß­ball­aus­rüs­tung und wol­len im Gegen­zug, dass die Pro­dukte in Videos getes­tet wer­den. „Das war zu dem Zeit­punkt wirk­lich noch etwas total Neues. Den Anfang machte Adi­das, kurz dar­auf kam Nike dazu; 2012 bis 2013 dann auch noch Puma“, sagt Kon­stan­tin Hert. Natür­lich wol­len wir wis­sen, was sich die gro­ßen Sport-Konzerne den enor­men Media­wert kos­ten las­sen. Free­ki­ckerz ist ja nicht nur der größte Fußball-Youtube-Kanal der Welt, der immer noch wächst (täg­lich kom­men laut Socialblade.com über 6.000 neue Abos dazu), auch die Zah­len bei ande­ren sozia­len Netz­wer­ken kön­nen sich sehen las­sen. Bei Face­book haben die free­ki­ckerz knapp über 2,4 Mil­lio­nen Fans – bei einem wöchent­li­chen Wachs­tum von fast 50.000. Die Her­kunft der Fans beschränkt sich dabei längst nicht nur auf Deutsch­land, son­dern ist sehr inter­na­tio­nal: 8,5 Pro­zent kom­men aus Mexiko, jeweils 6,1 Pro­zent aus Deutsch­land und den USA, 5,5 Pro­zent aus Bra­si­lien. Alles Märkte, die für Sport­ar­ti­kel­her­stel­ler extrem span­nend sein dürf­ten. Bei Ins­ta­gram kom­men noch ein­mal über 546.000 Abon­nen­ten hinzu.

Die Ant­wort auf diese span­nende Frage über­rascht dann aber. „Wir sagen den Her­stel­lern von Anfang an: Unsere Mei­nung kann man nicht kau­fen. Wir tes­ten alle Schuhe, Bälle etc. völ­lig unab­hän­gig, so dass sich die Zuschauer eine eigene Mei­nung bil­den kön­nen. Wir wol­len unbe­dingt glaub­wür­dig blei­ben“, erklärt uns Konzi. Trotz Mega-Reichweiten, hoher Akti­vi­tät in einer extrem spit­zen Ziel­gruppe also keine lukra­ti­ven Deals für Pro­dukt­plat­zie­rung? Das kön­nen wir ja fast nicht glau­ben. Kon­stan­tin ergänzt: „Ab und zu gibt es Videos, die im Zuge von grö­ße­ren Kam­pa­gnen ent­spre­chend auf­wän­di­ger pro­du­ziert wer­den sol­len. Dann gibt es vom Her­stel­ler schon etwas Geld, was dann aber direkt in Kamera, Tech­nik und das Team fließt.“

Wie ver­die­nen die free­ki­ckerz Geld, wenn nicht durch Produktplatzierungen?

Seit Ende 2012, nach einem Abschluss in Wirt­schafts­wis­sen­schaf­ten und Prak­tika, macht Kon­stan­tin nichts ande­res außer free­ki­ckerz mehr, lebt also haupt­be­ruf­lich von Youtube. Anfangs wird er noch direkt von einem Part­ner­ma­na­ger von Google betreut. Seit Mitte 2013 sind er und sein Team beim auf Sportin­halte spe­zia­li­sier­ten Mul­tichan­nel­netz­werk Ath­le­tia. Das Unter­neh­men gehörte bis Anfang 2015 noch zu 51 Pro­zent zu Media­kraft. Jetzt steht man zwar in kei­ner gesell­schaft­li­chen Bezie­hung mehr, arbei­tet für Koope­ra­tio­nen und Aus­tausch aber immer noch zusam­men. Neben den free­ki­ckerz betreut Ath­le­tia unter ande­rem die DTM (Deut­sche Tourenwagen-Masters), den Welt­bas­ket­ball­ver­band FIBA und den Welt­reit­ver­band FEI. Außer­dem liegt der digi­tale Rech­te­schutz der Fuß­ball Bun­des­liga bei Ath­le­tia. Das Netz­werk hat nach eige­nen Anga­ben aktu­ell 200 Part­ner (davon etwa zehn Pro­zent inter­na­tio­nal), 100 Mil­lio­nen Visits im Monat und acht Mil­lio­nen Abos.

Kon­stan­tin scheint mit sei­ner Ent­schei­dung für ein Netz­werk heute sehr zufrie­den zu sein. Vom Pres­se­rum­mel rund um Unges Abschied von Media­kraft und der dar­aus resul­tie­ren­den Frage, ob Mul­tichan­nel­netz­werke zeit­ge­mäß sind, habe er nichts mit­be­kom­men. „Als Ath­le­tia auf mich zukam, war auch der Rat­schlag von mei­nem dama­li­gen Ansprech­part­ner bei Google direkt: Mach das! Und das war auch auf jeden Fall die rich­tige Ent­schei­dung. Die Orga­ni­sa­tion ist dadurch wie­der ein­fach und ich kann mich wie­der mehr auf das kon­zen­trie­ren, was wir am Anfang gemacht haben. Auf den Platz gehen und Videos pro­du­zie­ren“, sagt Kon­stan­tin. Und das scheint auch wirk­lich Zeit zu kos­ten. Laut Kon­stan­tin ste­hen bei einem klas­si­schen Schuh-Test fünf bis sechs Leute für drei Dreh­tage zu je sechs bis acht Stun­den vor der Kamera. Im Anschluss schnei­den zwei Cut­ter das finale Video.

Tau­sende Mails aus der Com­mu­nity und die Macht von User Gene­ra­ted Content

Neben eigens pro­du­zier­ten Videos gibt es aber längst auch andere For­mate, die fest im wöchent­li­chen Sen­de­plan inte­griert sind und auf User Gene­ra­ted Con­tent set­zen: Top 5 Goals, Top 5 Goal­kee­per Saves oder Top 5 Foot­ball Fails. Für jede Rubrik sich­ten Kon­stan­tin und sein Team Mails, in denen User ihre eige­nen Bei­träge vor­stel­len, um so in den belieb­ten Top-Videos zu lan­den. „Das heißt aber nicht, dass damit keine Arbeit ver­bun­den ist“, stellt Kon­stan­tin klar. „Beim belieb­tes­ten For­mat der bes­ten Tore hat­ten wir 2014 über 18.000 unge­le­sene Mails im Post­fach. Dar­aus eine gute Aus­wahl zu fin­den, ist echte Arbeit.“

Und wie viel ver­dient man jetzt genau als free­ki­cker? Dass die Ein­nah­men aus Pro­dukt­plat­zie­run­gen sehr gering sind und nahezu direkt in die Pro­duk­tion reinves­tiert wer­den, hat Kon­stan­tin ja schon erklärt. Viel mehr möchte oder darf er dazu lei­der nicht sagen. „Nur soviel: Die Video-Ads machen für uns defi­ni­tiv den größ­ten Anteil aus. Ohne die Zah­len jetzt genau zu wis­sen, sind das sicher 80 bis 90 Pro­zent, wovon ja noch mal etwa 50 Pro­zent an Google gehen und ein wei­te­rer Anteil an Ath­le­tia. Außer­dem ist es schwer, da einen kor­rek­ten Schnitt zu nen­nen, da die Ein­nah­men der Ads sehr stark schwan­ken und seit 2015 auch etwas zurück­ge­gan­gen sind. Der Rest ent­steht aus einer Mischung der weni­gen Pla­ce­ments und Ein­nah­men aus unse­rem Shop“, erklärt er. Es ist natür­lich immer schwie­rig, Ein­nah­men aus Video­ads bei Youtube zu schät­zen. Socialblade.com gibt für free­ki­ckerz bei­spiels­weise 9.300 bis 149.000 Dol­lar pro Monat an, bzw. 112.100 bis 1,8 Mil­lio­nen Dol­lar im Jahr. Dass es dem Betrei­ber des größ­ten Fußball-Youtube-Channels der Welt aber alles andere als schlecht gehen dürte, sollte klar sein.

Dieser Artikel erschien zuerst auf OMR.com.
Bild: Screenshot Youtube