Andreas Bodczek (links) und Janis Zech gründeten Fyber unter dem Namen SponsorPay

„Es ist noch etwas leer hier“, sagt Janis Zech beinahe entschuldigend, als er sich kurz nach neun Uhr in der Lounge des Fyber-Büros niederlässt, „die Kollegen trudeln meist so gegen zehn Uhr ein“. So ruhig ist es dann doch nicht, denn innerhalb weniger Minuten klingelt sein Handy mehrmals. Doch er wimmelt die Anrufer ab. Das Bürogebäude teilt sich das sechs Jahre alte Unternehmen mit Rocket Internet. Mit der Beteiligungsgesellschaft hat Fyber allerdings nichts zu tun, seit Oktober 2014 ist der Mobile-Advertising-Spezialist im Eigentum von RNTS Media.

Doch angefangen hat alles mit dem Desktop. Seine Karriere in der Startup-Szene begann Zech mit 23 Jahren als Projektmitarbeiter beim Berliner Inkubator Team Europe. Dort entwickelte er 2009 gemeinsam mit Mitgründer Andreas Bodczek und Jan Beckers die Idee zu SponsorPay, dem Vorgänger von Fyber. Dabei handelte es sich um ein Werbeformat, durch das Gamer bei Desktop-Spielen virtuelle Währung sammeln und damit Premium-Inhalte freischalten konnten.

Im September 2009 launchte SponsorPay offiziell, als ersten Kunden gewann das Berliner Unternehmen den Online-Spieleriesen Gameforge. Das Prinzip, User für die Werbeeinschaltung zu belohnen, setzte das Team auch für Publisher aus anderen Segmenten fort. „Nach zwei Jahren und mit damals schon 120 Mitarbeitern haben wir aber gesehen, dass das, was wir hier machen, nicht die Zukunft ist“, erinnert sich Zech.

Die Zukunft, das war für die Gründer das Smartphone. „Zu der Zeit fehlte bei der mobilen Werbung noch der Überblick. Es gab viele Advertising-Netzwerke, aus denen die App-Anbieter auswählen mussten, der Einsatz von Software-Developer-Kits war zeitintensiv, und es gab keine vergleichbaren Metriken bei den Mobile-Ad-Anbietern”, schildert der Fyber-COO die damalige Situation. „Wir haben uns also gefragt: Was sind die größten Probleme der App-Entwickler im Mobile Marketing, und wie können wir diese lösen?“

Die Herausforderungen waren nicht nur die undurchsichtigen Werbeplattformen für mobile Applikationen, sondern auch ineffiziente Werbeformate, die mehr schadeten als Geld einbrachten: „Die Platzierung der Banner kann negative Auswirkungen auf die Conversion Rate in der App haben”, und das wollte SponsorPay vermeiden.

„Also haben wir ein Startup im Startup gegründet, das sich mit Mobile Advertising beschäftigt“, so Zech. Die Entwickler bauten Tools, die die Integration von Mobile-Ad-Netzwerken vereinfachen sollten, und Fyber war geboren. „Es war eine 360-Grad-Drehung, man hätte auch eine neue Firma gründen können“, beschreibt der COO die Wandlung.

Stattdessen entschied sich das Startup erst einige Jahre später, im Frühling 2014, den Namen zu ändern. „Da SponsorPay mit dem Werbeformat assoziiert wurde, mussten wir die Schublade aufmachen und ein neues Branding schaffen. Nach fünf Jahren und mit 200 Mitarbeitern ist das ein großer Schritt. Man kannte uns ja schon, und der Name war auch Teil der Firmen-DNA.“

Es folgte ein dreimonatiger Prozess, bei dem die Mitarbeiter in Brainstormings unzählige Ideen für Namen sammelten. Die finale Entscheidung trafen die Gründer Zech und Bodczek: „Zur Auswahl standen am Schluss noch Fyber und Bacon. Obwohl Bacon immer wieder hochkam, fiel die Wahl letztendlich auf Fyber.” Warum? „Weil wir Pipelines bauen, die App-Entwickler und die Werbeindustrie verbinden, und das passte einfach gut zusammen.“

Bild: Michael Berger/Gründerszene

„Auch wenn wir international ausgerichtet sind, unser Headquarter bleibt in Berlin“, sagt Janis Zech.

Globale Plattform

Im Oktober 2014 übernahm schließlich das an der Frankfurter Börse notierte Mobile-Unternehmen RNTS Media Fyber für einen dreistelligen Millionen-Betrag. Zuvor hatten die Berliner Gründer knapp zehn Millionen Euro an Risikokapital eingesammelt. Jahre vor dem Verkauf sei aber kein frisches Kapital mehr hinzugekommen, berichtet Zech.

Man habe auch nicht unbedingt einen Exit angestrebt, es sei eher ein Zufall gewesen: „Es gab mehrere Beweggründe. Zum einen waren unser Investoren happy mit dem Preis. Zum anderen war uns klar, dass wir für unser Ziel, eine globale Supply-Side-Plattform aufzubauen, noch Kapital brauchen. Hinter RNTS Media stehen Investoren, die gleiche Ziele verfolgen.“ Durch die Börsennotierung des neuen Eigentümers habe man außerdem noch andere Möglichkeiten der Finanzierung. Heute sitzen Zech und sein Kollege Bodczek im Vorstand von RNTS Media.

Auf die Frage, was sich seit dem Exit vor einem Jahr verändert hat, wird der Fyber-Gründer nachdenklich und überlegt einen Moment. „Es hat sich sehr, sehr viel geändert. Wir sind jetzt börsennotiert, und wir haben mit Falk Realtime dieses Jahr selbst ein Startup übernommen.“ Die Akquisition bezeichnet Zech als „Fast Track zu unserer Produktvision, also nicht nur eine Exchange-Plattfom anzubieten, sondern auch Ad-Serving und Real-Time-Bidding“. Falk existiere zwar noch eigenständig, wird aber derzeit in die Produktwelt von Fyber integriert.

Die Internationalisierung war von Anfang an ein wichtiger Baustein in der Unternehmensstrategie von Fyber. Ein Jahr nach der Gründung begann das Startup mit dem Aufbau eines Standortes in San Francisco: „Das dauerte auch eineinhalb Jahre, bis wir dort wirklich Fuß gefasst haben.“ Heute beschäftigt das Mobile-Ad-Tech-Unternehmen dort 60 Mitarbeiter, die USA sind laut Zech außerdem der wichtigste Markt. „Wir verstehen uns als globales Unternehmen. Wir arbeiten mit internationalen Partnern, und diese sind ebenfalls international tätig. Zudem arbeiten Menschen aus 42 Nationen bei uns“, beschreibt der COO die globale Ausrichtung von Fyber.

Ein Versuch, Satelliten-Büros in Asien, weiteren Städten in Europa sowie New York zu betreiben, scheiterte laut Zech allerdings. Man brauche ein vollwertiges Team, um einen weiteren Unternehmensstandort zu betreiben. Mit San Francisco sei das geglückt, eine weitere Expansion schließt der Unternehmer nicht aus.

Neue Werbeformate

Neben Tools zur Optimierung von Werbeeinnahmen in mobilen Apps sowie der eigenen Exchange-Plattform für das Inventar arbeitet Fyber auch an neuen Werbeformaten. „Wir haben stark in die Kundenberatung investiert und versuchen mit Publishern und Entwicklern effiziente Lösungen zu entwickeln“, so Zech. Die User Experience solle so nativ wie möglich sein und den Nutzer zur Interaktion motivieren. „Mobile Werbung hatte in den vergangenen Jahren einen schlechten Ruf, aber das ändert sich langsam“, meint der Gründer.

Während Gaming ein starkes Segment für das Unternehmen ist, sieht er großes Potenzial bei Medien: „Die Leser müssen eine Entscheidung treffen: Zahlen wir für den Content oder bekommen wir ihn kostenlos. Aber kostenlos gibt es in der Hinsicht nicht, sondern es ist dann werbefinanziert.“

Mit den App-Anbietern, die Fyber im Portfolio hat, erreicht die Plattform 330 Millionen monatlich aktive Nutzer. Welche Apps den meisten Umsatz einbringen, kann Zech nicht verraten. Zu den Kunden zählt unter anderem Glu Mobile. Das in San Francisco angesiedelte Studio hat Kim Kardashians App umgesetzt und damit im vergangenen Jahr einen Hit gelandet.

Die Ads, die wie bei SponsorPay Spieler mit Premium-Inhalten versorgen, kommen von Fyber. 2014 hat „Kim Kardashian: Hollywood“ mit 74,3 Millionen US-Dollar ein Drittel des Jahresumsatzes von Glu Mobile generiert. Fyber ist offenbar für einen beachtlichen Teil der Einnahmen verantwortlich.

Visionen

Statt über Zahlen spricht der Vorstand des börsenotierten Ad-Tech-Anbieters lieber über seine Visionen. Denn obwohl sich Fyber vor vier Jahren vom Desktop weg zu Mobile entwickelt hat, will Zech den Kreis langfristig wieder schließen: „In einigen Jahren wollen wir unsere Technologie auf verschiedenen Kanälen bereitstellen – nicht nur für Mobile, sondern auch für Desktop und TV“, verrät Zech.

In der Hinsicht verfolgt der Betriebswirt seine Mitbewerber genau: „Technologie-Anbieter wie AppNexus und Rubicon Project, die auf Desktop spezialisiert sind, machen jetzt mit ihrer Wandlung in Richtung Mobile das Gleiche durch wie wir. Währenddessen versuchen wir, uns wieder für Desktop zu öffnen.“ Es wäre also gar nicht so abwegig, dass Fyber intern wieder ein Startup gründet und daraus neue Produkte generiert. Offiziell ist das Unternehmen nach dem Exit schon erwachsen, den Startup-Spirit habe man aber nicht verloren, versichert Zech.

Und noch ein Versprechen macht der COO: „Auch wenn wir international ausgerichtet sind, unser Headquarter bleibt in Berlin.“

Die Fyber GmbH belegt den 67. Platz bei Gründerszenes Wachstum-Ranking

  • Wachstumsrate: 52 Prozent
  • Gründungsjahr: 2009
  • Firmensitz: Berlin
  • Branche: Advertising & Marketing
  • Webseite: www.fyber.com

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Das Gründerszene-Ranking: Die Top Ten

Bild: Michael Berger/Gründerszene