Ein Beitrag von Dr. Alexander Hartmann, einem auf den Bereich Venture Capital spezialisierten Rechtsanwalt im Berliner Büro der wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Sozietät BRL, einer Partnerschaft aus Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern.

Die Entscheidung des OLG München

Wer ein Geschäft führt, darf sich auch „Geschäftsführer“ nennen – wenn er dadurch niemanden in die Irre führt.

Mit (Berufungs-)Urteil vom 14. November 2013 (Aktenzeichen 6 U 1888/13, im Volltext veröffentlicht) hat das Oberlandesgericht München einen Einzelunternehmer, der sich in drei verschiedenen Impressen (eigene Website, Facebook, Ebay) jeweils als „Geschäftsführer“ bezeichnet hatte, zur Unterlassung verurteilt. Ein solcher Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG.

Gesetzlicher Hintergrund: Nach § 3 Abs. 1 UWG sind „unlautere geschäftliche Handlungen“ unzulässig, wenn diese geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. „Unlauter“ handelt nach dem Gesetz, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG unter anderem dann irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers enthält.

Zentraler Gesichtspunkt ist also die „Irreführung“. Bei der Feststellung, ob eine Angabe geeignet ist, den Verkehr irrezuführen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Auffassung derjenigen Verkehrskreise abzustellen, an die sich die Werbung richtet.

Die „Auffassung der Verkehrskreise“

Das OLG München erläutert, dass zur Ermittlung des Verständnisses der verwendeten Bezeichnung „Geschäftsführer“ auf sämtliche Impressumsangaben abzustellen sei und es darauf ankomme, wie die angesprochenen Verkehrskreise die Angaben aufgrund des Gesamteindrucks des jeweiligen Impressums verstehen, wenn sie sich über den Anbieter als potenziellen Vertragspartner informieren wollen.

In den streitgegenständlichen Impressen war jeweils ein Logo mit einem integrierten Schriftzug abgebildet, wobei dieser Schriftzug eine Unternehmensbezeichnung (Fantasiename) enthielt. In der Fußzeile des Impressums war eine Steuernummer enthalten. Der Name des zur Unterlassung Verurteilten war hinter der Angabe „Geschäftsführer“ genannt. Nach Ansicht des OLG München wird ein relevanter Teil des angesprochenen Verkehrs aufgrund dieser Angaben aus der Bezeichnung „Geschäftsführer“ darauf schließen, dass es sich bei der in dem Schriftzug verwendeten Unternehmensbezeichnung um die Benennung einer juristischen Person handelt, deren Vertretungsorgan der namentlich genannte Betreiber des fraglichen Internetshops ist.

So gehe der angesprochene Verkehr nach der Ansicht des Gerichts folgerichtig davon aus, dass ein Vertrag mit der Firma abgeschlossen werde, die in der Unternehmensbezeichnung genannt war. Eine solche Firma gebe es jedoch im Falle eines Einzelunternehmens nicht als eigene Rechtspersönlichkeit, so dass die Angabe unzutreffend und daher irreführend sei.

Nach dem Gesetz (§ 5a Abs. 3 UWG) müssen beim Angebot von Waren oder Dienstleistungen an Verbraucher im Internet bestimmte Informationen bereitgehalten werden, die für die Kaufentscheidung wesentlich sind. Die im Streitfall verwendete Unternehmensbezeichnung ohne Zusatz einer Gesellschaftsform machte nach Ansicht des Gerichts für den Verbraucher nicht transparent, wer dessen Vertragspartner sei, so dass deshalb eine Irreführung vorliege.

Der Gesamteindruck entscheidet

Die Sache könnte allenfalls dann anders zu beurteilen sein, wenn direkt hinter dem Logo mit dem Fantasienamen des Einzelunternehmens auch der bürgerliche Name des Inhabers genannt wäre. Dies, so das Gericht, könnte den Gesamteindruck des Impressums dahingehend ändern, dass der Verkehr die Angabe „Geschäftsführer“ als die Benennung derjenigen Person verstünde, die tatsächlich die Geschäfte dieses Einzelunternehmens führt.

Entscheidend in der Argumentation des Gerichts ist also, dass durch den Fantasienamen des Einzelunternehmens der (falsche) Gesamteindruck entstehe, dass nicht der „Geschäftsführer“ selbst Betreiber des Internetshops (und damit der Vertragspartner der Kunden) sei, sondern eine juristische Person mit der im Logo genannten Unternehmensbezeichnung.

Die Verteidigungslinien des Beklagten

Der Beklagte hatte nachvollziehbare Argumente vorgebracht, um den Vorwurf der Irreführung zu widerlegen. Unter anderem führte er aus, dass die beanstandete Bezeichnung als „Geschäftsführer“ rechtlich schon deshalb nicht als Irreführung zu beanstanden sei, weil auch der Gesetzgeber selbst die Bezeichnung „Geschäftsführer“ nicht ausschließlich für die GmbH oder sonstige juristische Personen verwende. Sowohl das Bürgerliche Gesetzbuch als auch das Handelsgesetzbuch verwendeten den Begriff „Geschäftsführer“ an unterschiedlichen Stellen.

Wenn aber, so die Argumentation des Beklagten, schon der Gesetzgeber den Begriff „Geschäftsführer“ für unterschiedliche Rechtspersönlichkeiten benutze, so sei nicht nachvollziehbar, warum dann die beteiligten Verkehrskreise den Begriff „Geschäftsführer“ im vorliegenden Fall nur mit einer GmbH (oder einer anderen haftungsbeschränkten juristischen Person) assoziieren sollten.

Darüber hinaus sei eine Irreführung auch deshalb ausgeschlossen, weil sich aus den Impressen jeweils unmissverständlich ergebe, dass es sich bei dem betreffenden Unternehmen nicht um eine GmbH handle. Aus diesem Grunde müsse die Bezeichnung als „Geschäftsführer“ (als angeblich irreführende Angabe) in der Zusammenschau mit den anderen Impressumsangaben gesehen werden, mit der Folge, dass eine mögliche Irreführung durch die Bezeichnung „Geschäftsführer“ durch die übrigen Angaben des Impressums „neutralisiert“ werde.

Schließlich sei eine Irreführung auch deshalb nicht anzunehmen, weil die Verkehrskreise selbst dann, wenn man eine tatsachlich erfolgte Irreführung unterstellen würde, keine Nachteile erleiden würden. Im Falle einer Irreführung würden die Verkehrskreise nämlich von einer auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt haftenden Rechtspersönlichkeit (Kapitalgesellschaft) ausgehen, während tatsächlich eine (unbeschränkte) persönliche Haftung des Einzelunternehmers vorliege.

Mit diesen Argumenten drang der Beklagte allerdings nicht durch. Pikantes Detail am Rande: Ebenso wenig erhörte das Gericht seinen Einwand, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich (vgl. § 8 Abs. 4 UWG), weil sich dessen Abmahnung als „Retourkutsche“ auf eine vorherige Abmahnung des Beklagten gegen den Kläger darstelle. Hier hatte also offensichtlich kein „Serienabmahner“ ein zufälliges Opfer gefunden, sondern ein Abgemahnter einen genauen Blick auf die Web-Präsenzen seines Abmahners geworfen …

Konsequenzen für Einzelunternehmer

Unmittelbar ergibt sich aus dem Urteil die dringende Empfehlung an Einzelunternehmer, im Impressum und in allen sonstigen Texten im geschäftlichen Verkehr (Website, Visitenkarten, Briefkopf et cetera) den Begriff „Geschäftsführer“ möglichst zu vermeiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Einzelunternehmen einen eigenen (Fantasie-)Namen hat, der vom bürgerlichen Namen des Inhabers verschieden ist. Als Ersatz bietet sich hier beispielsweise der Begriff „Inhaber“ an. Darüber hinaus sollte durch einen ausdrücklichen Hinweis auf die geschäftliche Tätigkeit in der Form des Einzelunternehmens die Gefahr einer Irreführung weiter reduziert werden.

Losgelöst vom konkreten Fall der Selbstbezeichnung als „Geschäftsführer“ ruft das Urteil in eindrucksvoller Weise die bisweilen sehr weitgehende Interpretation der Gerichte im Hinblick auf angebliche Irreführungen des Verkehrs in Erinnerung. Ganz grundsätzlich ist hier stets darauf zu achten, im geschäftlichen Verkehr jedwede irreführende geschäftliche Handlung zu vermeiden. Das bedeutet insbesondere, dass keine unwahren Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die in § 5 UWG aufgezählten Umstände gemacht werden.

Bild: Marina5 / PantherMedia

 

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