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hanse ventures deutsche balaton Zwei Hanse-Ventures-Macher vor Elbphilharmonie-Kulisse: Partner Tobias Seikel (links) und Mitgründer Jochen Maaß

Machen statt reden, lieber im Stillen werkeln als öffentlich auf die Pauke zu hauen: Hanse Ventures hat sich schon seit einiger Zeit hanseatische Zurückhaltung verordnet. Eine Lehre aus den stürmischen Anfangstagen des Hamburger Company Builders, als es nach großspurigen Ankündigungen nicht gelang, die Erwartungen zu erfüllen.

Inzwischen ist Hanse Ventures so darauf bedacht, unter dem Radar zu operieren, dass selbst der Einstieg eines prominenten Investors nicht an die Öffentlichkeit gelangte – obwohl der schon Ende 2014 stattfand. Wie Hanse-Ventures-Partner Tobias Seikel gegenüber Gründerszene bestätigt, ist die Deutsche Balaton AG als institutioneller Anker-Investor eingestiegen. Die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft mit einer Bilanzsumme von 300 Millionen Euro hält nun knapp 19 Prozent der Anteile. Über weitere Details zum Deal schweigen sich die Beteiligten aus. Balaton sehe Hanse Ventures aber als „Plattform für die Asset-Allokation im Startup-Segment“, heißt es aus Hamburg. Schon an der Millionenfinanzierung für das Portfolio-Unternehmen Rebelle im Frühjahr hatte sich Balaton beteiligt.

Der Einstieg der Private-Equity-Firma ist nicht die einzige Neuigkeit, die Hanse Ventures bislang unter Verschluss gehalten hat. Für einen überschaubaren Kreis an „prominenten Unternehmerpersönlichkeiten aus dem Friends&Family-Umfeld von Hanse Ventures“ hat der Company Builder ein Co-Investment-Vehikel aufgesetzt, das sich bei Seed-Finanzierungen der Portfolio-Startups beteiligt. Der Fonds heißt HV Angel Fund und ist mit einem mittleren einstelligen Millionenbetrag ausgestattet. Hanse Ventures erhofft sich davon einen beschleunigten Zugang zu Kapital und Zugriff auf die wertvollen Kontakte der Privatinvestoren.

Tobias Seikel sieht beides, den Balaton-Einstieg und das steigende Vertrauen der Investoren, als Bestätigung der Arbeit in den letzten Jahren. „Es läuft super“, sagt Seikel. „Ich habe das Gefühl, dass wir sehr gut aufgestellt sind.“ Das ist schon etwas Besonderes in einem Markt, den zuletzt Negativschlagzeilen wie die über das Aus von Epic Companies oder die Portfolio-Schrumpfung bei M Cube dominierten. Das Inkubatoren- oder Company-Builder-Geschäft hat sich für die allermeisten Beteiligten als echtes Schwarzbrot erwiesen. Mit einer Ausnahme, wie auch Seikel zugibt: „Klar ist Rocket Internet Lichtjahre vorn.“ Aber: „Wir selbst haben im Laufe der Jahre das Zusammenspiel von Ideen, Gründern, unserer Expertise und unserem Netzwerk stark professionalisiert, so dass es jetzt ausgezeichnet funktioniert und wir neue Projekte schnell auf die Straße bringen.“

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Zwei Punkte waren dafür entscheidend, sagt Seikel. Erstens: „Die erste und zweite Management-Ebene bei Hanse Ventures arbeitet jetzt schon mehr als drei Jahre unverändert zusammen.“ In der schnelllebigen Startupszene ist das mindestens ungewöhnlich. Der zweite Punkt ist die Erkenntnis, sich zu spezialisieren: „Wir bauen Category Leader für spannende Nischenmärkte. Da fühlen wir uns wohl und besitzen große Expertise.“ Heißt auch: Lieber ein dröges Thema anpacken und zum Erfolg führen als unbedingt auf den Fintech-Hype aufspringen und dann nichts reißen. Ein Portal wie das schon 2011 gestartete Pflege.de ist weniger sexy als andere Startups. Aber es ist so erfolgreich, dass es gerade Holtzbrinck Digital zum Einstieg als strategischer Investor überzeugen konnte.

Auch die beiden zuletzt gelaunchten Startups bauen auf bewährte Themen: Da ist zum einen KlinikumPlus, ein im Mai gestartetes Portal zum besseren Matching von Patienten und Ärzten. Kunden teilen ihre Bedürfnisse und Anforderungen mit der Seite. KlinikumPlus hofft, dank guter und schwer manipulierbarer Daten die richtigen Spezialisten vorschlagen zu können. Zum Anfang gibt es eine Kliniksuche für Augenkorrekturen und Brustoperationen, weitere Gebiete sollen dazukommen. Zum Start im Mai hat das Gründerteam um Justus Schmidt und David Duwe in der Seed-Runde rund eine Million Euro eingesammelt.

Mit dem zweiten Startup wagt sich Hanse Ventures an die Baubranche: Vitraum startet als Beratungsportal für Fenster und Türen. Ähnlich wie Thermondo im Heizungsbereich will Vitraum Produktberatung, Angebotserstellung und Montage bieten. Seit Anfang Juli ist das Startup der Gründer Tim-Alexander Karußeit, Martin Treusch von Buttlar und David Ranft online.

Und sonst? Das Hanse-Ventures-Portfolio, zu dem neben Schwergewichten wie Pflege.de oder Rebelle mit etwa HochzeitsPlaza auch Ventures von überschaubarer Größe gehören, bleibt laut Seikel in Bewegung. Zum Beispiel: Der Viralmarketing-Dienst Pay With a Tweet, den der Company Builder im Frühjahr 2014 übernommen hat und der sich inzwischen einem Hamburger Wettbewerber stellen muss, hat eine Finanzierungsrunde im mittleren sechsstelligen Bereich abgeschlossen. Ex-Bertelsmann-Chef Hartmut Ostrowski und der ehemalige Top-Berater Jürgen Ringbeck investierten. Und: Auch diese Runde hat Hanse Ventures bislang verschwiegen. Hanseatisches Understatement eben.

Einblick: Ein Rundgang in den Büroräumen von Hanse Ventures:

So hanseatisch geht es bei Hanse Ventures zu

Bilder: Gründerszene / Hannah Loeffler