Startups & Politik

Nicht schon wieder!

Einer schläft eben immer. Diesmal ist es der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Der fordert im Rahmen seiner Bundesratsinitiative „Steuerschlupflöcher schließen – Steuervergünstigungen abbauen – Investitionen ankurbeln“ die Einführung der Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bei Streubesitzanteilen an Kapitalgesellschaften. Wer glaubt das schon mal gehört zu haben: Es geht hier um die mittlerweile zwei Jahre alte – und eigentlich abgeschlossene – Debatte um das „Anti-Angel-Gesetz“.

Wie die nun neu belebt wird? Der Staat ist bekanntlich chronisch klamm, braucht aber Geld, um den vielzitierten „Wachstumsmotor“ am Laufen zu halten. Gemeint ist die Wirtschaft, insbesondere die kleineren und mittelgroßen Unternehmen, die Exportweltmeister. Um für entsprechende Investitionen mehr Geld in die Kassen zu bekommen, wollen die Hessen Steuerschlupflöcher stopfen, so das hehre Ziel. „Deshalb ist es notwendig, die Finanzmittel für neues Wachstum und neue Investitionen durch gezielte Maßnahmen gegen aggressive Steuergestaltungen und mit dem Abbau von Steuererleichterungen zu beschaffen“. So formuliert es das hessische Wirtschaftsministerium.

Stattliche 600 Millionen Euro an Mehreinnahmen verspricht man sich von der neuen Steuer. Was in Hessen dabei vergessen geht: Die wirtschaftlich immer wichtiger werdende Startup-Szene müsste darunter leiden. Denn sie lebt zum großen Teil von den kleinteiligen Investments der Business Angels – und die fallen genau unter das Steuervorhaben der Hessen. Das Problem: Für die privaten Startup-Finanzierer würden Engagements unterm Strich künftig wenig attraktiv sein, wenn ihnen dafür keine steuerlichen Vorteile gewährt würden.

Die Diskussion ist nicht neu. Vor knapp zwei Jahren wurde sie schon einmal geführt, auch damals kam der Impuls von den Ländern. Man einigte sich nach zähem Hin und Her darauf, dass Dividenden – bei Startups aufgrund oft fehlender Gewinne ohnehin nicht üblich – künftig besteuert werden, Veräußerungsgewinne beim Exit allerdings nicht. Es ging also glimpflich aus für die Szene und ihre Investoren. Sogar auf weitere politische Unterstützung einigte man sich, zuletzt etwa auf die Steuerbefreiung des Wagniskapitalzuschusses Invest.

Wenn nun eine neue Initiative wieder an die Besteuerung der Exit-Gewinne ran will, kann man zweierlei vermuten: Entweder wurden die Kollateralschäden nicht bedacht. Oder sie wurden ohne große Weitsicht bewusst hingenommen. Beides wären keine guten Signale – insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Politik mittlerweile ganz gern mit der Startup-Szene und ihren Erfolgen schmückt. Und von einer bunten, digitalen Zukunft schwärmt, bei der Deutschland eine Rolle spielt. Wie etwa gerade beim IT-Gipfel in Hamburg.

Dort hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) übrigens gerade einen Geldtopf mit 500 Millionen Euro zur Förderung deutscher Startups in Aussicht gestellt, der gemeinsam mit dem Europäischen Investitionsfonds gefüllt werden soll. Handfeste Details verriet er nicht – auch nicht zum möglichen Start des geplanten Startup-Börsensegments, das weiteres Geld in die Szene bringen könnte. Beides sind dennoch überaus positive Signale. Und die Szene selbst? Die kümmert sich wie immer erst mal ums Business. Wer braucht denn die Politik, natürlich regelt die Wirtschaft das schon, meinen viele. Aber ganz uninteressiert sollten die Startupler des Landes nicht sein. Und sei es nur, um die Gesetze-Macher wach zu halten – und Stolpersteine wie das „Anti-Angel-Gesetz“ zügig aus dem Weg zu räumen.

Bild: © panthermedia.net / Rene Wersand