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Der negative Trend ist schon etwas länger zu beobachten: Die Zahl der Neugründungen von Unternehmen in Deutschland geht spürbar zurück. Jetzt bestätigt auch eine Befragung der Leipziger Business School HHL im Auftrag der FDP diese bedenkliche Entwicklung. Die Bedingungen für innovative Startups seien in Deutschland nicht gut genug, um eine Trendwende einzuleiten, heißt es.

HHL-Rektor und Ex-FDP-Bundesvize Andreas Pinkwart warnt: „Deutschland ist maßgeblich von der  Innovationskraft und schnelle wachsenden Unternehmensgründungen abhängig.“ Die Studie seiner Hochschule lässt uns aber nicht mit schlechten Zahlen alleine, sie enthält einige konkrete Handlungsempfehlungen.

  • Praxisprojekt an Schulen: „Wie entwickle ich eine eigene Geschäftsidee“ soll Unterrichtsfach an Realschulen und Gymnasiumen werden
  • Startup-Stipendium: Für Gründer in der Pre-Seed- und Seed-Phase soll es ein wettbewerblich vergebenes Startup-Stipendium in Höhe von etwa 1.200 Euro pro Monat für die ersten sechs Monate und 800 Euro für weitere sechs Monate geben
  • Erhöhung des verfügbaren Kapitals: Für private Investoren soll es eine Ermäßigung bei der Einkommensteuer geben, für Kapitalgeber institutioneller Anleger eine Steuerpause für direkt wieder investierte Gewinne aus VC-Projekten

Die Maßnahmen sollen vor allem auf ein Grundproblem einwirken: In Deutschland mangelt es an einer Kultur des Scheiterns und es gibt eine eher kritische Haltung gegenüber Gründern. Das sagen jedenfalls 79 Prozent und 58 Prozent der von der HHL befragten Experten. Dazu komme mangelndes Wissen über Gründung und Innovationen an den Hochschulen, zu geringe Ausstattung mit Risikokapital und zu viel Bürokratie. Nachholbedarf gibt es laut dieser Befragung immer noch bei Kooperationen zwischen der Wirtschaft und Startups in Acceleratoren und Inkubatoren.

FDP-Chef Christian Lindner gibt sich von den Zahlen enttäuscht. Eigentlich sollte es in den Zeiten der Digitalisierung doch eine neue Gründungswelle in Deutschland geben, mehr Dynamik. Lindner: „Wir brauchen dringend positivere Rollenbilder, wenn es um Unternehmer geht. Das Bild vom alten Mann mit Stock und Zylinder, der seine Mitarbeiter ausbeutet, ist noch in vielen Köpfen.“ Außerdem sei es laut Lindner schon etwas seltsam, wenn ausgerechnet verbeamtete Hochschullehrer den Studenten von den Vorteilen der Selbstständigkeit berichten würden. Lindner ist sich deshalb sicher: „Gründer müssen in die Schulen!“

Weitere interessanteste Zahlen aus der Studie

Rückgang der Gründungsdynamik

  • 2013 gab es 422.000 neue Unternehmen
  • 2014 nur noch 396.000
  • und 2015 nur 388.000 Neugründungen.
  • Für 2016 liege noch keine absolute Schätzzahl vor, so die HHL. Allerdings geht das Institut für Mittelstandsforschung erneut von einem Rückgang aus.

Ursachen sinkender Gründerdynamik laut der befragten Experten

  • Mangelnde Kultur des Scheiterns: 79 Prozent
  • Kritische Haltung gegenüber Gründern: 58 Prozent
  • Fehlendes Kapital: 47 Prozent

Gründungsfinanzierung – externe Finanzierungsquellen

  • Private Darlehen: 43 Prozent
  • Bankdarlehen: 35 Prozent
  • Förderkredite: 23 Prozent
  • Zuschuss BA: 20 Prozent
  • Kontokorrentkredite: 12 Prozent
  • Beteiligungskapital: 6 Prozent

Bürokratischer Aufwand für Unternehmensgründungen

  • Deutschland: 10,5 Tage
  • Großbritannien: 4,5 Tage
  • Frankreich: 4 Tage
  • Kanada: 1,5 Tage
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